Kapitel 40 - Einweihung

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Damien's Sicht:

Dumpf vernahm ich Rufe, die immer lauter wurden und allmählich zu mir durchdrangen. Aber anstatt die Augen aufzuschlagen, wälzte mich auf die andere Seite und zog die Bettdecke bis über meine Stirn. Warme Luft umhüllte mich, die ich auf keinen Fall verlassen wollte. Sonst würden mich die Gedanken über Zoey's Abfuhr vermutlich einholen. Sie war einfach abgehauen, hatte mich wortlos stehen lassen, nachdem ich ihr gebeichtet hatte, ich würde mehr für sie empfinden. Ein kalter Schauer traf mich wie ein Pfeil und der Schmerz war urplötzlich wieder da, als wäre er nie fort gewesen.
Das leise Knarren meiner Tür ließ mich genervt aufstöhnen. Ohne die Augen zu öffnen, schob ich die Bettdecke zurück und musste grinsen, als ich seinen Blick auf mir spürte.
"Wag es bloß nicht!", zischte ich, jedoch immer noch lächelnd.
"Na komm. Dad dreht durch, wenn du nicht gleich aufstehst.", sagte er und als ich mich schließlich doch dazu durchrang den Morgen mit geöffneten Augen zu begrüßen, sah ich wie er theatralisch die Augen verdrehte. Wir sahen uns wahrhaftig zum Verwechseln ähnlich, aber etwas an ihm schien mir reifer, erwachsener. Ich erhob mich gähnend und blinzelte ein paar Mal um wieder eine klare Sicht zu haben. Schnell warf ich mir ein Shirt über und klopfte ihm gespielt auf die Schulter.
"Dann wollen wir ihn lieber nicht warten lassen."

Mein Vater wirkte aufgeregt, beinahe nervös, als Alec und ich die Treppen hinunterstiegen. Auf dem Esstisch vor ihm lagen haufenweise Stapel bestehend aus Büchern, losen Blättern und Aufzeichnungen, die zum Teil eine schäbige und heruntergekommene Oberfläche besaßen.
"Willst du uns mit deiner hochmodernen Buchsammlung fürs Lesen begeistern?", scherzte mein Bruder und fuhr sich durch das glänzende Haar. Ich mochte seinen Humor und die Ironie, die er an den Tag legte, aber er kam nicht immer bei allen Leuten so gut an. Genau wie jetzt.

"Nein Alec. Ich habe euch beiden etwas zu sagen, vielmehr will ich euch etwas zeigen. Ihr seid nun alt genug um einen Teil der Verantwortung zu tragen, die unserer Familie und vielen weiteren vor langer Zeit auferlegt wurde. Aber dafür müsst ihr aufhören euch wie Kinder zu benehmen, denn für diese Aufgabe braucht ihr all eure Energie und eure Willensstärke."

Ich wusste, dass Alec eine Augenbraue hoch zog und nahe davor war, etwas unangemessenes zu erwidern, doch der Blick, den mein Vater ihm zuwarf, ließ ihn verstummen. Selbst mein vorlauter Bruder hatte zeitweise Respekt vor unserem Vater, der unglaublich einschüchternd sein konnte, wenn er wollte.
"Und wie lautet diese Aufgabe, von der du sprichst?", fragte ich direkt, da mein Vater keine Anstalten machte, uns einzuweihen.

"Ihr müsst mir jetzt genau zu hören, niemand darf je davon erfahren. Nicht einmal...", er schluckte kurz, als würde er es ihm selbst schwerfallen dieses Geheimnis für sich zu behalten.
"Nicht einmal eure Mutter. Das ist sehr wichtig, hört ihr?"

Ich nickte verständnisvoll, doch Alec vermied offen den Blickkontakt zu meinem Vater und sah stumm auf seine Füße. Er erschien mir mit einem Mal wie ausgewechselt, das Scherzen war ihm offenbar vergangen.
"Alec, hast du mich gehört? Niemand. Auch nicht Lynn." Aus dem Augenwinkel sah ich, dass er bei dem Name zusammenzuckte und wortlos nickte. Meinen Vater sah er dabei trotzdem nicht an, als hätte er Angst, sich durch den bloßen Blickkontakt zu verraten. Aber was durfte mein Vater nicht wissen?
Ich kaute nachdenklich an meiner Unterlippe, während mein Vater ungehindert fortfuhr.

"Setzt euch."
Seine Stimme war befehlend, als duldete er keine Widerrede und nach kurzem Zögern folgte ich seiner Anweisung.
Alec warf mir einen flüchtigen Blick zu, tat es mir aber gleich. Kurz meinte ich, Schweißtröpfchen auf seiner Stirn erkennen zu können, aber ich musste mich wohl irren. Bis jetzt hatte mein Vater noch nichts Enthüllendes berichtet, dass solch eine Reaktion bei ihm auslösen könnte, oder etwa doch? Hatte ich womöglich den geheimen Hinweis verpasst?

Mein Vater musterte uns genau, Alec jedoch genauer als mich. Ich konnte nicht verhindern darüber nachzudenken, dass zwischen den beiden eine Art Spannung herrschte, die sich einfach nicht lösen ließ, egal was sie versuchten. Wieso war es mir nie so genau aufgefallen wie jetzt in dem Moment? War sein oft unangemessener Humor der einzige Grund dafür oder war da noch etwas, etwas dass ich nicht wusste?
Vorsichtig griff er nach einem Buch, dass ganz oben auf dem Stapel lag und schob es uns über den Tisch zu, jedoch nicht ohne uns aus den Augen zu lassen.

Als ich den Titel des Buches erfasste, traute ich meinen Augen kaum. Ich warf Alec einen entgeisterten Blick zu und sah dass es ihm ähnlich ergehen musste, seine Hand zitterte völlig unkontrolliert und in seinen Augen stand Verzweiflung und Angst.
"Vampire? Das kann nicht dein Ernst sein!", hörte ich die Stimme meines Bruders neben mir, der völlig von der Rolle schien.
Ehe mein Vater etwas erwidern konnte, griff ich ein und sagte mir fester Stimme:
"Was Alec meint, ist, dass jeder weiß dass so etwas wie Vampire nur in Gruselgeschichten existieren."
Alec verdrehte erneut die Augen, höchstwahrscheinlich wollte er mir damit sagen, dass er doch genau das gesagt hatte - nur eben etwas unhöflicher, fügte ich in Gedanken hinzu.

"Nein, hört mir zu. Diese Monster existieren und sie leben mitten unter uns." Verwirrt schüttelte ich den Kopf, unfähig den Worten meines Vaters Glauben zu schenken. Alec verschränkte trotzig die Hände vor der Brust und blickte wie gebannt auf den Buchumschlag, während er ein kaum merkliches Zischen von sich gab.
"Aber wie kann das sein?", fragte ich leise, halb an meinen Vater gewandt, halb an mich selbst.

"Das wissen wir nicht. Aber eines ist uns bewusst, sie sind gefährlich. Das sind kaltblütige Mörder, die keine Skruppel haben Menschen zu töten. Menschen wie euch und wie mich." Seine Stimme wurde immer lauter, eindringlicher, bedrohlicher. Er klang Ernst und mein Vater war sowieso nicht für Scherze zu haben. Ganz im Gegensatz zu meinem Zwillingsbruder.

"Und selbst wenn wir deinem Gerede Glauben schenken sollten, was sollen wir deiner Meinung nach tun? Durch die Straßen laufen und jeden Menschen fragen, ob er zufällig ein Monster ist, dass unser Blut trinken will?"
Er riss seinen Mund auf und zeigte seine Zähne, woraufhin ich mir ein Lachen trotz der Ernsthaftigkeit meines Vaters nicht verkneifen kann. Dieser schüttelte bloß enttäuscht den Kopf, sagte aber nichts.

"Aber Alec hat Recht. Was hat das Ganze mit uns zu tun?", meinte ich, nachdem ich mich wieder gesammelt hatte. Die Miene meines Vaters versteinerte sich und Euphorie blitzte in seinen Augen auf, die mich erzittern ließ.

"Ihr werdet nicht versuchen, die Vampire unter uns aufzuspüren. Ihr werdet mir helfen, sie zu töten."

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Meinungen & Gedanken?

Welchen Eindruck habt ihr von Alec?

Alec oder Damien? Soweit ihr das bis jetzt beurteilen könnt?💟

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