Kapitel 29

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LUCA

Am nächsten Abend war es soweit. Ich traf mich mit Carlas Familie bei ihrem Haus. Ich würde heute bei ihnen zu Abend essen und bei ihr übernachten, mit der Ausrede, Zeit mit meiner Freundin verbringen zu wollen. Ich musste dann zwar bei Mirabel im Zimmer schlafen, aber das machte mir nichts aus. Wirklich schlafen würden wir ja ohnehin nicht. Wir hatten schließlich eine Mission! Carlas jüngste Cousine und ich bastelten vor dem Abendessen noch unsere gruseligen Masken, die wirklich furchterregnd waren. Dabei würden sich die Pferde auf jeden Fall erschrecken! Nach dem Abendessen trafen wir uns für ein letztes Gespräch in Carlas Zimmer, um den Vorgang noch einmal zu besprechen. Nachdem alle ihre Aufgaben verstanden hatten, gingen sie zurück in ihre Zimmer, ich blieb noch einen Moment bei Carla. Ihr neues Schwert lehnte glänzend an ihrem Schrank, während sie es immer wieder ansah.
"Du bist stolz auf dein Schwert, oder?", fragte ich nach, sie nickte.
"Ja, definitiv. Ich habe heute Morgen auch schon fleißig damit geübt, um ein gutes Gefühl dafür zu bekommen. Abuela mag es zwar nicht, dass ich ein Schwert habe, aber ich mag es sehr. Damit fühle ich mich sicherer und mächtiger", antwortete sie.
"Du bist später aber vorsichtig damit, ja?", bat ich. "Ich will nicht, dass du irgendwie die Kontrolle darüber verlierst und Sachen tust, die du nicht willst."
"Mach dir keine Sorgen, Luca, ich kriege das hin!", wehrte sie leichthin ab. "Wie gesagt, ich habe geübt!" Ich seufzte.
"Na gut, in Ordnung, ich vertraue dir, amor", erwiderte ich und gab ihr einen Kuss. "Ich mache mir ja nur Sorgen um dich."
"Brauchst du nicht, ehrlich. Wir müssen uns heute Abend einfach anstrengen, ich will allen beweisen, dass Papá nichts getan hat, damit er endlich wieder zu uns kann! Ich vermisse ihn wirklich und dabei ist er nicht einmal wirklich weg", meinte sie, ich nahm sie in den Arm.
"Wir schaffen das, versprochen. Dein Vater wird spätestens morgen früh wieder bei euch sein, dafür sorgen wir schon."

Wenige Stunden später war es soweit. Wir schlichen uns aus dem Haus, versprachen Casita, dass alles gut werden würde und liefen dann in den Wald. Camilo hatte sich bereits ein Pferd geliehen und kam uns damit hinterher, während wir an unseren jeweiligen Position in Deckung gingen. Mirabel und ich versteckten uns hinter einer kleinen Hecke, ließen die Masken aber noch unten. Wir mussten ja erst noch auf das Signal von Dolores oder Luna warten. Dolores stand am Anfang des Waldes versteckt, Luna war näher bei uns in die Baumkronen geflogen, um für die Reiter unentdeckt zu bleiben. Wir konnten sie von hier aus aber gut sehen. Sie lehnte gelassen auf einem Ast und starrte nach unten auf den Boden, während sie entspannt ihre Beine in der Luft baumeln ließ. Obwohl eine Menge an dieser Mission hing, wirkte sie absolut entspannt, aber ich wusste genau, dass sie genauso angespannt war wie wir alle. Jetzt hing alles an uns. Wenn wir die Diebe fassten, konnte Bruno zurückkommen, aber wenn nicht, dann würde er sicherlich für immer hinter den Wänden bleiben und Carla und die Zwillinge würden ihren Vater nur noch wie einen Gast besuchen. Das durfte ich nicht zulassen, das musste jetzt einfach klappen! Ich sah Mirabel an, die nervös an ihren kurzen, schwarzen Locken spielte. Sie wollte ihren tío auch so schnell es ging zurückhaben, das wusste ich genau.
"Aufgeregt, Mira?", flüsterte ich ihr leise zu, sie sah mich an und nickte.
"Ja, sehr. Was ist, wenn das nicht klappt? Dann kommt tío Bruno nicht zurück und ich hab niemand mehr, der so toll mit mir spielt! Er kann das so unglaublich gut! Und wenn wir es nicht schaffen, die Diebe zu finden, dann bekommen wir auch nicht die Sachen aus dem Dorf und unsere Kerze zurück!", antwortete sie mir nervös, worauf ich sie beruhigend anlächelte.
"Mach dir keine Sorgen, wir schaffen das. Du wirst bald wieder mit Bruno spielen und nähen können, da bin ich mir sicher. Wir kriegen die bösen Jungs schon, und die Beute auch. Dann können wir allen ihre Sachen auch wieder zurückbringen", beruhigte ich sie und strich ihr über den Rücken. "Deine Cousine und ich haben das gut geplant, wir haben auch einen kleinen Notfallplan. Viel kann also gar nicht schiefgehen!" Sie nickte und zog einen losen Faden aus ihrem bunten Kleid.
"Na gut, ok", murmelte sie zustimmend und kauerte sich hinter der Hecke zusammen. Plötzlich schreckte Luna auf, worauf ich zu ihr sah. Sie lehnte sich weiter nach vorne und drehte sich dann zu uns um, um uns einen Daumen nach oben zu zeigen. Die Diebe waren auf dem Weg. Ich erwiderte ihren Daumen hoch und sah Mirabel an.
"Los, wir müssen uns verkleiden. Sie kommen", flüsterte ich ihr zu, worauf wir uns die Masken überzogen, auf die wir gruselige Fratzen gemalt hatten, um die Pferde zu erschrecken. Wir blieben hinter dem Busch sitzen, bis wir leises Hufgetrampel hörten. Sekundenspäter bebte die Erde, als ein Baum auf den Boden fiel und einen lauten Knall von sich gab. Die Pferde wieherten erschrocken auf, bevor das Hufgetrampel lauter wurde, ebenso wie die erschrockenen Rufe der Männer. Sie schienen sich vor Camilo und dem Baum erschreckt zu haben und suchten jetzt nur noch nach einem Ausgang, um sich verstecken zu können. Ein Versteck würden wir ihnen liefern, darauf konnten sie Gift nehmen! Als das Hufgetrampel schließlich schon sehr laut war und wir die Vibration der Hufe auf dem Boden spürten, nickte ich Mirabel zu. Wir sprangen hinter dem Busch hervor und begannen zu schreien, worauf die Pferde wenige Meter vor uns wie erwartet stiegen und ihre Reiter abwarfen. Sie galoppierten in den Wald davon, während die Männer sich aufrappelten. Sie wollten auf uns zukommen, aber da kam Estrella in der Gestalt eines schwarzen Jaguars hervor und knurrte die Männer an, die daraufhin sofort den Weg in die Berge hinauf flohen. Estrella fauchte laut, bevor sie ihnen nachrannte, um sie in eine der Höhlen zu treiben. Es hatte geklappt! Mirabel und ich zogen uns unsere Masken aus, während alle anderen zu uns kamen. Wir folgten Estrellas Spuren den Berg hinauf und fanden sie schließlich vor einer Höhle stehen und die Diebe anknurren, die sich darin zusammengekauert hatten. Perfekt, alles war nach Plan verlaufen. Jetzt war Carla dran.

Ich brauche dich, Bruno 5 - Verzweifelte Hoffnung Where stories live. Discover now