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Emma:

Kaffeeduft.
Alex.
Herzrasen.
Paradies.
Seine tanzenden Finger auf meiner Haut weckten mich.
Ich ließ die Augen geschlossen, spürte, wie seine Finger über meinen Hals strichen, nach unten wanderten und eine glühende Spur auf meinem Körper hinterließen. 
Als seine Hand sich flach auf meinen Bauch legte, drehte ich mich zu ihm und öffnete die Augen.
"Es ist immer noch wie ein Traum", sagte ich, während ich mich streckte und dankbar meine dampfende Lieblingstasse entgegen nahm.
Die aufgehende Sonne warf rot-orangenes Licht in mein Zimmer, wodurch Alex förmlich zu glühen schien.
Sein Anblick war so faszinierend schön, dass es schon fast wehtat ihn anzusehen.
Er lächelte und reichte mir einen Teller auf dem sich süße Pancakes auftürmten.
Ich zog eine Augenbraue nach oben.
"Hast du die etwa selbst gemacht?" 
"Klar, was denkst du denn?"
Grinsend zuckte ich mit den Schultern. "Womit habe ich das denn verdient?"
Er nahm mein Gesicht in beide Hände und gab mir einen kleinen Kuss.
"Das ist dafür, dass du mich so glücklich machst."
Ich würde nie genug von diesen Lippen bekommen. 
Obwohl wir dieses Zimmer seit 3 Tagen kaum verlassen hatten, konnte ich noch immer kaum glauben, dass Alex und ich wirklich zusammen waren. 
Ich fühlte mich nahezu benebelt von all den Glückshormonen. Es war wie ein Rausch.
Er hielt mir einen Pancake hin und ich biss vorsichtig hinein. Er war noch warm.
Ich verdrehte genüsslich die Augen und nahm einen Schluck von meinem Iced Caramel Latte. 
"Die sind köstlich!"
Alex Mundwinkel zuckten amüsiert, doch sein Blick wirkte zärtlich. 
"Ich schlag dir einen Deal vor." Er stellte den Teller zur Seite und zog mich an sich.
"Heute Nachmittag lernst du für die Zwischenprüfungen, während ich die Sondereinheiten für die nächsten Einsätze einweise. Und heute Abend gehen wir zusammen aus."
Shit, die Zwischenprüfungen! Die hatte ich ja völlig vergessen!
Ich seufzte schwer. 
"Das wäre unser erstes richtiges Date."
"Ist das ein Ja?"
"Ja, ist es." 
Alex belohnte meine Antwort mit einem strahlenden Lächeln und dann küsste er mich endlich. 
Eine Weile hörte ich nichts außer unserem schneller werdenden Atem und fühlte nichts, als Alex.
Bevor uns die Emotionen wieder davon tragen konnten, lösten wir uns voneinander. 
"Du machst es mir echt nicht leicht dich nur eine Sekunde wieder loszulassen.", stieß er rau hervor und ließ sich auf den Rücken fallen.
Ich schob mich auf ihn, stütze mein Kinn auf seiner Brust ab und lächelte ihn an.
"Das ist Absicht. Schließlich liebe ich dich.", entgegnete ich mit einem glücklichen Seufzen.
Gedankenverloren zeichnete Alex meine Gesichtszüge nach. 
"Ich liebe dich auch."
Mein Herz explodierte fast vor Glück.
Es hatte von Anfang an gewusst, was es wollte. Ich hätte ihm einfach nur mehr vertrauen müssen.

Ehe ich mich versah lagen die Zwischenprüfungen hinter uns und ein weiteres Jahr verging.
Plötzlich brachte nicht mehr allein Alex mein Herz zum Rasen, sondern auch der Gedanke an die anstehenden Abschlussprüfungen. 
Wer jetzt denkt, dass ich durch die Beziehung mit Alex viel zu abgelenkt wäre um mich gut auf die Klausuren vorzubereiten, der liegt falsch. 
Ohne ihn wäre ich nicht der Mensch, der ich heute war.
Und das sage ich nicht nur, weil er mich unglaublich glücklich machte.
Er unterstütze mich so sehr bei der Verwirklichung meiner Träume, als wären es seine eigenen. 
Wir wuchsen gemeinsam.
Schöpften Energie aus der Kraft des anderen, wenn einer von uns nicht mehr weiter wusste. 
Alex fragte mich jeden Abend ab und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es hätte mich nicht motiviert nach jeder richtigen Antwort einen Kuss von ihm zu bekommen. 
Und dann war es so weit.
Ich schrieb die letzte Prüfung, die noch zwischen mir und meinem Traum stand.  
Ein Traum, den fast jeder für unerreichbar erklärt hatte.
Doch das war okay, denn um manche Träume musste man kämpfen. 
Ich hatte in den letzten Jahren begriffen, dass wir in einer ganzen Welt voller Träume lebten.
Möglichkeiten, die man sich nicht einmal in tausend Jahren hätte vorstellen können.
Man musste nur bereit sein, sich auf sie einzulassen und an sich selbst glauben.
Nach den Sternen greifen.
Und genau das hatte ich getan.
Doch ich hatte auch verstanden, dass dieser Beruf nicht mein größter Lebenstraum war.
Mein Glück hing nicht von einem bestandenen Studium ab.
Die Welt hatte so viel mehr zu bieten. 
Ich wollte alles und nichts und einfach nur glücklich sein. 
Die Menschen denen ich etwas bedeutete, vervollständigten mein Leben und gaben jeder Sekunde darin einen unermesslichen Wert. 

Allerdings wäre ich nicht ich, wenn ich nicht trotzdem mit schlotternden Knien den Prüfungssaal betreten würde. Nach 120 zukunftsverändernden Minuten, verließen wir alle den Raum.
Der Adrenalinschub ließ mein Herz rasen, während ich gegen die Wand vor dem Vorlesungssaal sackte. 
"Das war die schwerste Prüfung meines Lebens."
"Sagte die größte Streberin des Kurses." Eddis Worte durchbrachen die Anspannung, die meinen Körper in den letzten paar Stunden gefangen gehalten hatte.
"Musst du grad sagen.", erwiderte ich augenrollend. 
"Leute, letzte Prüfung für immer! Ich kann nicht glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist.", rief Mina begeistert und schloss uns in eine feste Umarmung. "Ich bin so froh euch kennengelernt zu haben."
"Und ich erst. Danke, dass ihr immer für mich da wart. Mit euch waren selbst die Vorlesungen bei Lloyd erträglich." Ich drückte die beiden noch fester an mich und versuchte die aufsteigenden Tränen wegzublinzeln. 
"Du lügst.", krächzte Mina. "Lloyds Vorlesungen wären selbst mit dem Dalai Lama furchtbar." 

Wir wollten gerade den Campus verlassen, als sich aus dem Nichts ein Arm um meine Taille schlang und mich in einer Drehung von Mina und Eddi wegzog. 
"Jetzt hast du den ganzen Stress endlich hinter dir. Das müssen wir feiern." Alex lächelte verschmitzt und brachte mein Herz damit augenblicklich wieder auf Hochtouren. 
"Was machst du denn hier?"
"Ich wollte dich sehen."
"Und ich auch." Hinter Alex lugte ein blauer Haarschopf hervor. 
"Rosi! Oh mein Gott! Du bist hier!" Lachend zog mich meine beste Freundin in eine lange, feste Umarmung.
"Einer muss doch sicher stellen, dass du auch wirklich zur Party kommst und Alex dich nicht den ganzen Abend für sich behält."
"Hey!", protestierte Alex und warf Rosi einen gespielt vorwurfsvollen Blick zu.
Sie winkte grinsend ab. "Ach jetzt tu doch nicht so."
Nachdem Mina und Eddi meine beste Freundin ebenfalls begrüßt hatten, verließen wir gemeinsam das Unigelände und machten uns auf den Weg zu Nate, Elias und Maja. 
Ich hatte auf diesem Campus in den letzten Jahren so viele Stunden verbracht, kannte jeden Winkel in- und auswendig. Ich konnte einfach nicht glauben, wie schnell die Zeit vergangen war.
Jetzt würde sich einiges ändern. 
Alex griff nach meiner Hand, verflocht unsere Finger miteinander und blieb stehen.
"Hey, alles okay, Em? Du wirkst so nachdenklich."
Ich hob den Kopf. Die anderen liefen weiter, ohne zu merken, dass wir zurückblieben. Oder sie wollten uns etwas Raum zum Reden geben. 
"Ja, es ist nur... die ganze Zeit wusste ich, was als Nächstes in meinem Leben passieren wird und jetzt ist das nicht mehr so. Was wenn es nicht so klappt, wie ich es mir immer vorgestellt habe und... und...", ich brach ab, suchte nach den richtigen Worten, fand sie jedoch nicht. 
Alex verstand mich allerdings auch so. 
Er zog mich an sich und legte beide Hände auf meine Wangen.
"Du kannst alles schaffen. Außerdem ist es nicht einmal eine Stunde her, dass du deine letzte Prüfung abgegeben hast. Also schau heute lieber zurück auf das, was du geschafft hast, statt nur an die Zukunft zu denken. Und sei stolz auf dich. Denn ich bin es."
Alex strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und küsste mich.
Ein kribbeliges Glücksgefühl stieg in mir auf.
"Danke, dass du immer an mich glaubst."


GeneticWhere stories live. Discover now