Der Entschluss

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Ich ging durch die Straßen von einem kleinen Dorf in der Nähe von Amsterdam —meinem Ziel — und betrachtete die Regentropfen, die von einem Balkon in der Nähe tropften. Es waren nicht viele Leute auf der Straße, es schüttete und viele wollten einfach nur nach Hause. Ich hingegen genoss es, auch wenn man so nicht gut klauen oder Ähnliches tun konnte, um als Straßenkind über die Runden zu kommen.

Es war außerdem noch mal besonders gefährlich für mich, durch den Regen zu laufen, schließlich war ich ein ein Meerkind und soweit ich wusste, existierte der Virus noch, der meine Mutter und wahrscheinlich auch meinen Bruder umgebracht hatte.

Plötzliche Wut stieg in mir auf, als ich den unscheinbaren Doktor vor mir sah, der diesen Virus erschaffen und damit die gesamte Meerwelt zerstört hatte. Ich wusste, dass er der nett aussehende Mann auf den Fotos war, die mir geschickt wurden, ich hatte selbst schon Kontakt zu ihm, hatte sogar bei ihm gelebt und er hatte mir auch eine Möglichkeit gegeben, im Regen zu stehen und im Meer zu schwimmen. Doch ich hasste ihn trotzdem, allein schon deshalb, dass er meine Familie getötet hatte.

Ich verdrängte die Gedanken an den Doktor und die Bilder und ging weiter durch die Straßen, ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich stehen geblieben war. Mein Ziel war Amsterdam, ich benötigte neuen Rofus, ich hatte nur noch ein paar Stücke des farnartigen Gewächses, was nur unter Wasser wuchs.

Es war mein Schutz gegen den Virus und ich musste wieder daran denken, dass mein Vater ein Mensch seien musste und wahrscheinlich noch lebte, ich wusste sogar, wo er lebte. Es stand auf einem der Zettel, die meine Mutter für mich geschrieben hatte, als sie mich vom Meer ferngehalten, mich gerettet und dann am Virus gestorben war.

Es war gar nicht weit von hier und der plötzliche Gedanke überfiel mich, doch mal dort vorbei zu gehen, ich hatte keine großen Hoffnungen, aber der Gedanke hatte sich in meinem Kopf festgesetzt und ich wurde ihn nicht mehr los. Und so stand ich ein paar Tage später vor einem Haus, auf dem Klingelschild der Name Lando und wahr aufgeregt und ein bisschen ängstlich, als ich auf die Klingel darunter drückte.

Ich war enttäuscht, um ehrlich zu seien sogar ziemlich enttäuscht und ein wenig traurig, als mir der offensichtlich betrunkene Mann die Tür öffnete. Okay, ich hatte nicht damit gerechnet, dass es super werden würde, mein Vater mich sofort erkennen würde,und mich sogar umarmen und mich bei ihm wohnen lassen würde würde. Ich hatte allerdings gehofft, er wüsste, wer ich bin und hätte nicht, sobald ich den Namen meiner Mutter aussprach zum Schlag ausgeholt.

Dem Schlag war ich ausgewichen, doch innerlich hatte er mich trotzdem getroffen, Klar, er war betrunken und für ihn war ich ein wildfremdes Kind, ein wildfremdes Straßenkind. Doch verletzt hatte es mich trotzdem.

Er wollte mir die Tür vor der Nase zuknallen, doch ich hielt sie mit dem Fuß auf und sagte eingefangen ganz schnell: „Aber ich bin deine Tochter!"
Er schnaubte, sagte: „Hab ich nicht und Kinder machen eh nur Ärger, glaub mir ich weiß das!". Naja, reden konnte man das nicht nennen, er lallte ziemlich und das machte mich aus irgendeinem Grund sehr traurig.

Dann dachte ich über seine Worte nach, die ersten vergrub ich ganz tief in meinen Gedanken, doch der zweite Satz machte mich stutzig.
Und Kinder machen eh nur Ärger, glaub mir, ich weiß das!
Ich beschloss, später wieder zu kommen und dem nach zu gehen, denn mein Vater hatte meinen Fuß, den ich in die Tür geklemmt hatte, bereits weggeschoben und war dabei, die Tür zu schließen.

Ich ging ein paar Straßen und kaufte mir von meinem geklauten Geld ein belegtes Brötchen — ich hatte jetzt keinen Nerv, um zu stehlen — dann setzte ich mich auf den Bordstein, aß mein Brötchen und wartete auf den Abend.

Suche in den SchattenWhere stories live. Discover now