Kapitel 12

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BRUNO

Es vergingen einige Tage, in denen nichts weiter passierte und auch Sofía entschuldigte sich bei mir. Alles schien also wieder gut zu werden. Vielleicht hatte ich vor einigen Tagen wirklich nur überreagiert. Zum Glück hatte Lia mich gefunden und mich etwas aufgemuntert, dafür war ich ihr wirklich dankbar. Als wir nun einige Tage später abends im Bett lagen, hatte ich zum ersten Mal wieder ein gutes Gefühl und auch das Gefühl, endlich wieder ruhig schlafen zu können. Ich sah Lia an, die neben mir lag und in einem meiner Bücher las. Sie hatte mir erzählt, dass Carla und Luca die Kette unter unserem Fenster gefunden hatten, aber sie hatte auch gleich dazugesagt, dass mich keiner verdächtigte. Mamá hatte zwar noch einmal mit mir sprechen wollen, aber sie hatte nur klarstellen wollen, dass alles in Ordnung war und sie auch nicht glaubte, dass ich etwas mit all dem hier zu tun hatte. Ich hatte aber trotzdem das Gefühl, dass sie an irgendetwas zweifelte, was genau es war, konnte ich aber nicht sagen. Darüber grübelte ich jetzt im Bett nach, während Lia neben mir lag und mithilfe des Kerzenscheins las. Ich sah meine Frau an und musste lächeln. Das Kerzenlicht tauchte ihr Gesicht in wunderschönes, sanftes Licht und sie sah so noch hübscher aus als ohnehin schon. Ihre Lippen wirkten voller und ihre Augen glänzten richtig, während sie konzentriert an ihrem Fingernagel knabberte. Ich musste lächeln und als sie die Seite umblätterte, konnte ich nicht anders, als sie zu küssen. Sie lächelte und kicherte leise, bevor sie den Kuss erwiderte. Ich ließ wieder von ihr ab, worauf sie leise lachte.
"Was sollte das denn, querido?", fragte sie grinsend nach.
"Nichts, ich wollte dir nur zeigen, dass ich dich liebe, mi vida", antwortete ich, was sie wieder zum Lächeln brachte.
"Das weiß ich doch, amor. Und ich liebe dich auch, das weißt du hoffentlich auch", erwiderte sie, ich nickte und gab ihr wieder einen Kuss.
"Ja, das weiß ich", stimmte ich zu und lehnte meinen Kopf an ihre Brust. "Was genau liest du da eigentlich?"
"Las dos mariposas enamoradas", antwortete sie und hielt das Buch näher zu mir, damit ich mitlesen konnte. "Weißt du noch? Du hast mir das Buch zu meinem letzten Geburtstag geschenkt. Ich bin erst jetzt dazu gekommen, es mal anzufangen. Deine Bücher habe ich schon alle durch! Das Letzte habe ich gestern fertig gelesen." Ich nickte.
"Ja, ich weiß noch, dass ich dir dieses Buch geschenkt habe", erwiderte ich. "Ich weiß ja schließlich, wie gerne du liest."
"Ja, das weißt du wirklich." Ich nahm sie in den Arm und kuschelte mich an sie, sie lachte und legte mir ebenfalls einen Arm um die Schulter. "Wieso bist du heute so kuschelig, Brunito? Hab ich etwas verpasst?" Ich schüttelte den Kopf.
"Nein, ich will heute einfach nur ein bisschen romantisch sein, das ist alles", erwiderte ich und sah sie an, worauf sie lachte und das Buch zur Seite legte. Sie kuschelte sich zu mir und strich mir durch die dunklen Locken, während sie mir einen Kuss auf die Stirn gab.
"Dann sei romantisch", flüsterte sie mir zu. "Du weißt ja, dass ich das gern habe."
"Ja, das weiß ich", murmelte ich und drückte sie an mich. "Und wir hatten in letzter Zeit nicht allzu viel Zeit zusammen."
"Das stimmt, ja. Es war eben eine Menge zu tun und die Kinder beanspruchen auch sehr viel Zeit", gab sie zu und sah mich an. "Dafür haben wir ja jetzt Zeit."
"Ja, zum Glück." Sie gab mir einen Kuss, den ich erwiderte, doch wir wurden unterbrochen, als die Tür plötzlich aufging. So viel zu unserer Zeit! Ich seufzte und ließ von Lia ab. "Wir beenden das später."
"Auf jeden Fall, mi vida." Wir drehten uns zur Tür um. Luna und Estrella standen mit ihren Plüschtieren dort. "Lita? Lunita? Was ist los?" Die Kleinen kamen zu uns ans Bett.
"Wir hatten beide einen Alptraum. Können wir bei euch schlafen?", bat Luna, wir nickten.
"Natürlich, ihr Mäuse, kommt her", stimmte ich schnell zu, also krabbelten sie zu uns unter die Decke und kuschelten sich an uns. Ich nahm Estrella und Lia Luna in den Arm, bevor ich meiner Tochter einen Kuss auf die Stirn gab. "Keine Sorge, mis princesas, wir beschützen euch. Der Alptraum kann euch nichts tun, versprochen."
"Danke, Papá", murmelten meine Töchter, bevor sie die Augen schlossen. Ich sah Lia an, die nur lächelte und die Schultern zuckte.
"Gute Nacht, amor."
"Gute Nacht, mi vida."

Am nächsten Morgen wurde ich davon geweckt, dass ich auf den Boden fiel. Müde rieb ich mir die Augen und setzte mich auf. Wieso lag ich auf dem Boden? Ich zog mich zurück auf das Bett und sah, dass Luna und Estrella breitbeinig wie Seesterne auf dem Bett lagen, sodass ich auf den Boden gefallen war und Lia auch nur noch auf dem letzten Millimeter ihrer Seite lag.
"Ay, mis niñas pequeñas", seufzte ich lächelnd und setzte mich wieder zurück auf das Bett, bevor ich den Kleinen jeweils einen Kuss auf die Stirn gab. Sie breiteten sich immer im Bett aus, das war nichts Neues, aber trotzdem fiel ich jedes Mal aus dem Bett und wunderte mich darüber. Dabei war es doch wirklich klar, dass die Mädchen mich unbeabsichtigt aus dem Bett geworfen hatten! Ich ließ meine Mädchen schlafen und stand auf, um mir meinen Poncho überzuziehen und dann nach unten zu gehen. Die Sonne ging gerade erst über dem Berg auf und es war keiner außer mir wach. Ich beschloss, einen kleinen Morgenspaziergang zu machen, kochen konnte ich ja schließlich nicht, ohne das Haus abzufackeln. Also lief ich hinunter ins Dorf, in dem selbst zu dieser frühen Stunde schon eine Menge los war. Die Leute begrüßten mich höflich, als ich vorbeikam, ich grüßte höflich zurück und beschloss, etwas Frühstück für die Familie zu holen. Julieta musste ja auch nicht jeden Morgen kochen! Also lief ich zu Sofía in die Bäckerei, die auch dieses Mal wieder am Tresen stand. Sie trug ihre Kette wieder und lächelte mich an, als ich reinkam.
"Buenos días, Bruno. Danke noch einmal, dass deine Tochter meine Kette gefunden hat! Und es tut mir leid, dich beschuldigt zu haben!", sagte sie, ich winkte gelassen ab.
"Ach, schon vergessen! Du hast es ja nicht böse gemeint, das ist kein Problem", wehrte ich schnell ab.
"Das freut mich, danke. Also, was kann ich für dich tun?"
"Ich will nur etwas zum Frühstücken holen, das ist alles. Pack mir einfach ein paar Sachen ein", antwortete ich, also machte sie sich in der Auslage zu schaffen.
"Sebastián hat übrigens erzählt, dass er Pech bei der Ernte haben wird und dass das deine Schuld wäre. Ich will dir nur sagen, dass das nicht wahr ist, ja? Hör nicht auf ihn, ja?", sagte sie, ich nickte und lächelte sie an.
"Danke, Sofía, das ist nett von dir zu sagen", erwiderte ich und nahm die kleine Tüte entgegen, die sie mir hinhielt, bevor ich bezahlte.
"Natürlich doch, gerne", meinte sie. "Wir wissen, dass du ein guter Mensch bist, du würdest nichts freiwillig zerstören! Mach dir da keine Sorgen, ja?"
"Ja, danke dir und noch einen schönen Tag."
"Dir auch." Ich verließ die Bäckerei wieder, bevor ich zurück nach Hause laufen wollte, aber wurde da von einer jungen Frau aufgehalten. Ich glaubte, dass sie Ana hieß.
"Entschuldigung, du bist Bruno, oder?", fragte sie, ich nickte.
"Ja, wieso?", fragte ich nach.
"Du hast doch Sebastián diese schlechte Vorhersage gemacht, oder?", erwiderte sie, ich nickte.
"Ja, das habe ich", gab ich unsicher zu.
"Nichts für Ungut, aber... ich feiere morgen meinen Geburtstag und ich... ähm... ich wollte dich bitten, vielleicht nicht zu kommen. Ich möchte kein Pech haben und ich hab gehört, dass du Unglück bringst. Tut mir leid", sagte sie und lief dann wieder davon. Ich blieb verdutzt und niedergeschlagen stehen. Ich brachte Unglück. Das dachte das Dorf also wieder. Ich schluckte und griff in meine Tasche, um etwas Salz herauszuholen und es mir über die Schulter zu werfen. Ich brachte Unglück. Ich musste das verhindern, sofort!

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Jetzt ist das Kapitel etwas länger geworden als gedacht :). Ich habe meine Prüfung zum Glück hinter mir und kann mich mehr auf das Schreiben konzentrieren :). Ich hoffe, euch gefällt die Geschichte bisher! Schreibt gerne etwas Feedback oder Vorschläge in die Kommentare, bin mir nämlich gerade irgendwie unsicher😅. Weiterhin viel Spaß bei meinen Geschichten und danke für euren Support🥰🥰! Ich hätte nie gedacht, dass sich überhaupt so viele Leute für meine Geschichten interessieren! Also lasst gerne wieder etwas Feedback oder Vorschläge da!

Cassy

Ich brauche dich, Bruno 5 - Verzweifelte Hoffnung Where stories live. Discover now