50 - Du bist ja so ekelhaft in love

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„Ich hab überhaupt keinen Bock!", stöhnt Daphne am nächsten Tag neben mir und lehnt sich mit dem Rücken an den Spind neben mir. „Diese Lina oder Lisa, oder wie auch immer sie heißt, schwafelt mich bestimmt gleich wieder die ganze Biostunde damit zu, ob ich wohl weiß, welcher Footballer mit wem zusammen ist oder auf wen steht."

Ich rolle mit den Augen. „Wir können auch tauschen und du kannst Liam haben. Mich fragt die sowas bestimmt nicht."

Sie verzieht angewidert ihr Gesicht. „Nein danke, den kannst du mal schön behalten."

„Wusstest du, dass er neuerdings Pizza liefert?"

„Wer liefert Pizza? Simon?"

Ich lache auf. „Nein, Liam! Wie kommst du denn jetzt auf Simon? Von dem hab ich doch gar nichts gesagt."

Selbstzufrieden grinst sie mich an. „Aber du wolltest. Du hast gestern Abend nämlich nicht mehr angerufen, aber ich weiß, dass er bei dir war und du mir jetzt alles erzählen wolltest."

Schnaubend schließe ich meinen Spind. „Ist das so? Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass du mir erst mal von deinem Date mit den Jungs erzählen wolltest. Und wie heißt eigentlich euer Shipping Name? TiTophne? Tollphne?"

Lachend knufft sie mit ihren Armen gegen meinen Oberkörper. „Du bist so ein Spinner, Eric!"

„Tollphne find ich gut", kichere ich und wuschle durch ihre Locken.

„Und ihr seid Simric", legt sie fest und streckt mir die Zunge raus.

Ich lache laut auf. „Wenn du glaubst, mich damit ärgern zu können, muss ich dich enttäuschen. Ich feiere es viel zu sehr."

Sie rollt mit ihren grünen Augen. „Gott, du bist ja so ekelhaft in love. Was habt ihr gestern Abend gemacht?"

Mit gespielter Empörung lege ich mir die Hand auf die Brust. „Ekelhaft? Entschuldige mal, ich dachte, du bist mein größter Fan!"

„Bin ich auch! Und jetzt erzähl mir alles!", befiehlt sie kichernd.

Ich seufze und schließe für einen Moment meine Augen als ich an den gestrigen Abend zurückdenke. „Eigentlich nicht viel. Wir haben Pizza bestellt und ‚Ritter aus Leidenschaft' angefangen und eigentlich nur ..." Ich beuge mich geheinmniskrämerisch vor und flüstere ihr zu: „... den Rest des Abends geknutscht."

Daphne kreischt auf wie ein Fangirl, bevor sie sich erschrocken die Hände vor den Mund hält und wie ein Flummi auf und ab hüpft.

„Aber psssst!", zische ich sie an und packe sie an den Schultern, damit sie nicht noch mehr Aufsehen erregt. „Wir ... wir behalten es erst mal noch für uns, denn–"

Daphne nickt, ihre Augen riesig über ihren Händen, die noch immer ihren Mund zuhalten. „Auf jeden Fall", nuschelt sie.

„Und wie war es bei dir?", flüstere ich. „Bist du noch Jungfrau?"

Augenblicklich verfinstert sich ihr Gesichtsausdruck und ihre Augenbrauen ziehen sich wütend zusammen. „Du bist so ein Arsch, Eric", knurrt sie und holt aus, um mich erneut zu schubsen.

Geistesgegenwärtig greife ich ihre Handgelenke und hauche ihr einen Kuss auf die Stirn. „Entschuldige, ich weiß", sage ich lachend und lege meine Arme um sie. „Aber ... bist du?"

„Natürlich", nuschelt sie an meiner Brust. Sie versucht zwar nicht, mich zu schlagen, aber ihre Arme hängen schlaff herunter, so dass es sich ein bisschen so anfühlt, als würde ich eine bewegungslose Erste-Hilfe-Puppe umarmen.

Sie murmelt noch irgendetwas Unverständliches, das ich nicht verstehe, doch ehe ich nachfragen kann, tönt es zum Ende der Pause und wir stöhnen zeitgleich auf.

„Das klären wir in der großen Pause, ja?", lege ich fest, während ich sie zum Biologieraum zerre.

„Verbringen wir die nicht wie gestern?", kichert sie neben mir und ich kann nicht anders als ebenfalls lachen.

„Aber auf dem Weg dahin ist dein Mund ja noch frei, da wirst du mich wohl einweihen können", pruste ich und weiche ihrer Hand aus, während ich in den Unterrichtsraum stolpere.

Liam sitzt bereits an unserem Tisch und hat die erforderlichen Utensilien für das Experiment, das wir heute machen sollen, schon aufgebaut.

„Hey, sorry, dass wir zu spät sind", begrüße ich ihn, als ich auf meinen Stuhl rutsche. „Ich räume dafür nachher alles weg, okay?"

„Kein Ding." Er winkt ab. „Ich hatte einfach schon Zeit."

Ich lächle zustimmend und suche meine Unterlagen heraus, damit wir gleich beginnen können. Zumindest scheint er zu wissen, was zu tun ist und so kann ich auf eine gute Note hoffen.

Als ich zu Daphnes Tisch blicke, ist ihre Partnerin noch immer dabei, verwirrt auf dem Blatt mit den Anweisungen nachzulesen, was für Material überhaupt benötigt wird. Meine beste Freundin rollt lediglich mit ihren Augen und ich gluckse leise vor mich hin.

„Du Eric?", spricht Liam mich von der Seite an und ich wende mich ihm wieder zu. „Wie geht's Daphne denn eigentlich so?"

Ich grinse. „Oh, gerade ist sie vermutlich ein bisschen genervt, aber sonst ganz gut, wieso?"

Seine Finger spielen an einem der Objektträger herum, die wir für die Arbeit mit dem Mikroskop benötigen werden. „Naja ... ich hatte mich gefragt, ob du sie vielleicht mal fragen könntest, ob sie mit mir auf ein Date geht oder so."

Ich reiße überrascht meine Augen auf, denn eigentlich dachte ich, ihm wäre klar, dass Daphne seit ... naja ... seit Ewigkeiten kein Interesse mehr an ihm hat.

Ich öffne eine der kleinen Dosen, deren Inhalte wir mikroskopisch untersuchen sollen und kippe den Inhalt in eine Glaschale. Sieht aus wie ... Currypulver oder sowas. „Ähm ... also ... ich könnte sie natürlich fragen, aber ich glaube, sie hat da nicht wirklich Interesse dran, Liam."

Er nimmt mir die Glasschale ab und löffelt etwas von dem Pulver mit einem winzigen Spachtel auf seinen Objektträger ohne mich dabei anzusehen. „Du könnest ja dafür sorgen, dass sie etwas mehr Interesse hat."

Ich pruste los und dabei fliegt das Pulver doch direkt von seinem Objektträger, was mich sofort die Hand vor den Mund schlagen lässt.

Was ist denn bitte in ihn gefahren, dass er solche absurden Annahmen aufstellt? Wie sollte ich denn Daphne bitte dazu bringen, an irgendwas oder irgendwem mehr Interesse zu haben? Ich kann ihr doch nicht vorschreiben, was sie mag.

„Ich könnte dafür sorgen?", frage ich perplex und beobachte, wie er erneut etwas von dem Pulver löffelt und dieses Mal schützend seine Hand davorhält. „Dir ist schon aufgefallen, dass sie ein eigenständiger Mensch ist, der sich kaum von irgendjemandem was sagen lässt, oder?"

„Ja", erwidert er langgezogen und platziert vorsichtig ein Glasplättchen auf dem Pulver. „Aber mir ist auch aufgefallen, dass du und Simon Donovan offenbar ein schwules Ding am Laufen habt und soweit ich weiß, weiß keiner, dass Simon auf Jungs steht." Er hebt den Kopf und betrachtet mich durch zu Schlitzen geformte Augen. „Ich könnte mir vorstellen, dass er es nicht so toll fände, wenn die ganze Schule davon erfährt."

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