Kapitel 23

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Sebastian

„Hallo Sebastian, wir sind wieder zuhause!", rief Mum, sobald sie die Tür geöffnet hatte. Gerade lief irgendein Actionfilm am Fernseher, dem ich nur wenig Aufmerksamkeit schenkte.

„Wo wart ihr denn?", erwiderte ich in genau derselben enormen Lautstärke. Kurz darauf schritt Mum dicht gefolgt von Dad ins Wohnzimmer. „Wir haben uns heute Mal etwas gegönnt und waren essen." Ihr Blick glitt zu Lucy. „Wer ist denn diese reizende Dame, neben dir? Etwa deine Freundin?"

Lucy neben mir versteifte sich, während ich versuchte die Anzeichen eines Witzes in dem Gesicht meiner Mutter zu entdecken.

Ich fand keine.

„Das ist Lucy, eure Tochter und meine Schwester", erklärte ich ruhig, mir selbst wohlbewusst, dass ich mich zum Affen machte, wenn das alles nur ein sehr schlechter Scherz war. Doch Mum fing an zu lachen.

„Ach Sebastian, du kannst deine Freundin doch nicht als deine Schwester vorstellen. Auch wenn ich sie irgendwann, wie meine Tochter ansehen sollte, könnten andere Leute verwirrt sein."

Lucy setzte sich ruckartig auf. „Mum bitte sag, dass du mich nicht auch vergessen hast", krächzte sie heiser noch bevor ich sie daran hindern konnte.

„Was meinst du damit meine Liebe?" Mums Ausdruck war liebevoll, geradezu mitleidig.

Ohne zu antworten wandte Lucy sich an Dad. „Dad, bitte sag, dass wenigstens du noch weißt wer ich bin", flehte sie mit zittriger Stimme. Dieser jedoch machte nicht die geringsten Anstalten, sie wiederzuerkennen, sondern blickte nur verwirrt zu mir, als verlange er eine Erklärung für das Ganze. Doch ich konnte sie ihm nicht geben.

Schnell packte ich Lucy und zwang sie dazu aufzustehen. „Wir machen nur Spaß." Gezwungen lächelte ich meine Eltern an. „Natürlich ist das meine Freundin. Und jetzt sollte sie auch schon wieder gehen, sonst machen ihre Eltern sich noch Sorgen um sie."

Ohne mich noch einmal umzudrehen, schleppte ich meine kleine Schwester mit mir raus auf den Flur. Entgeistert starrte sie mich an.

„Was soll das Sebastian!?", fauchte sie und riss sich los, doch ich packte sie fest bei den Schultern.

„Sie dürfen von dem allem doch nichts erfahren, oder? Also ist es denke ich am besten, wenn wir so tun als seist du meine Freundin. Deshalb ist es wahrscheinlich auch besser wenn du erst Mal ein paar Tage nicht hier bist."

„Was? Du willst mich wegschicken?"

„Hör mir zu, Lucy! Ich will dich nicht wegschicken, aber was denkst du, was für ein Drama es geben wird, wenn du einfach hierbleibst? Du kennst Mum und Dad doch. Sie werden dich hier niemals bleiben lassen und sofort Verdacht schöpfen", versuchte ich ihr klar zu machen. Natürlich wollte ich nicht, dass sie ging. Aber unsere Eltern waren nun mal sehr empfindlich was eine Beziehung anging. Sowohl bei Lucy als auch bei mir und wenn sie noch länger hierbleiben würde, dann würden sie ihr freundlich aber bestimmt mitteilen, dass sie sich hier nicht so einnisten sollte. Zudem würden sie ihr alle möglichen Fragen über ihr Leben stellen und im Moment wäre das wohl nicht das Beste für Lucys Psyche. Da war sie wo anderes besser aufgehoben. So leid es mir auch tat, das zu sagen.

Anscheinend gingen diese Gedanken auch Lucy durch den Kopf und langsam fing sie an zu nicken.

„Aber wo soll ich denn hin?"

„Ich bring dich zu Jason und James. Ihr habt eh noch einiges zu klären und im Moment sind es wahrscheinlich die einzigen, die dich nicht vergessen werden. Wer weiß, wie lange ich noch weiß, dass ich eine Schwester habe und ich will nicht, dass ich dich irgendwo hinbringe und dich dann vergesse. Das kann ich einfach nicht verantworten. Und außerdem sind James und Jason wahrscheinlich die letzten, die irgendwas böses vorhaben und ich will dich einfach in Sicherheit nach dieser ganzen Scheiße wissen." Ich machte eine kurze Pause und sah sie intensiv an. „Verstehst du das?"

Verschwunden und VergessenWhere stories live. Discover now