Epilog

15 4 2
                                    

Einst lebten Geschöpfe, von denen viele nicht die geringste Ahnung haben, doch existierten sie, aus Fleisch und Blut. Ich selbst kann es bezeugen. Meine Vergangenheit ist eine Erklärung für alles, was geschehen ist.

Einst, vor hunderten von Jahren, bezwang ein Elfenkönig vergangener Zeiten die Feuerschwänze. Die Feuerschwänze sind machtgierige Bestien, denen niemand an Kraft und Stärke überlegen war. Alle bis auf Rathrankar, dem damaligen Elfenkönig. Durch den Weg der Tücke zwang er die Feuerschwänze, dass sie nach seinem Willen handelten. Doch Mothruit, der Bekannteste aller Feuerschwänze, nahm den Elfen Irkandir in Besitz. In des Elfen Körper vollbrachte der Feuerschwanz Taten und niemand vermochte ihn zu durchschauen.

Dann kam ich auf die Welt. Ich wurde von einer Elfendame und Mothruit gezeugt. So war ich zwei Kreaturen auf einmal: Elf und Feuerschwanz. Engel und Teufel.

Ich besaß einen schwarzen Fleck in meiner Aura, doch beachtete ich ihn nicht und zeugte Asran. Vazyllanne brachte ihn auf die Welt und weil er mein Sohn war, besaß auch Asran einen schwarzen Fleck. Meiner wuchs an, nahm immer mehr meiner Aura ein, bis ich völlig verseucht war. Der böse Geist des Feuerschwanzes zwang mich, die Amulette zu erschaffen und zum Bösen zu werden. Letztendlich überlebte ich nur, weil Vazyllanne mich wieder ans Licht führte.

Wir mussten Asran töten, auch er war Fortfahre des Bösen und wäre so geworden wie ich. Das hätte ich mir nie verzeihen können.

Nachdem sich der Feuerschwanz von mir gelöst hatte und all die bösartigen Kreaturen, die ich erschaffen hatte, gestorben waren, musste ich mir mein Ansehen zurückerobern. Ich heilte jeden Verletzten, hörte mir jede Bitte an und erfüllte große Kinderwünsche. Und trotzdem vergingen mehr als 120 Jahre, als ich erneut den elfischen königlichen Hof betreten durfte. Dann war die Zeit gekommen, die Feuerschwänze endgültig zu besiegen.

Navést war verschwunden, niemand wusste, wohin. Und als wir meinen Teufel, den Feuerschwanz, der mich eingenommen und sich dann gelöst hatte, dann gefunden hatten, hatten wir gesehen, wie er mit Navést all seine Geschwister wieder aufgeweckt hatte.

Damals, nach der schon erwähnten Schlacht, überlebte nämlich nur Mothruit, alle anderen seiner Art vergingen in den lodernden Flammen der Elfen und Menschen. Doch all seine verstorbenen Geschwister wurden zurück ins Leben geholt. Und es war ein langer, ermüdender und schwerer Kampf gewesen.

Aber zum Schluss siegten wir. Die Nixen kehrten zurück in dieses Land, sie halfen uns, die Feuerschwänze und Navést zu besiegen. Und seitdem wohnen sie bei uns. Und wenn Nixen an bestimmten Orten leben, dann ist das ein Zeichen für langjährigen Frieden.

Die Elfen sind Meister der Magie geworden, ebenso wie die Zwerge, Riesen und Nixen. Nur die Zauberer bleiben unbesiegbar. Aristeas ist zum Goldenen gewählt worden. Er hat den früheren Goldenen verbannt, ich wage es nicht, seinen Namen hier zu erwähnen.

Um den Frieden, der über das Land gekommen ist, zu sichern, wartet morgen der Tod auf meinen Enkel. Ich bin von der schwarzen Macht des Feuerschwanzes geheilt, mein Plagegeist verließ mich. Bei Lyvaron aber ist dies anders. Er muss sterben, um endgültig die Feuerschwänze auszurotten.

Lyvaron hat sich in der Schlacht gegen die Feuerschwänze als Krieger bewiesen, seine Seele soll wie die von Asran auf ewig leben. Mein Enkel weiß um sich, mich, seinen Vater und den Feuerschwänzen. So ehrenhaft wie sein Vater, wird er morgen dem Tod ins Antlitz sehen, um die Geschichte, wie sie geschehen ist, nicht noch einmal durchmachen zu müssen, weil der schwarze Fleck stetig und weiterhin wächst.

Ob die Feuerschwänze nun wirklich besiegt sind, weiß niemand. Lyvarons Fleck ist heller, nicht so brutal, und doch existiert er. Mein Herz wiegt schwer in meiner Brust, wenn ich ihn morgen tot sehe, den Nachlass meines Sohns. Den Göttern sei gedankt, dass Vazyllanne in jenem Augenblick an meiner Seite stehen wird. Auch wenn Lyvaron sich seinen Tod selbst erwählte, einen einfachen Schwertstich in sein Herz, würde ich es nicht mitansehen können, wenn ich nicht wüsste, dass Lyvarons Tod die Herrschaft der Elfen und ihre bloße Existenz weiterhin sichern würde. Denn lang leben die Elfen.

Lang lebe mein Sohn.

Hrethi, mi'u.


Abschrift der heiligen Schriftrolle Asrens, nach der Zerstörung und dem Wiederaufbau Mittellands

Das fünfte Amulett (Band II der Chronik von Mittelland)Where stories live. Discover now