Kapitel 11

556 22 0
                                    

Ich schlug die Augen auf, als die ersten Sonnenstrahlen mein Gesicht kitzelten. Das Fenster stand offen und der warme Wind ließ die hellen Vorhänge leise flattern. Ein schwerer Arm ruhte auf meiner Taille und ich spürte, wie seine harte Brust sich an meinem Rücken hob und senkte. Ganz langsam drehte ich mich auf den Rücken und sah William an. Wie er so schlief, sah auch er unschuldig und harmlos aus. Er lächelte sogar im Schlaf. Ich spürte, wie mein Herz anfing, schneller zu schlagen. Göttin, was hatte ich mir nur gedacht. Gestern Abend hatte ich die Kontrolle verloren, hatte mich dem Verlangen meiner inneren Wölfin hingegeben. Mehr als nur einmal. Was würde er nun erwarten? Mein Atem wurde flacher und schneller. Ich kannte ihn doch gar nicht! Bisher war er nur unfreundlich gewesen oder einfach ignorant. Hatte ich mit dieser Nacht mein Schicksal besiegelt? Klar, irgendwann wollte ich wohl auch mal Welpen. Doch ganz sicher nicht mit jemandem, den ich kaum kannte und schon gar nicht mit einem Alpha. Schlimmer noch, was wenn das Band mich dazu zwang, mit ihm zwar Welpen in die Welt zu setzen, wir uns jedoch als Menschen nicht verliebten? Ich muss..
„Ich höre dich denken", murmelte William im Schlaf und rückte mich wieder so zu Recht, dass ich mit dem Rücken an seiner Brust lag.
„Ich muss zur Arbeit", gab ich zurück und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. William knurrte.
„William, lass mich..", protestierte ich.
„Bitte nenn' mich doch Will. Mein Vater heißt auch William, das ist irgendwie schräg", grinste er mich an.
Jetzt war er richtig wach. Ich spürte, wie er mein Haar zur Seite schob und mit seiner rechten Hand meinen Hals lang fuhr. Sofort bekam ich eine Gänsehaut und meine innere Wölfin schnurrte.
„In diesen Hals würde ich gerne beißen", witzelte er und gab mir einen Kuss auf die Halsbeuge. Ich drehte mich in seinen Armen und sah ihn empört an. „Also erstens wird hier nirgends reingebissen, Edward Cullen und zweitens.. du hast mich schon bei der Zeremonie geküsst, oder?", fiel mir wieder dieser Moment ein, der sich anscheinend doch nicht nur in meiner Fantasie abgespielt hatte. Wurde er etwa rot? Ich lachte. Er war wie ausgewechselt. Ich legte den Kopf schief und sah ihn prüfend und ungläubig an.
„June, du guckst mich an, als wäre mir ein zweiter Kopf gewachsen. Und außerdem..", seine Stimme wurde tiefer und seine Augen dunkler „... gestern Nacht hat es dich nicht gestört, ein wenig gebissen zu werden."
Nun war ich diejenige, die rot anlief. Ich räusperte mich mit heller Stimme. „Ja gut, also ich muss jetzt auch los", ich befreite mich aus seiner Umarmung und stieg aus dem Bett. Wo waren meine Sachen?
„Deine Wäsche liegt noch in der Küche", grinste er und ließ seinen Blick genüsslich über meinen Körper wandern. Fluchend und splitterfasernackt machte ich mich auf den Weg nach unten in die Küche.

„Guten Morgen, Sonnenschein!" Felix lehnte an der Theke und ließ meinen BH am Träger von seinen Fingern baumeln. „Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet", grinste er und sah mich fragend an.
Klasse, das hatte mir jetzt noch gefehlt. Nicht nur, dass mich Felix (wieder einmal) nackt sah, sondern nun sicher auch Klatsch und Tratsch die Runde machen würde. Ich riss ihm den BH vom Finger und sammelte schnell meine Sachen ein. Dann verschwand ich im Bad und schloss mich ein. Peinlich. Jetzt auch noch der berühmte Weg der Schande rüber zu meinem Holzhaus? Das würde ich mir nicht antun. Kurzerhand entschloss ich mich, mich hier fertig zu machen und direkt zur Arbeit zu gehen. In dem Badezimmerschrank fand ich frische Handtücher und ...Frauenshampoo? Das wird ja alles immer besser. Ich bin wie ein naives Mädchen dem Alpha verfallen und eine weitere Kerbe im Bettrahmen geworden. Ich stöhnte innerlich auf. Plötzlich klopfte es an der Badezimmertür.
„June? Tut mir leid wegen Felix. Er geht hier ein und aus und.. naja. So ist er halt." Ich verdrehte die Augen.
„Brauchst du irgendwas?" Ja? Wie wäre es mit Privatsphäre?!
„Alles gut. Danke.. Du hast nicht zufällig ein frisches T-Shirt hier?", fragte ich. Denn das konnte ich Eleanor und den Kunden wirklich nicht antun, in einem alten, verschwitzten T-Shirt hinter die Theke zu treten.
„Ja, ich lege es dir vor die Tür."
Als ich nach der Dusche aus dem Badezimmer heraustrat, lag dort ein ordentlich gefaltetes weißes Herren-Tshirt. Ich zog es schnell über und steckte es so in meine Jeans-Shorts, dass es mit den weißen Chucks für meine Verhältnisse zwar etwas zu sehr hipster war, aber es war besser als den Tag in den Klamotten aus der Nacht davor zu verbringen. Nachdem ich mein T-Shirt schnell in meinem Rucksack verstaut hatte, band ich mir meine Haare zu einem hohen Zopf und sah mich nochmal im Wohnzimmer um, doch das Haus war leer. Also machte ich mich einfach auf den Weg zu Arbeit, ich war ohnehin schon spät dran.

Grey on GoldWhere stories live. Discover now