Kapitel 13

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Es war eine Woche seit dem Fest vergangen und Lucia und Bruno waren so gut wie fertig mit seinem Zimmer hinter den Wänden. Das Einzige, was noch fehlte waren kleine Attraktionen für seine Ratten, ansonsten hatte er jetzt alles, was er brauchte: Ein Sessel, eine Hängematte, einen Tisch und Stühle, noch mehr Stühle aus Fässern, eine Eimerlampe, seine Bücher und Regale, wo sie bereits allerlei Kram draufgestapelt hatten.

Sie hatten ihre Köpfe angestrengt und waren auf die skurrilsten Ideen gekommen, wie ein kleines Theater oder ein Labyrinth. Und da sie zurzeit nichts Besseres zu tun hatten, machten sie sich an die Arbeit, diese Ideen umzusetzen.

Bruno saß auf dem Boden und schnitt roten Stoff zurecht, damit man ihn als Vorhänge benutzen konnte, während Lucia am Tisch saß und kleine Karten malte, die Löcher hatten, wo die Ratten ihre Köpfe durchstecken konnten. „Hast du eine Idee, was für eine Telenovela das hier sein könnte?", fragte sie und hielt ein Bild hoch, was eine nächtliche Szene auf einem Balkon zeigte, wo ein Mann und Frau standen.

Bruno überlegte einen Moment. „Oh!", rief er. „Wie wäre es mit einer Tante, die Amnesie hat, und sich in ihren Neffen verliebt, weil sie ja nicht mehr weiß, dass sie seine Tante ist. Eine also sehr, sehr verbotene Liebe ..."

Lucia runzelte die Stirn und sah ihn schief an. Sie war einen Moment lang sprachlos, bis sie aber die Schultern zuckte. „Okay, warum nicht?", sie stand auf und setzte sich zu ihm auf den Boden. „Brauchst du noch Hilfe?", fragte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter.

Bruno lehnte seinen Kopf an ihren an. „Eigentlich nicht, nein.", er hob die Stoffstücke hoch. „Müsste passen, oder?", sie nickte. „Ich beneide dich um deine Handwerksfähigkeiten."

Er grinste und drehte sich zu ihr um. „Und ich dich um deine künstlerischen Fähigkeiten.", er zog ihr Gesicht zu sich und küsste sie.

„Was für ein gutes Team wir doch sind", murmelte sie in den Kuss hinein.

An diesem Tag waren nicht nur Lucia und Agustín zum Mittagessen bei den Madrigals eingeladen, sondern auch Félix. Weder Bruno noch Lucia hatten Pepa und Félix gegenüber jemals erwähnt, dass sie die beiden erwischt hatten, und das hatten sie gewiss auch nicht vor.

Noch hatten sie Zeit, bis sie zum Essen erscheinen mussten, weshalb sie sich in Brunos altes Zimmer zurückgezogen hatten. Sie wollten nicht riskieren, dass jemand auf der Suche nach ihnen auf das Gemälde mit dem Eingang dahinter traf. Das war ein Geheimnis, welches nur sie miteinander teilten.
Sie lagen auf dem Bett, Lucia in Brunos Armen, während sie Amigo auf ihren Händen balancieren ließ. Bruno spielte mit Lucias Haaren, die sich wirr auf dem Kissen ausgebreitet hatten, wie sie es immer taten, wenn sie sich hinlegte.

„Weißt du", fing Lucia plötzlich zu reden an und unterbrach die Stille. „ich habe nachgedacht"

„Das ist ja eine Neuigkeit", grinste Bruno, bereute es aber sofort, denn Lucia schenkte ihm einen fiesen Blick.

„Jedenfalls", sie ging nicht weiter auf seinen Kommentar ein, was ihm nur ein noch größeres Grinsen brachte. „habe ich darüber nachgedacht, dass ich dir von meinem Vorhaben erzählen möchte"

„Deinem Vorhaben?", wiederholte Bruno und hob seine Augenbrauen. „Was für ein Vorhaben?"

„Ich werde mich am Theater in meiner Heimatstadt bewerben", sie sah ihn stolz an. „Ich weiß, es ist nicht sicher, ob sie mich annehmen würden, aber ich kann doch versuchen, nicht? Ich träume schon seit Jahren davon auf einer Bühne vor vielen Menschen Stücke aufzuführen und wenn ich es nicht jetzt versuche, dann werde ich es nie tun."

Bruno wusste nicht, was er sagen sollte. Er wollte nicht, dass Lucia ging. Er liebte sie, er wollte sie immer in seiner Nähe haben. Wenn es nach ihm ginge, würde sie nie wieder von seiner Seite weichen, aber es ging nicht nach ihm, sondern nach ihr. Schließlich war es ihr Leben, also sagte er: „Das ist ja großartig!"

Ich sehe dich, BrunoWhere stories live. Discover now