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Felicia:
„Kommst du jetzt eigentlich mit uns zum Elementunterricht?" fragt Luise mich, während wir unsere Sachen nach Stundenende in unsere Rucksäcke räumen.
„Nein, ich bekomme Einzelstunden bei Frau Frosner." antworte ich und laufe Richtung Tür.
„Weißt du wo du hin musst?" hackt Luise nach und folgt mir gemeinsam mit Nea, Elira und Alica.
„Halle 3." antworte ich.
„Sollen wir dir den Weg zeigen?" mischt sich Nea ein.
„Nein, ich werde..." fange ich an, aber Alica quischt dazwischen.
„Ich glaube da wartet ihr Bodyguard vor der Tür."
Es stimmt. Leander lehnt schon an der Wand gegenüber der Tür und tippt etwas auf seinem Handy.
„Dann mal viel Spaß." Elira klopft mir auf die Schulter und läuft an mir vorbei. Die anderen verabschieden sich auch knapp und folgen dann Elira. Ich mache Leander mit einem räuspern auf mich aufmerksam und versuche es mit einem freundlichen Lächeln.
„Dann mal los." sagt er trocken und setzt sich in Bewegung.
„Wie waren die ersten Stunden?"
Ich bin froh darüber das er die langsam unangenehme Stille zwischen uns füllen will, auch wenn ich in smalltalk nicht so gut bin.
„Ganz gut. Um mir die Namen merken zu können brauche ich wahrscheinlich noch ein bisschen, aber ich konnte dem Unterricht gut folgen und teilnehmen."
„Das ist gut, dass wird so denke ich auch in den anderen Fächern so sein. Irgendwann kannst du denke ich auch am normalen Elementunterricht teilnehmen." Leander biegt in einen Gang ab, der deutlich älter aussieht, als das restliche Schulgebäude.
„Was genau lernt ihr denn im Elementunterricht?" frage ich neugierig nach. Ich kann mir noch nicht wirklich etwas darunter vorstellen, was man dort lernen könnte.
„Verschiedenes. Erstmal natürlich die Kontrolle über das Element. Und dann lernst du verschiedene Dinge. Du kannst das reine Element bilden, formen und bewegen. Es verschwinden lassen und umwandeln. Wächter der Luft können beispielsweise nur die Luft bewegen." zusammen mit einer schwungvollen Handbewegung, zieht eine starke Windböe durch den Flur.
„Wir können sie aber umwandeln." er öffnet seine Hand und es entsteht ein kleiner tanzender Tornado auf seiner Handfläche, so einer, welcher gestern schon in meinem Zimmer entstanden ist.
„Wow..." sage ich begeistert. Er kann das mit so einer Leichtigkeit, das es so aussieht als würde es von selber funktionieren.
„Hier ist die dritte Halle." er deutet auf eine große schwere Tür und öffnet sie. Es ist eine große Halle, mit Steinwänden und einem Boden mit großen Fliesen. An den hohen Wänden sind groß Fenster und kleine Kerzenhalter. Auf dem Boden befinden sich Abflüsse und an einer Wand befindet sich ein großes Loch im Boden, welches zum Teil mit Erde und zum anderen Teil mit Wasser befüllt ist.
An einem breiten Steintisch steht eine junge Frau, die uns freundlich zu lächelt.
„Ich lass euch dann mal allein." Leander bleibt im Türrahmen stehen.
„Danke... fürs her bringen." sage ich und schaue zu wie sich die große Tür wieder schließt.
„Ich bin Frau Frosner und wir beide werden nun dein Element unter Kontrolle bringen. Zuerst möchte ich dir das hier geben." Frau Frosner nimmt ein kleines goldenes Plättchen aus ihrer Tasche und reicht es mir. Ein Flammensymbol ist auf die eine Seite graviert.
„Wofür ist das?" frage ich nach.
„Jedes Element hat ein zugeteiltes Metall. Wasser und Silber, Luft und Quecksilber, Erde und Blei und Feuer und Gold. Wenn wir ein Teil unseres Metalls an uns tragen, werden unsere Kräfte gebündelt, und es fällt uns deutlich leichter sie zu kontrollieren und gezielt einzusetzen. Wenn ich also kein Gold an mir trage, ist mein Element unkontrolliert und zu stark, es wird zu unkontrollierten Ausbrüchen kommen. Mit Gold an meinem Körper wird das Feuer gebündelt, ich kann es einfacher kontrollieren und einsetzen. Elementwächter werden in der Regel schon in der Kindheit registriert, dabei wird das jeweilige Metall in das Blut gespritzt, und bleibt dort für immer. Viele von uns tragen trotzdem etwas an seinem Körper, weil es auch symbolisierte welchem Element man zugehörig ist. Man kann es als Kette, Armband oder Ring tragen." sie deutet auf ihren Arm, an dem ein zierliches goldenes Armband hängt.
„Also kann ich hiermit meine Kräfte kontrollieren?" so einfach habe ich es mir nicht vorgestellt.
„Nein! Es hilft dir dabei, jedoch benötigt es viel Übung und Konzentration um es in jeder Situation kontrollieren zu können." erklärt sie.
„Deswegen beginnen wir jetzt auch. Ich möchte, dass du dich konzentrierst, und dann..." sie hebt ihre Hand und ein winziger Funke entsteht zwischen Daumen und Zeigefinger.
„Ich soll einen Funken bilden?" frage ich verwirrt nach. Ich dachte ich lerne bewusst meine Hände in Flammen zu setzen, ein Feuerball zu schleudern oder ein Lagerfeuer zu machen.
„Wir fangen klein an. Je größer die Kraft ist die du einsetzt, desto mehr Kraft benötigst du auch um es wieder zu stoppen. Daher fängst du mit einem Funken an." sagt Frau Frosner bestimmt.
„Okay." antworte ich und bringe mich in eine stabile Position. Ich atme tief durch und konzentriere mich auf meine Finger. Ich denke fest daran einen Funken zwischen meinen Fingern entsehen zu lassen. Und...
Es passiert nichts.
„Wie soll das funktionieren?"
„Konzentriere dich auf den Funken!" Frau Frosner lässt den Funken zwischen ihren Fingern wechseln.
„Ich denke ja daran, aber es passiert nichts." sage ich.
„Du sollst nicht nur daran denken. Konzentriere dich, finde das Feuer in dir, und nutze diese Kraft!" Frau Fosner schließt die Augen und breitet die Hände aus. Plötzlich stehen ihre Hände in Flammen und sie öffnet ihre Augen wieder.
„Ihre Augen..." stottere ich. Ihre braunen Augen leuchten orange auf. Frau Frosner schließt ihre Augen erneut und die Flammen verschwinden wieder.
„Es ist normal, alles gut. Wenn du viel Kraft einsetzt, wird es sichtbar."
Ich atme noch einmal tief durch und versuche dann Frau Frosners Anweisungen zu folgen und das Feuer in mir zu finden. Und tatsächlich spüre ich nach langer Suche etwas... ich kann es nicht beschreiben was es ist, jedoch denke ich, es ist das was ich suche. Ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus, meine Finger fangen an zu kribbeln und dann höre ich Frau Frosner erleichtert ausatmen. Ich öffne meine Augen und zwischen meinen Fingern fliegt ein Funke.
„Oh mein Gott!" sage ich erstaunt, aber in dem Moment verfliegt der Zauber, und der Funke verschwindet.
„Gut gemacht. Bei vielen dauert es deutlich länger." lobt Frau Frosner mich.
„Und gleich nochmal!"
Wieder schließe ich meine Augen, suche wieder nach diesem Gefühl, mein Körper fängt an zu glühen und es fliegt wieder ein Funke. Ich wiederhole es viele Male, immer und immer wieder.
„Versuche den nächsten Funken jetzt aufrecht zu halten." sagt Frau Frosner und ich wiederhole mein Vorgehen.
Der Funke entsteht und ich versuche ihn aufrecht zu erhalten. Dieses warme Gefühl und das kribbeln vollkommen auf diesen Funken zu lenken und dann passiert es. Meine ganze Hand fängt Feuer und ich verliere dieses Gefühl. Kurz darauf brennt auch meine andere Hand und ich verliere den Mut. Verzweifelt versuche ich die Flammen zu bändigen.
„Felicia versuche dich wieder zu konzentrieren! Du kannst es nicht kontrollieren ohne Konzentration." sagt Frau Frosner ruhig.
„Wie denn? Meine Hände brennen!" sage ich panisch und versuche die Flammen durch schütteln loszuwerden.
„Tief durch atmen. Finde das Feuer und begrenze es." sagt Frau Frosner immer noch ruhig und entspannt.
Ich erinnere mich an gestern Abend, als Leander bei mir war und ich dort meine Kraft unter Kontrolle bekommen habe. Ich atme tief durch und suche nach der Wärme. Ich atme tief ein und aus. Und finde es, das Gefühl der Wärme, das kribbeln in meinen Händen und das winzige Stück Kontrolle. Ich nutze es, lasse es wachsen, spüre das kribbeln in meinem ganzen Körper und fange an es zu genießen. Ich sammle das Feuer zwischen meinen Händen und lasse es geballt nach oben in die Luft schießen. Oben an der Decke breitet es sich in alle Richtungen aus und verschwindet.
„Wow. Du hättest es einfach nur aufnehmen können, aber so geht es natürlich auch. Nicht wahr... Leander?" Frau Frosner schaut fragend hinter mich. Erschrocken drehe ich mich um und entdecke Leander. Er sitzt auf dem Boden, mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt und den Armen auf den Beinen abgelegt. Er lächelt.
„Das war unglaublich. Mit so wenig Übung, das Element so kontrolliert zu bündeln und zu bewegen ist stark."
Er drückt sich vom Boden ab und schultert seinen Rucksack.
„Wir sind fertig für heute." Frau Frosner deutet mir an zu gehen.
„Gut gemacht!" fügt sie noch hinzu.
„Dankeschön." ich verlassen den Raum, dicht gefolgt von Leander.

„Wie lange hast du mir zugeschaut?" frage ich ihn.
„Die letzten 10 Funken ungefähr." er grinst mich an.
„Wieso? Ich meine, sich eine halbe Stunde oder so anzuschauen, wie ich Funken zwischen meinen Fingern bilde, ist doch nicht so spannend." ich schaue ihn neugierig an.
„Ich kann mir nichts besseres für meine Freistunde vorstellen." sagt er trocken und deutet auf den Raum neben uns.
„Was ist damit?" frage ich ihn verwirrt.
„Du hast hier Chemieunterricht." antwortet er genauso verwirrt.
„Woher weißt du wo ich Unterricht habe?" mit zusammengekniffenen Augen schaue ich ihn an. Seine dunkelgrauen Augen ruhen auf mir.
„Ich habe mir die Freiheit genommen, mir deinen Stundenplan anzuschauen. Schließlich muss irgendjemanden ihn ja kennen, wenn du schon nicht weißt wo du Unterricht hast." Leander greift nach dem Türgriff und öffnet die Tür für mich.

Wächter der ElementeWhere stories live. Discover now