Kapitel 4

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BRUNO

"Papá, Luca ist da!", rief Luna aufgeregt, als sie mit Estrella zurück zu uns gerannt kam.
"Ja, wir haben ihn gesehen", erwiderte ich. "Und? Spielt er mit euch?" Die Zwillinge nickten aufgeregt.
"Ja, er bringt bloß noch sein Gepäck weg!", antwortete Estrella mir.
"Nehmt ihm Carla aber nicht weg, hört ihr? Die beiden haben sich über ein Jahr lang nicht mehr gesehen und ich kann mir vorstellen, dass sie auch gerne etwas Zeit zu zweit hätten", wandte Lia ein, während sie Julieta half, die frischen Arepas auf den Tisch zu stellen.
"Wir haben ihn doch auch schon lange nicht mehr gesehen! Wir wollen auch wieder mit ihm spielen, nicht nur Carla! Das wäre sonst total unfair!", beschwerten die zwei sich, Lia lachte.
"Ich weiß, aber Luca und Carla sind ein Paar, schon vergessen? Sie lieben sich und sie brauchen auch etwas Zeit zu zweit. Aber ich bin mir sehr sicher, dass ihr trotzdem noch ganz viel mit Luca spielen könnt", erklärte sie.
"Und solange könnt ihr mir ja hier helfen", wandte Julieta jetzt ein. "Ich könnte jemanden gebrauchen, der den Leuten Bescheid sagt, dass ich jetzt da bin."
"Machen wir, tía!", rief Luna, bevor sie mit Estrella davonrannte und sie Julietas Ankunft im Dorf durch alle Straßen brüllten. Dass meine Schwester ihrer Pflicht nachging, hatten Lucas Eltern in Medellín bei diesem Geschrei sicher auch noch mitbekommen! Ich musste unwillkürlich lachen.
"Sie könnten die frohe Kunde auch leise verkünden, aber nein, die ganze Welt muss es wissen", sagte ich und schüttelte den Kopf. "Die zwei haben wirklich zu viel Energie! So wie du früher." Ich grinste Lia an, die lachen musste.
"So schlimm war ich auch nicht!", wehrte sie ab, aber Julieta nickte.
"Oh doch! Was glaubst du, wie viele meiner Arepas du in deinem Leben schon gebraucht hast? Tausend waren es bestimmt schon! Als Kind hattest du alle fünf Minuten irgendeine Schramme!", widersprach sie ihr entschieden. "Entweder bist du beim Klettern gestürzt, beim Rennen oder du hast mit den Tieren im Wald gespielt und wurdest gekratzt. Irgendetwas war immer."
"Ja, und meistens musste ich dich dann auch noch tragen!", fügte ich hinzu, Lia lachte wieder.
"Na gut, ihr zwei habt ja recht. Dann können wir ja bloß froh sein, dass die Zwilinge sich nicht so oft verletzen, was?", erwiderte sie, ich nickte.
"Auf jeden Fall!", stimmte ich ihr schnell zu.
Zehn Minuten später kamen Luca und Carla Hand in Hand zurück. Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr, er nickte nur und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Die beiden waren wirklich süß zusammen. Sie kamen zu uns, als sie uns am Tisch stehen sahen.
"Hallo, Bruno, hallo, Amalia, hallo Julieta. Schön, euch mal wieder zu sehen", meinte Luca höflich und lächelte uns an.
"Wir freuen uns auch, dass du mal wieder hier bist", erwiderte Lia lächelnd. "Und vor allem freuen wir uns, dass du auch hier bleibst."
"Zumindest habe ich das vor. Und wenn Alma zustimmt, dass ich mein Restaurant aufmachen kann, dann kann ich auch wirklich für immer hierbleiben. Meine Wohnung sollte morgen soweit sein", erwiderte Luca.
"Das klingt doch wirklich toll. Wo ist deine Wohnung denn?", fragte ich neugierig nach, worauf Luca hinter sich zeigte.
"Da oben, die mit dem Balkon", antwortete er.
"Das ist eine wirklich schöne Wohnung", meinte ich, er nickte.
"Ja, das hoffe ich zumindest. Ich habe sie noch nicht gesehen", meinte Luca, doch da kamen die Zwillinge zurück und zogen an Lucas Hand.
"Gehst du jetzt mit uns spielen?", bat Estrella, Luca grinste.
"Na klar! Worauf habt ihr denn Lust?", fragte er nach.
"Prinzessin und böser Magier!", antwortete Luna, er grinste.
"Ach ja? Ihr wollt euch wirklich mit dem bösen Magier anlegen? Er hat ein ganzes Jahr lang geübt!", mahnte er grinsend, die Zwillinge nickten.
"Wir auch!", erwiderten die Kleinen aufgeregt, er lachte.
"Tja, dann mal los. Was sehen, was ihr alles gelernt habt", meinte er, bevor die beiden ihn davonzogen. Ich sah meine älteste Tochter an.
"Ist das ok für dich, Carlita?", fragte ich nach, sie nickte.
"Ja, Luca und ich haben das so besprochen. Er spielt jetzt eine Stunde mit den Zwillingen und dann kommt er zurück. Ich kann euch solange ja helfen", antwortete sie. "Also? Wie kann ich helfen?"

Abends lag ich hundemüde im Bett. Luca hatte sich zwar um die Zwillinge gekümmert, aber sie waren so aufgedreht gewesen, dass es zur Qual geworden war, die zwei ins Bett zu kriegen. Jetzt war ich hundemüde und schloss die Augen, während Lia noch im Bad war. Noch bevor sie zurückkam, schlief ich allerdings schon ein.

Das Dorf lag verlassen da. Tot und verlassen. Wie ausgefegt. Keiner war auf den Straßen, die Türen und Fenster standen weit offen. Wo waren alle? Wieso war die Stadt so ausgestorben? Ich ging auf eines der Häuser zu, aber als ich die Tür öffnete, war das Haus leer und verwüstet. Was war hier passiert? Ich sah mich um und lief zurück zu Casita. Als ich eintrat, war auch dort niemand und ich befand mich plötzlich in meinem alten Geheimzimmer. Was sollte das? Ich ging zu dem kleinen Spalt in der Wand und sah hindurch. Meine ganze Familie saß am Esstisch. Wieso war ich nicht bei ihnen?
"Wie gut, dass Bruno endlich weg ist", hörte ich Mamá sagen. "Er hat das Dorf zerstört!" Was? Ich hatte das Dorf zerstört? Aber wieso? Und wie? Was passierte hier nur? Alle stimmten Mamá zu und mir liefen Tränen über die Wange. Sie hassten mich. Sie wollten mich nicht bei sich haben. Was hatte ich nur getan?

Schweißgebadet schreckte ich aus dem Schlaf hoch. Was war das nur für ein schrecklicher Traum gewesen? Mein ganzer Körper war verschwitzt und mein Herz hämmerte wie verrückt gegen meine Rippen. Was hatte ich da geträumt? Wieso sollte meine Familie mich verstoßen und hassen? Ich sah mich panisch um und seufzte erleichtert, als ich Lia neben mir liegen sah. Sie war noch hier. Sie hatte mich nicht verlassen. Mein Herz beruhigte sich langsam wieder und ich legte mich wieder hin, während ich Lia stark an mich drückte. Ich wollte sie nie wieder loslassen, ich brauchte sie! Morgen musste ich dringend mit ihr über diesen Traum reden! Ich drückte sie stark an mich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
"Ich liebe dich, mi vida. Ich liebe dich. Verlass mich bitte nicht, hörst du? Ich brauche dich! Bitte, verstoß mich nicht!", flehte ich leise, aber sie schlief tief und fest und regte sich nicht. Ich vergrub meinen Kopf in ihren Haaren und schloss die Augen. Sie konnte mich nicht verstoßen! Das durfte nicht wahr! Ich brauchte meine Familie, ich liebte sie doch so sehr!

Ich brauche dich, Bruno 5 - Verzweifelte Hoffnung Where stories live. Discover now