16 - dieses mal das richtige

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Tatsächlich gönnten sich die anderen Turnierteilnehmer alle die drei Tage Erholung, so dass Amanda zur Abwechslung mal wirklich Ruhe im Unterricht hatte. Frau Weir gab sich die größte Mühe, Amanda zu entblößen, doch die Frau hatte sie noch mehr unterschätzt, als manche der Schüler.

Genau genommen tat es Amanda ganz gut, weniger Magie als sonst zu haben. Die Übungen die Feingefühl erforderten waren deutlich leichter, wenn sie nicht die ganze Zeit verhindern musste, dass Flutwellen von Magie aus ihr herausbrachen. Nur die Dunkle Magie hielt Amanda zurück. Tief in ihrem Innersten versteckt, rollte sie in Spiralen um Amandas Wirbelsäule, flocht sich zwischen ihre Rippenbögen. Nur tat es nicht mehr weh. Im Gegenteil. Wann immer sie spürte, wie sie sich verspannte, ließ sie zu, dass die neue Magie durch ihre angestrengten Muskeln floss. Sofort ließ das ziehen nach.

Doch Amanda hatte mehr aus dem Turnier mitgenommen als nur diese Magie. Wenn sie Ruben schlagen wollte, musste sie mehr als nur eine starke Magische werden. Sie würde Monster wie den Irrwicht auch ohne die Hilfe der Wachenden schlagen müssen und dafür gab es nur eine Lösung.

„Na wen haben wir denn da." Herr Silver grinste breit, als er Amanda quer über den Rasen kommen sah. „Sie haben ganz schön Eindruck beim Turnier gemacht", lobte er sie großzügig, als sie das Trainingsfeld betrat.

„Offensichtlich nicht genug." Sie tippte gegen den bronzefarbenen Rand.

Auch wenn sie sich gerne geweigert hätte, so hatte Frau Salomon sie doch davon überzeugt, ihre neue Uniform zu tragen. Als würde es Amanda irgendwas bringen außer einer täglichen Erinnerung an ihr Versagen.
Wenigstens das neue Zimmer war ein willkommenes Upgrade. Sie konnte es gar nicht mehr erwarten, am Wochenende endlich ein Einzelzimmer im Flur der Elite zu bekommen. Aishas ständiger Versuch, sie wieder mit den anderen zu versöhnen schlug ihr so langsam auf den Magen.

Der Lehrer lachte schallend. „Ich mag Ihre Einstellung. Wie kann ich Ihnen helfen? Sind Sie gekommen um endlich Ihre Partnerschaft zu akzeptieren?" Er nickte in Richtung der Trainierenden. Ruben hatte sich auch keine Pause gegönnt und trainierte alleine gegen drei andere Wächter.

Amanda verzog ihr Gesicht skeptisch. „Sie haben einen seltsamen Humor, Herr Silver. Nein. Ich muss mehr trainieren."

„Sind dafür nicht Frau Weir und Frau Undine zuständig?" Frau Undine leitete das Kampftraining der Magischen, aber da sie wenig Ahnung von Hexen hatte, war das der Unterricht, in dem Emi und Amanda die meiste Zeit ihr eigenes Ding machten.

„Ich rede nicht von Magie. Ich brauche mehr", Amanda gestikulierte, um ihren Satz zu beenden. Das nächste Mal, wenn sie ihrem Vater begegnete, würde sie nicht weglaufen. „Ich kann mich nicht immer nur auf meine Magie verlassen."

Der Lehrer folgte Amandas Blick zum Waffenstand. „Sie wollen wie ein Wächter trainieren?" Zum ersten Mal hatte Amanda ihn wirklich aus der Bahn geworfen. „Sie haben die Möglichkeit den stärksten Wächter, den ich je trainiert habe, an Ihrer Seite zu haben, aber Sie wollen lieber alleine von Null anfangen?"

„Ich fange nicht von Null an", wischte Amanda seine Bemerkung beiseite. „Trainieren Sie mich jetzt oder muss ich Jasper erpressen?"

Geschlagen schüttelte der Mann den Kopf und reichte Amanda ein Trainingsschwert. „Olivia hat mich gewarnt. Wieso höre ich nicht auf sie?", murmelte er frustriert, begleitete Amanda aber zu einer freien Trainingsmatte.

„Wer ist Olivia?"

Der Lehrer nahm Stellung und forderte Amanda auf, ihn zu kopieren. „Frau Salomon. Sie hat uns gewarnt, dass Sie uns alle bis an unsere Grenzen bringen werden."

Amanda lachte. „Wenn das hier schon ihre Grenze ist, warum sind Sie dann Lehrer?"

Zuerst zeigte der Mann ihr einige Grundübungen. Stellungen, Abwehrhaltungen. Aber vieles davon hatte Amanda sich tatsächlich schon von Jasper abgeguckt. Herr Silver musste nur die Dinge korrigieren, die der junge Wächter sehr schlampig ausführte.

„Wieso wollen Sie Ihre Zeit hier verschwenden, anstatt an ihrer Magie zu arbeiten?", fragte der Lehrer bei einer kurzen Trinkpause. Etwas daran, wie er fragte, ließ die Hexe aufhorchen.

„Ich sehe. Sie haben noch nie mit Magischen trainiert, was?" Amanda zog einen Mundwinkel hoch, aber schaffte es nicht, bis zu einem echten Lächeln. „Hat Frau Salomon Ihnen nicht von meiner größter Schwäche erzählt? Kontrolle. Ich würde niemals Zeit verschwenden, wenn es ums Training geht, also trainiere ich hier mit Ihnen, während ich gleichzeitig daran arbeite, meine Magie zu kontrollieren."

Sein dröhnendes Lachen brachte die umstehenden Trainingspaare zum innehalten. Wüsste er, dass Amanda damit die Dunkelheit in sich meinte, hätte er wahrscheinlich nicht gelacht. Aber Dunkelheit war stark. Wenn sie es schaffen konnte, auch nur diese winzige Menge sicher zu kontrollieren -! Unvorstellbar, welche Möglichkeiten sich ihr dann bieten würden!

Und tatsächlich spürte Amanda, wie sie langsam aber sicher die Dunkelheit dazu bringen konnte, ihren Befehlen zu gehorchen. Nicht nur Bitten, nein, Befehlen. Vielleicht hätte sie Frau Salomon davon erzählt, wenn da nicht diese Nebenwirkungen waren.

Je stärker eine Magie, desto größer ihre Kosten. Das war bei jeder Magie so. Man konnte kein Eis benutzen, ohne zu frieren. Wenn Amanda Luft für einen Angriff nutzen wollte, konnte es passieren, dass ihr der Atem weg blieb. Nur mit viel Training und noch mehr Willen konnte man diesen Nebenwirkungen Herr werden.

Aber die Nebenwirkungen der Dunkelheit war etwas ganz anderes. Jede Nacht verfolgte Amanda das Gesicht ihres Vaters. Untermalt von der geisterhaften Stimme, die Nacht für Nacht näher zu kommen schien. Egal was Amanda versuchte, nichts schien zu wirken. Nicht Emis Magie und nicht die Tabletten, die sie sich vom Apotheker hatte geben lassen.
Natürlich hatte Amanda keinem von beiden den wahren Grund für ihre Albträume erzählt, aber zumindest die Mesa-Fee schien langsam aber sicher einen Verdacht zu bekommen.

Es war nicht so, als hätte Amanda nicht überlegt, mit jemandem darüber zu reden. Doch niemand an dieser Schule hatte Erfahrung mit Dunkelheit. Verdammt, die meisten hier hatten nicht mal Erfahrung mit Hexen. Wie sollte Amanda ihnen klar machen, dass sie kontrollieren konnte, was all diese hübschen Feen so fürchteten? Und ja, auch das verstand Amanda. Dunkelheit war gefährlich. Niemand würde gerne eine tickende Bombe an seiner Akademie haben. Also verbannte Amanda den Gedanken, mit jemandem zu reden wieder.

Stattdessen nutzte sie die Nächte, in denen die Albträume zu schlimm waren, um sich hinaus aufs Gelände zu schleichen. Noch immer riet man ihnen, den Wald nicht zu betreten, weil immer noch Monster vom Turnier über waren. Aber hier zwischen den Bäumen, geschützt vor dem Mondlicht, konnte Amanda sie zum ersten Mal spüren. Dunkelheit. Sie lag im Flüstern des Windes und im Heulen der Tiere. Waberte mit dem Geruch der feuchten Erde und glitzerte im Wasser des Flusses.
Nie zuvor hatte Amanda so eine enge Bindung zu ihrer Magie gespürt und es wog die schlaflosen Nächte beinahe auf.

Amanda hatte nicht verstanden, was Frau Salomon gemeint hatte, als sie davon sprach, dass Amanda Kontrolle fehlte. Bis jetzt. Bis sie aufgehört hatte, sich gegen die Dunkelheit zu wehren. Kontrolle war mehr als nur große Massen an Magie zu bewegen. Diese winzige Menge an Dunkelheit, die Amanda in sich trug, hätte eine so kleine Kugel ergeben, dass sie sie in ihrer Faust verstecken könnte. Und doch gehorchte sie jedem winzigen Befehl, den Amanda wirkte. Sie huschte kribbelnd durch ihre Adern oder verstecke sich in ihrem kleinen Zeh, wenn Emi versuchte, Amandas Albträume zu unterdrücken.
Sie hüpfte im Takt ihres Herzens und schwang zum Rhythmus ihres Atems.
Das war Kontrolle. Das war Einklang.

Die ganze Nacht hätte Amanda so dahin treiben können, wenn sie nicht regelmäßig von entfernten Stimmen unterbrochen worden wäre. Wächter patrouillierten den Wald, um Monster zu fangen. Sofort zog die Hexe ihre Magie zurück. Es war viel zu anstrengend, ihren Hörzauber Tag und Nacht aufrecht zu halten, weshalb Amanda Luft und Dunkelheit wie Tentakeln ausstreckte. Die Vibration der Luft verriet ihr mehr, als ihre schlechten Ohren es konnten.
Amanda war sich ziemlich sicher, dass sie eines Nachts Ruben zwischen den niedrigen Büschen erspähte, doch die Dunkelheit reagierte schneller als Amanda oder der Wächter es konnten und verhüllte sie sofort in undurchdringlichem Schatten. Mit einem Kopfschütteln verschwand die ach-so-tolle Nummer Eins wieder in der Nacht. Nur um sicher zu gehen, mied Amanda ihn von da an noch gründlicher.

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haha...... ....... ...

Ja okay, vielleicht merkt man, dass Dezember nicht der beste Monat für meine mentale Gesundheit ist. Es tut mir Leid, ich habe letzte Mal das falsche Kapitel hoch geladen. Zur Entschuldigung gibt es heute zwei.

Vielen Dank an @FlowerLorenz <3 Es tut sehr gut, manchmal einfach nur verstanden zu werden.

(Making of) Fate - New MagicWhere stories live. Discover now