Kapitel 25

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AMALIA

Enttäuscht über Bruno, aber auch über mich, lief ich weinend ins Dorf. Ich war besonders bedacht darauf, keinem aus der Familie zu begegnen. Ich musste dringend mit meiner Mutter sprechen und davon sollten die Kinder nichts mitbekommen. Sonst würden sie nur noch trauriger werden, weil Bruno und ich uns gestritten hatten. Sehr heftig sogar. Ich hatte ihm quasi gesagt, dass ich ihn nie wieder sehen wollte und auch irgendwie mit ihm Schluss gemacht. Was hatte ich da nur getan? Ich wischte mir die Tränen aus den Augen, aber sie kamen trotzdem immer wieder zurück, sodass ich es schließlich aufgab und tränenüberströmt bei meiner Mutter klopfte. Als sie mir die Tür öffnete, lächelte sie erst, doch als sie bemerkte, dass ich weinte, wurde ihr Gesicht ernst und sie nahm mich in den Arm.
"Lia, mi vida, was ist passiert?", fragte sie besorgt nach. "Ist es wegen Bruno? Weil er weg ist?" Ich schüttelte den Kopf und sah sie an.
"Können wir reingehen? Ich möchte nicht, dass es alle mitbekommen", schluchzte ich, sie nickte und schob mich ins Esszimmer, damit wir uns setzen konnten.
"Was ist passiert? Erzähl es mir", fragte sie besorgt nach und hielt mir ein Taschentuch hin, das ich annahm. Ich wischte mir eilig über die Augen und holte tief Luft, bevor ich meine Mutter ansah.
"Bruno ist nicht wirklich weg, Mamá. Er versteckt sich in seinem Geheimzimmer, weil er glaubt, dass es so für alle besser ist. Sag es aber keinem, ja? Er will nicht, dass es jemand weiß. Jedenfalls war ich gerade bei ihm, um mit ihm zu reden, weil die Kinder heute Morgen deswegen in Tränen ausgebrochen sind. Ich wollte, dass er seine depressiven Gedanken zur Seite lässt und wieder zu uns kommt, weil es so einfach nicht weitergeht! Er hat mich angeschrien und ich habe zurück geschrien und wir hatten einen riesigen Streit! Mamá, ich hasse mich, ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht! Ich hab ihm meinen Ehering hingeworfen und ihm gesagt, dass ich nie wieder zu ihm komme! Ich habe quasi mit ihm Schluss gemacht! Das war nur aus dem Affekt gesagt, aber ich fühle mich so schrecklich! Ich habe meine Familie zerstört!", erklärte ich schluchzend, worauf Mamá mich in den Arm nahm und an sich drückte.
"Ay, mi amor, das klingt wirklich schlimm! Aber wenn das nur aus dem Affekt gesagt war, dann weiß Bruno das auch! Er kennt und liebt dich doch! Ihr müsst noch einmal miteinander sprechen! Ich bin mir sicher, dass ihr beide Sachen gesagt habt, die nicht so gemeint waren. Ihr liebt euch viel zu sehr, um euch einfach zu trennen!", versuchte sie mich zu beruhigen, aber ich konnte trotzdem nicht aufhören zu weinen.
"Mamá, ich habe ihm gerade gesagt, dass ich ihn nie wieder sehen will und ihm meinen Ring zurück gegeben! Ich habe mich schon von ihm getrennt!", schrie ich verzweifelt. "Wieso war ich nur so blöd?! Bruno hasst mich jetzt bestimmt!" Sie schüttelte den Kopf.
"Das tut er bestimmt nicht, Lia. Er wird wissen, dass es nicht so gemeint war. Ihr müsst euch aussprechen, hörst du? Nur das wird es besser machen", erwiderte sie, ich schüttelte den Kopf.
"Ich kann das jetzt nicht", murmelte ich. "Das alles steckt mir noch zu sehr in den Knochen." Mamá seufzte und nickte.
"Das verstehe ich sehr gut, amor, aber je schneller desto besser", meinte sie. "Aber jetzt beruhigst du dich erstmal und ich mache dir einen Kaffee. Wir können ja immerhin von Glück sprechen, dass du nicht Pepa bist, sonst würde das Dorf nicht mehr stehen!" Das brachte mich unwillkürlich zum Lächeln.
"Pepa meint es nicht böse, Mamá. Sie hat sich nur nicht immer im Griff", erwiderte ich und war wirklich froh über diesen Themenwechsel.
"Das weiß ich doch, Lia. Sie ist ja auch sehr nett, sie braucht nur ab und an mal ein wenig emotionale Unterstützung", sagte Mamá und stellte mir eine Tasse Kaffee hin, die ich dankend annahm. "Wie geht es eigentlich den Kindern? Ich hab sie seit Tagen nicht mehr gesehen."
"Sie leiden sehr unter der Situation, aber ansonsten ist alles in Ordnung", antwortete ich knapp. "Sie dürfen hiervon aber nichts mitbekommen, ja?"
"Natürlich nicht, mach dir keine Sorgen." Da klopfte es an die Tür, worauf Mamá aufstand und sie öffnete. Carla stand davor und kam zu mir.
"Was ist los, Mamá? Ich hab deine aufgeregte Stimme gehört. Was ist passiert?", fragte sie besorgt und setzte sich zu uns, während sie mich musterte. "Und wo ist dein Ehering?" Ich seufzte und sah Mamá an, doch die nickte. Also sah ich meine älteste Tochter an.
"Bei deinem Vater", antwortete ich ihr schließlich knapp und war schon wieder den Tränen nah.
"Bei Papá? Was macht dein Ring bei Papá?", fragte sie verwirrt nach. Ich schüttelte nur den Kopf und begann wieder zu weinen, worauf Mamá sie ansah und mir eine Hand auf die Schulter legte.
"Deine Eltern hatten einen schlimmen Streit, Carlita. Sie haben beide Sachen gesagt, die so nicht gemeint waren und die aus dem Ruder gelaufen sind. Aber es wird alles wieder gut, versprochen", erklärte sie, worauf Carla mich erschrocken ansah.
"Ihr habt euch gestritten? Aber... ihr habt euch doch noch nie gestritten! Und wenn du deinen Ring nicht mehr hast, habt ihr euch dann getrennt?", fragte sie fassungslos nach.
"Ich... ich weiß es nicht, Carla. Ich wollte es nicht, ich hab das alles nur aus dem Affekt gesagt. Ich will mich nicht von deinem Vater trennen, ich liebe ihn! Ich war nur so wütend und bin durchgedreht! Das ist keine Entschuldigung für das, was ich zu ihm gesagt habe, aber es erklärt es hoffentlich. Ihr solltet das auch eigentlich nicht mitbekommen", erwiderte ich und sah sie an, während ich mir die Tränen aus den Augen wischte. "Ich brauche gerade nur ein bisschen Abstand, verstehst du das, mi vida?" Carla nickte.
"Ja, schon, aber ihr müsst doch miteinander reden! Ihr müsst das klären!", wandte sie ein.
"Ich weiß, amor, aber im Moment kann ich das nicht. Ich brauche erstmal ein bisschen Abstand und Ruhe, um über alles in Ruhe nachzudenken", erwiderte ich. "Kannst du dich bitte um deine Schwestern kümmern? Ich will nicht, dass die beiden etwas davon mitbekommen."
"Ich bringe sie zu Mirabel und Camilo und dann kümmere ich mich erstmal um euch! Ich will nicht, dass diese Familie noch mehr zerbricht", erwiderte sie und stand auf. "Bleib einfach hier, Mamá. Ich kriege das wieder hin." Bevor ich noch etwas sagen konnte, war Carla aus der Tür gestürmt. So sehr es mich auch freute, dass Carla uns helfen wollte und sich um uns kümmerte, aber ich wusste nicht, ob sie sich nicht gerade zu viel aufhalste. Es war Brunos und mein Streit, nicht ihrer. Sie sollte sich nicht darum kümmern müssen, sie war doch unser kleines Mädchen! Bruno und ich mussten das alleine hinbekommen. Hoffentlich konnte er mir meine Dummheiten verzeihen!

Ich brauche dich, Bruno 5 - Verzweifelte Hoffnung Where stories live. Discover now