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Das neue Zimmer war ganz oben im Turm und bot eine atemberaubende Aussicht. So weit das Auge reichte sah man dunkles Grün, vereinzelt schon von Rot und Gelb durchzogen. Die steilen Berghänge in der Ferne mit den Gipfeln, die in den Wolken verschwanden. Fast hätte Amanda beeindruckt geseufzt.

„Freut mich, dass es Ihnen gefällt." Frau Salomon reichte ihr die Schlüssel. „Anders als zuvor haben wir hier oben keine bestimmte Zimmerverteilung. Neue Mitglieder der Elite ziehen schlicht in die Zimmer, die frei werden."

„Wollen Sie mich ermahnen, nicht nackt über den Flur zu laufen?" Amanda grinste tatsächlich. So ausgelassen hatte sie sich lange nicht mehr gefühlt. So frei. Langsam aber sicher fielen alle Teile ihres Plans in Position.

„Wenn Sie das Bedürfnis haben, werde ich Sie nicht aufhalten. Ich will Sie nur bitten, dass Sie mögliche Fundsachen an Adrian zurück geben. Ohne auf seinem Abstieg anzuspielen."

Amanda legte den Kopf schief. „Ich trete nicht nach unten."

Eine ungekannte Strenge legte sich auf die Züge der Lehrerin. „Das klang in letzter Zeit ganz anders."

„Wer hat sich beschwert?" Aufgebracht fuhr Amanda herum. Ihre gute Laune zerplatzte wie ein Luftballon. Die einzige Person, die sie offen angefahren hatte, war Kamilla. Aber die würde sich nicht trauen - oder?

„Andere Mitglieder der Elite haben mich darauf aufmerksam gemacht, dass Sie möglicherweise vom Pfad abgekommen sind. Und ihre regelmäßigen Besuche beim Apotheker scheinen das zu belegen."

„Ruben oder? Er hat mich angeschwärzt!" Das mit der Apotheke stimmte zwar, aber es war nicht annähernd in die Richtung, in die die Schulleiterin deutete. Dank des fehlgeleiteten Eingreifens der selbsternannten Retter hatte Amanda ihr Albtraumproblem nicht lösen können. Der Schlafmangel hatte sie so unkonzentriert gemacht, dass sie befürchten musste, die Kontrolle über diese neue Dunkelheit zu verlieren. Das wäre tatsächlich eine Bedrohung, die nicht sein musste. Also hatte sie dem Apotheker eine dramatische Geschichte erzählt. Der Mann kannte Muir. Es hatte nicht viel gebraucht, um ihm von Amandas Trauma zu überzeugen und er hatte ohne weitere Fragen die Dosis verdoppelt. In den meisten Nächten funktionierten sie. Das reichte Amanda.

„Ruben hat uns erzählt, was im Wald beim Turnier passiert ist. Wieso haben Sie all meine Termine abgelehnt?"

Weil sie genau das geahnt hatte. Der Wachende musste sich unglaublich großherzig vorgekommen sein, als er für sie ein gutes Wort eingelegt hatte. Aber das sagte Amanda nicht. Die Lichtfee hielt sie jetzt schon für zu feindselig. „Weil ich mich geschämt habe, dass ich mein Versprechen nicht umsetzen konnte", sagte Amanda stattdessen und gab damit zumindest die halbe Wahrheit zu. Nachdem Frau Salomon ihr gestanden hatte, dass sie Amanda die Spitze zutraute, war es ihr nur noch wichtiger geworden, sie nicht zu enttäuschen. Mit so einem schlechten Ergebnis hatte sie ihr nicht in die Augen schauen wollen.

Die Schulleiterin schwebte zu Amanda herüber. Ihr Gesicht war wieder weicher, wenn auch nicht sorgenfrei. „Sie haben eine enorme Leistung erbracht und nicht den Kopf verloren, trotz dieser Ausnahmesituation."

„Nicht genug, um die Beste zu sein."

„Amanda, Sie verstehen die Darkwood noch immer nicht. Sie sind hier nicht an einer normalen Schule. Wir sind eine Akademie, an der sie für den Kampf um die Balance trainieren. Achten Sie auf die Wortwahl. Sie sind nicht hier, um nur stumpf vom Lehrpersonal zu lernen. Die meisten hier sind nicht mal ausgebildete Lehrer. Ich meine, haben Sie sich mal mit Herr Silver unterhalten? An jeder normalen Schule wäre er schon am ersten Tag wieder rausgeflogen."

Für einen Moment schien 'Warum habe ich ihn überhaupt angestellt' in großen Buchstaben auf Frau Salomons Gesicht zu stehen, ehe sie sich wieder erinnerte, was sie Amanda eigentlich sagen wollte.

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