04 | peace

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'cause it lives in me
no, i could never give you peace


🅱︎🆁🅸🅳🅶🅴🆃'🆂 🆁🅴🅶🅴🅻🅽
#4: Streite nicht.
Sag nur die Wahrheit.



GRAHAM

Zu sagen, dass mich meine Schwester böse anblickte, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts gewesen. Sie sah so wütend aus, dass ich regelrecht das Gesicht verziehen musste, während sie mich niederstarrte. Bridget hatte einen hervorragenden Abgang geliefert, das musste man ihr lassen. Aber ich verstand nicht, wieso Wyn so wütend auf mich war, nachdem ich sie verteidigt hatte. Zugegebenermassen hatte ich dabei die falsche Person angeklagt, aber das waren Details. Oder? Sie verschränkte die Arme vor der Brust und ich hörte, wie Tenn scharf die Luft einzog – natürlich waren er, Doyle und Charlie mir gefolgt, als ich nach draußen geeilt war, um Bridget eine Lektion zu erteilen.

„Du musst dich bei ihr entschuldigen, Gray", stellte Wyn klar.

„Entschuldigen?", hakte ich ungläubig nach. Hinter mir erklang ein Schnauben und wir alle sahen überrascht zu Kennedy Kilborne. Es gab viele Rätsel auf diesem Planeten, aber unlösbar war wohl dasjenige, das beschrieb, wie um alles in der Welt Bridget sich mit Kennedy unterhalten hatte. Kennedy war dafür bekannt, eine Eisprinzessin zu sein, obwohl sie allen nacheinander die Hölle heiß machen konnte. Ich hatte schon öfter gesehen, wie einer meiner Teamkollegen in einen Streit mit ihr geraten war, aber ich hatte noch nie gesehen, wie jemand gewonnen hatte. Eine unausgesprochene Regel dieser Schule war, dass man sich nicht mit Kennedy anlegte und vor allem traute sich niemand auch nur in die Nähe dieses Mädchens. Bridget hatte es getan und Kennedy hatte ihr vor unserer aller Augen eine Zigarette gegeben – Kennedy, die normalerweise nichts teilte. Es war beeindruckend und beängstigend zugleich.

„Was soll dieses Schnauben bedeuten?", fragte ich an sie gerichtet, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich die Antwort tatsächlich hören wollte. Heute lief alles schief und meine Wut war mittlerweile derartig aus dem Ruder gelaufen, dass ich nicht mehr einschätzen konnte, was ich lieber sein lassen sollte.

„Finde es selbst heraus." Kryptisch wie eh und je erhob auch sie sich und zwinkerte Wyn zu, ehe sie ins Schulhaus lief. Mein Mund klappte auf.

„Seit wann bist du mit Kennedy befreundet?", fragte Tenn an Wynona gerichtet. Normalerweise hätte sie die Existenz meiner Schwester nicht einmal anerkannt. Ich ärgerte mich oft darüber, weil ich glaubte, dass Kennedy eine der wenigen Menschen war, die es tatsächlich schaffen würden, sich gegen die anderen Schulprinzessinnen durchzusetzen und für meine Schwester einzustehen. Ich kriegte es offensichtlich nämlich nicht auf die Reihe.

„Ich bin nicht mit Kennedy befreundet. Genau genommen bin ich mit niemandem befreundet, Gray. Aber heute hätte ich mich vielleicht mit Bridget anfreunden können, weil sie die erste Person an dieser Schule ist, die mich von sich aus nett behandelt hat. Sonst tun es alle nur wegen dir. Weil sie vor dir Angst haben. Und das will ich mir nicht wegnehmen lassen. Du musst dich bei Bridget entschuldigen und ich hoffe, dass du dabei verdammt überzeugend bist, denn sonst musst du mir nie mehr etwas darüber erzählen, dass du mich beschützen möchtest, wenn du höchstpersönlich eine Person gegen mich aufgebracht hast."

Ich öffnete den Mund, um etwas Schlaues zu entgegnen, aber ehrlich gesagt blieben mir nicht sonderlich viele Optionen, denn Wyn hatte recht. Und ich war zu perplex von ihrem kleinen Ausbruch, um ihr zu widersprechen. Er war zwar nur an mich gerichtet, aber ich war verdammt stolz darauf, dass sie endlich für sich selbst einstand. Vielleicht, weil sie keine Angst vor mir hatte oder weil sie mittlerweile an einem Punkt war, an dem sie nicht mehr viel ertragen konnte, aber sie hatte ihre Meinung endlich zum Ausdruck gebracht. Also nickte ich nur und schenkte ihr einen entschuldigenden Blick.

Breaking Bridget's Rules [LAUFEND]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt