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„Warum redest du nicht mit mir?", fragte ich Jungkook leise. Er hatte die Arme vor seiner Brust verschränkt, während er einen Schmollmund zog.

„Weil du den besten und gleichzeitig letzten Donut ganz alleine gegessen hast, obwohl ich meinte, dass ich ihn nehme und mit dir teile!", maulte der Jüngere und hatte dabei seinen Kopf gesenkt. Auch wenn es nicht der richtige Moment dazu war, konnte ich mir ein leises Lachen dennoch nicht verkneifen.

„Es war doch nur ein Donut! Wenn du möchtest, dann kaufe ich dir fünf davon für dich ganz allein", erwiderte ich, während ich eine Strähne aus seinem Gesicht strich.

Fast schon zischend, rutschte Jungkook ein Stück von mir, was nur dazu führte, dass ich eine größere Verwirrung spürte als zuvor.

„Das ist es ja! Ein Donut ist Essen und bei Essen hört der Spaß für mich auf", sagte der Kleinere und stand von dem Sofa auf. „Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich es jetzt präferieren, in die Bäckerei zu fahren, weil du mir soeben fünf dieser Donuts versprachst."

„Warum so eloquent?", fragte ich, als ich lachend von Sofa Ausland. „Und ja, lass uns hinfahren."
Ich griff Jungkooks Hand und verschränkte die mit meiner, sodass wir zusammen in den Flur gingen, wo wir uns Jacke und Schuhe anzogen.

„Ich würde lieber zu Fuß gehen, denn frische Luft wäre gerade eigentlich ganz schön", sagte ich und öffnete meine Haustür. Jungkook empfand meine Idee nicht als nicht ganz so aufregend, weshalb er mir nur schleppend nah draußen in die Kälte folgte, welche man jedoch aufgrund unserer dicken Kleidung kaum spürte.

Händchen haltend liefen wir also durch die Stadt, beide mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und einem rasenden Herzen. Es erinnerte mich zurück an meine Jugend, an meinen ersten Freund den ich hatte.

Vor zehn Jahren konnten wir das nicht tun, ohne von allen Seiten dumm angemacht zu werden, vor allem hier in Korea. Es galt schon fast als Sünde auf das gleiche Geschlecht zu stehen, weshalb es nicht gern gesehen wurde, zur Zeit werden auch die Menschen in Südkorea offener, was das Thema Homosexualität angeht, weshalb kaum Blicke auf uns liegen, denn wir sind ein Paar, wie jedes andere auch.

„Worüber denkst du nach? Du bist sonst auch nicht so ruhig", murmelte Jungkook, während er neben mir her ging.

„Alles und gleichzeitig nichts. Ich habe gerade einfach vor Augen, wie es damals war, als ich meinen ersten Freund hatte. Wir konnten nicht auf die Straße gehen, ohne dumm angemacht zu wer-den und jetzt schaut uns keiner mehr an oder interessiert sich für uns", sagte ich leise und atmete die frische Luft etwas tiefer ein, die mir ein schwacher Wind in mein Gesicht blies. „Wenn ich nur daran zurückdenke, wie abwertend die Blicke waren, die auf uns lagen, bekomme ich ein Stechen in der Brust."

„Sicher, dass dieses Stechen nicht durch die dreckigen Zigaretten kommt, die du täglich rauchst als wärst du ein Süchtiger?", fragte Jungkook, wobei es eher eine rhetorische Frage war, denn ich fand keine plausible Antwort darauf.

„Ich verstehe nicht, wieso du gerade so respektlos bist", sagte ich leise und kratzte mich am Hinterkopf, weil mich das Thema unwohl fühlen ließ.

„Wieso denn respektlos? Es ist wahr und du hörst nicht auf mich, wenn ich dir sage, wie ungesund das Rauchen ist und dass du es bisher schon an alle Grenzen bringst! Früher hast du nie wirklich nach Rauch gerochen, aber jetzt fällt mir beinahe schon die Nase ab, wenn ich in deiner Nähe bin, weil du so stinkst. Es ist einfach nur widerlich, denn auch wenn ich dich küsse, schmecke ich es. Wenn ich deine Hand halte, riecht sie danach und wenn ich bei dir bin, rieche ich plötzlich danach. Es geht mir einfach auf den Sack, dass ich ständig diesen Geruch der Zigarette deinetwegen in meiner Nase haben muss, dazu dass ich im Hinterkopf habe, dass ich dir nicht helfen kann, wenn du einem plötzlichen Schlaganfall erleidest, denn ich kann nach wie vor nicht sehen und daher auch keine Hilfe holen, wenn du nachts im Bett neben mir plötzlich im Sterben liegst! Das ist auch der Grund, wieso ich eher darauf verzichte, über Nacht bei dir zu bleiben, weil ich nicht dabei sein möchte, wenn dein Herz aufgrund des ganzen Nikotins, dass bereits in deinen Blutbahnen ist, stirbst!", schrie Jungkook schon fast. Jedes seine Worte sagte er schneller und lauter als das andere, sodass sie mich trafen, als würde er mit Steinen nach mir werfen.

Ich blieb abrupt stehen und ließ seine Hand los, jedoch wunderte ihn das nicht. Er drehte seinen Kopf nur schwach in meine Richtung, denn er hörte meinen schweren Atem.

„Entscheide dich jetzt sofort, entweder für mich oder für das Rauchen", sagte er nur, ohne dabei jegliche Mimik im Gesicht zu tragen.

Ich hätte schwören können, dass man das brechen meines Herzens bis in die Nachbarstadt hören konnte.

sextape ᵛᵏᵒᵒᵏ Où les histoires vivent. Découvrez maintenant