Kapitel 26 - Dain

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"Was möchtest du mir denn noch zeigen?"

"Den Außenbereich." Kylie sah mich neugierig an. "Werden wir gleich zwischen den Weinreben her gehen?"

"Wenn du möchtest, dann ja, wenn nicht, dann bleiben wir auf dem Weg." Mein Lächeln vergrößerte sich, als ich richtig mitbekam, wie sie sich freute.

Ich führte sie nach draußen. Wir standen vor einem großen Feld mit Reben. Die Sorte war noch nicht reif, aber blühen tat sie. Kylie ging voraus, zwischen den Reben entlang und sah sich neugierig um. Zwischenzeitlich blieb sie stehen und sah sich die Blüten an. "Wann ist die Sorte reif?"

"In wahrscheinlich ein paar Wochen."

"Weiß oder Rot?" Ich sah sie leicht verdutzt an. "Weiß."

"Ich mag keinen Weißwein." Angewidert verzog sie ihr Gesicht und ging weiter. Ich folgte ihr still. Meine Augen folgten jeder ihrer kleinsten Bewegungen. Ehrlich gesagt fühlte ich mich immer noch ein wenig schlecht dafür, dass ich sie am Anfang immer wieder versucht habe, sie wegzustoßen. Ich hätte sie einfach in mein Leben lassen sollen, dann hätte es uns beiden besser ergangen und ich hätte sie schon früher wieder in meinem Leben gehabt. Über all die Zeit, in der wir getrennt gewesen waren, habe ich sie jeden Tag vermisst. Ich habe mir jeden Tag gewünscht, sie bei mir zu haben und jetzt... Jetzt stolziert sie zwischen den Reben des Weinguts umher und freut sich, hier zu sein. Sie ließ mich wieder in ihr Leben und dankbarer dafür konnte ich nicht sein.

Kylie drehte sich irgendwann zu mir um und lief nun rückwärts vor mir entlang. "Sag mal, wer hat eigentlich Wein erfunden? Die Person muss doch ein Genie gewesen sein."

"Also das erste Mal entdeckt wurde er um rund 2500 vor Christus von einem persischen König. Er hatte damals seine Trauben zu lange im Keller gelagert, wodurch sie anfingen zu gären. Seine Frau, die Königin, hat diese dann zu sich genommen und voilá, der Wein war erfunden." Sie sah mich an, als wäre sie nicht überzeugt gewesen. "Warum sollte man denn total alte Trauben noch essen?" Ich zuckte leicht mit den Schultern. "Ich bin mir sicher, dass sie damals nicht wussten, dass Trauben irgendwann anfingen zu gären und sich einfach nur dachten, dass die Trauben im Keller länger frisch bleiben, weil keine Wärme oder Licht an die Früchte kam." Ich sprach ruhig und sah Kylie dabei an. Sie sah immer noch nicht richtig überzeugt aus. "Was?", fragte ich sie. "Ach nichts, ich verstehe manchmal nur nicht die Menschen von früher." Ich schmunzelte. "Das verstehe ich. Willst du wissen, wie der Wein nach Europa gekommen ist?"

"Aber gerne." Sie lächelte mich an. "Also man glaubt, dass es die Etrusker waren, die die Technik der Weinherstellung nach Europa gebracht haben. Um genau zu sein nach Frankreich, ungefähr um 400 vor Christus."

"Warum weißt du das alles?" Sie sah mich neugierig an. "Wenn ich guten Wein verkaufen will, dann muss ich auch einiges darüber wissen." Ich gab ihr einen vielsagenden Blick. "Oh Dain, hör auf." Sie schlug mir leicht gegen die Schulter und lief dann weiter. Ich folgte ihr lachend.

Nach kurzer Zeit blieb Kylie auf einmal stehen. Wir waren am Ende der Reben Reihe angekommen. Sie sah zu mir und dann wieder zu dem kleinen Tisch und den Stühlen, die da standen. Joann und Joseph hatten es also tatsächlich noch hinbekommen, alles vorzubereiten. Ich lächelte zufrieden und ging zum Tisch rüber. Er war mit einer kleinen rot karierten Decke bedeckt und auf ihm standen Wein, Käse, Brot und Trauben. Ich sah kurz zu Kylie rüber, die immer noch an Ort und Stelle stand und mich verwundert ansah. Schweigend symbolisierte ich ihr, dass sie herkommen sollte. Ich zog ihren Stuhl zurück und ließ sie sich hinsetzen, bevor ich mich gegenüber von ihr niederließ. Das zufriedene Lächeln ruhte immer noch auf meinen Lippen, als ich den Wein öffnete und in die zwei Gläser, die hier standen, ein wenig einschenkte. Kylie nahm ihr Glas entgegen und sah immer noch mehr als nur verwundert aus. "Was ist?" fragte ich ruhig. "Wie hast du das hier hinbekommen, du hast mich doch herumgeführt und mich abgeholt." Ich musste schmunzeln. "Das war ich nicht, also nicht konkret. Es war meine Idee, aber Joann und Joseph haben alles vorbereitet."

Wir unterhielten uns und lachten. Über die Zeit rutschte ich mit meinem Stuhl weiter zu ihr hinüber. Kylies Wangen wurden leicht rot, als sie dies bemerkte. "Danke", flüsterte sie mir, als ich fast neben ihr saß. Ich sah sie verwirrt an. "Für dieses Picknick. Ich finde das wirklich sehr schön." Ich lächelte sie an. Wir hatten fast die ganze Weinflasche geleert und ich bemerkte den Alkohol langsam. Kylie schien es aber genauso zu gehen. Sie suchte zwischenzeitlich immer wieder meine Nähe und auch mir gefiel es, wenn sich unsere Hände berührten oder sie sich beim Lachen an meiner Schulter festhielt. Ich räusperte mich und erhielt so ihre Aufmerksamkeit. "Ich habe noch etwas für dich, Kylie." Sie sah mich verwundert an. "Aber du schenkst mir doch schon diesen wunderschönen Nachmittag." Sie lächelte. Ich konnte nicht anderes als das Lächeln zu erwidern. "Ich weiß", flüsterte ich. Meine Hand wanderte in die Innentasche meines Jacketts und zog eine kleine Box heraus. Kylies Augen wurden größer und sie sah mich verwirrt an. Ich lachte. "Keine Sorge, ich mache dir keinen Antrag, aber ich möchte, dass das wieder dir gehört." Sie entspannte sich ein wenig und griff nach der Box. Als sie sie öffnete, konnte sie ihren Augen nicht trauen. "Dain... Du..." Sie sprach nicht weiter. Ich lächelte, griff in die Box und zog die Kette heraus. Die Kette, die ich ihr damals als wir 10 waren geschenkt hatte, genau die, die sie sich vor Wut vom Hals gerissen hatte. Kylie sah mich an. In ihren Augen glitzern Tränen. "Ich habe sie reparieren lassen und ich möchte, dass du sie wieder bekommst", sagte ich sanft, während ich den Verschluss öffnete und darauf wartete, dass sie mir die Erlaubnis erteilte, ihr die Kette um den Hals zu legen. Sie drehte mir den Rücken zu und hob ihre Haare an. Sanft legte ich ihr den Kette um ihren Hals und verschloss sie. Kylie ließ ihre Haare los und drehte sich wieder zu mir. Der kleine Sonnenblumen-Anhänger lag in ihren Fingern und sie sah wie gebannt auf ihn. Meine Hand bewegte sich wie automatisch und ich strich ihr sanft über ihre Schulter und ihren oberen Rücken. Kylie drehte sich weiter zu mir. Ihre Wangen leuchteten rot und auf ihren Lippen spiegelte sich ein Lächeln wieder. Ich weiß nicht, ob es der Alkohol in mir war, aber ich zog sie näher zu mir. Vorsichtig gab ich ihr einen Kuss auf die Stirn und umarmte sie dann. Ihr Gesicht vergrub sich in meinem Hemd am Hals. Ich gab ihr einen weiteren Kuss auf ihren Haaransatz und flüsterte: "Ich bin so unendlich glücklich, dich wiederzuhaben. Bitte verzeih mir meine anfängliche Dummheit."


Ich will dich nicht verlierenWhere stories live. Discover now