2.7. Die Entwicklung der Welt

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Im ersten Fall ist das ziemlich leicht, da die Figur auf demselben Stand ist wie der Leser und somit sozusagen »legal« Fragen stellen kann, die der Leser auch hat. Der zweite Fall ist schon etwas schwieriger! Dann ist es so, als würdet ihr versuchen, den Leser in eine völlig neue Welt einzuführen (so wie ihr es am Anfang eines Buches macht), die er aber schon zur Hälfte kennt. Im schlimmsten Fall langweilt er sich dann, weil er sich denkt »Ach, das kenne ich doch schon« und legt das Buch weg. Das darf nicht passieren! Um diesem Problem aus dem Weg zu gehen, könnt ihr eine der folgenden Methoden benutzen:

- Ihr ignoriert die vielen Fragen des Lesers und schreibt einfach so, als wüsste er genauso viel wie eure Figur. Das ist zwar etwas fies, funktioniert aber ziemlich gut, da er dann dazu angeregt wird, jeden Absatz aufmerksam zu lesen, um einen Hinweis darauf zu finden, was auf einmal mit dieser Welt los ist und warum der Zauber XY plötzlich verboten ist, wo er doch im ersten Band so oft vorkam XD Natürlich muss der Leser irgendwann trotzdem erfahren, was in der Zwischenzeit passiert ist. Das verpackt ihr dann in kleine Häppchen und verteilt sie nach Zufallsprinzip dort im Text, wo es gerade passt :)

- Die zweite Methode hängt davon ab, wie euer Schreibstil ist und welchen Erzähler ihr gewählt habt (zu beiden Sachen gibt's noch ein Extra-Kapitel): Wenn das erste Mal eine neue Sache auftaucht, die der Leser nicht kennt, erklärt ihr entweder im beschreibenden Text oder in den Gedanken der Figur kurz, was es damit auf sich hat. Zum Beispiel:

Rina starrte auf das Schild vor dem Laden, das besagte, dass keine Magier eintreten durften. Sie fummelte an dem Halsband mit dem silbernen Anhänger herum, das sie genau als solche Magierin auszeichnete. Verdammter Schattenweber, dachte sie verbittert und enttäuscht zugleich. Sie hatte nicht erwartet, ausgerechnet hier, in so einem mickrigen Dorf, auf eines dieser Schilder zu treffen. Bei großen Städten konnte sie es noch verstehen. Es war erst fünf Jahre her, dass der Schattenweber die gesamte Gilde der Alchimisten als Geisel genommen und dann ausgelöscht hatte, nachdem sie sich geweigert hatte, ihm das Geheimnis ihres berühmtesten Heilmittels zu verraten. Es war ein Blutbad gewesen. Am Anfang hatte keiner die Sache ernst genommen, aber wer hätte wissen können, dass der Schattenweber sich all die Jahre verstellt hatte? Niemand hatte gewusst, dass er ein Magier war. Und nun, fünf Jahre später, wurden alle von ihnen dazu gezwungen, dieses Halsband mit dem silbernen Anhänger zu tragen. Um weitere solche Vorfälle zu verhindern, wie der König gesagt hatte.

- Methode 3 ähnelt der vorherigen, unterscheidet sich aber im Erzähler. Hier ist der Erzähler allwissend und es hört sich im Gegensatz zu der vorherigen Methode nicht so an, als würde die Figur das gerade denken. Es wird einfach sachlich erklärt, was es mit einer bestimmten Sache auf sich hat. Die Figur selbst muss das nicht mal unbedingt wissen. Um an das Beispiel von vorhin anzuschließen, würde das dann so aussehen:

Rina starrte auf das Schild vor dem Laden, das besagte, dass keine Magier eintreten durften. Sie fummelte an dem Halsband mit dem silbernen Anhänger herum, das sie genau als solche Magierin auszeichnete. Was auch immer, dachte sie enttäuscht. Trotzdem kann ich mir die Sachen von draußen ansehen, oder? Sie hatte nie verstanden, warum diese Schilder jetzt immer häufiger in allen Dörfern in der Gegend auftauchten. Wie konnte sie auch? Rina hatte sich nie für die Politik interessiert und hatte das Halsband, als es ihr gegeben wurde, sogar eher schön als störend gefunden. Was sie nicht wusste, war, dass es vor fünf Jahren einen Magier gab, der...

Ich hoffe, ihr seht den Unterschied XD

Jetzt kommen noch ein paar Beispiele von Welten-Entwicklungen, die ich persönlich sehr gut gelungen finde!

SPOILER ZUR »TRISOLARIS-TRILOGIE« VON CIXIN LIU!!!!!!!!!!

Ich muss mich wirklich zusammenreißen, um diese Trilogie nicht durchgängig zu loben XD Ein Aspekt, der mir besonders gut gefällt, ist die Art, wie der Autor es schafft, Zeitsprünge von teilweise Jahrtausenden einzubauen ohne dass man sich als Leser vollkommen verloren fühlt. Der erste Band spielt in der Gegenwart bzw. sogar teilweise in der Vergangenheit. Der zweite Band macht dann einen Sprung in die Zukunft und innerhalb des Buches nochmal einige weitere. Jedes Mal, wenn die Hauptfigur aus dem Kälteschlaf aufwacht, erfährt sie erst nach und nach und zusammen mit dem Leser, was in der Zwischenzeit passiert ist. Im dritten Band werden die Zeitsprünge noch heftiger, aber es bleibt alles noch in einem angenehmen Rahmen und alles Wichtige wird angemessen erklärt. Ich empfehle diese Trilogie ausdrücklich weiter!!!!!!!!!

SPOILER ENDE!!!!!!!!!!!!!!!!

SPOILER ZU DEN »KLIPPENLAND-CHRONIKEN«!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Diese Buchreihe lässt sich mehr oder weniger in drei bzw. vier »Phasen« einteilen. Erst kommen die Twig-Bücher (mit einer Ausnahme). Dann die Rook-Bücher, die nach Twig spielen, und danach die Quint-Bücher, die vor Twig stattfinden. In jeder dieser Phasen ist die Welt zwar gleich, aber sie macht entscheidende Veränderungen durch. Zum einen gibt es eine berühmte Stadt der Akademiker und Gelehrten, die nach und nach immer weiter verkommt und schließlich sogar durch eine neue ersetzt wird. Teile der Welt, die vorher abgeschottet waren und als gefährlich angesehen wurden, werden allmählich in die zivilisierten Teile eingebunden. Es gibt auch technologische Fortschritte. Einige Sachen fallen weg, andere werden neu erfunden. Der letzte Band, den ich jetzt einfach mal als letzte, vierte Phase bezeichne, setzt dem Ganzen nochmal die Krone auf. Ein weiterer Zeitsprung, die gleiche Welt, aber kaum wiederzuerkennen.

SPOILER ENDE!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

SPOILER ZU »AVATAR – DER HERR DER ELEMENTE«!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Hier unterscheide ich einfach mal zwischen der »Aang-Welt« und der »Korra-Welt«. Es ist offensichtlich, dass sich in der Zeit zwischen diesen beiden Avataren viele Sachen verändert haben. Die Bändiger benutzen ihre Kunst jetzt nicht nur im Kampf, sondern sie wird auch immer häufiger im Alltag angewendet. Zum Beispiel wird das Blitzbändigen benutzt, um in Werkhallen Metall zu verschweißen. (Das meinte ich oben übrigens auch mit »Magie und Technologie verschmelzen«.) Andere Bändigungsarten sind jetzt auch häufiger anzutreffen (Blitzbändigen und Metallbändigen). Ebenfalls offensichtlich: Die Infrastruktur hat sich deutlich verbessert, es gibt Fahrzeuge, Roboter usw.

SPOILER ENDE!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Ich hoffe, ich konnte euch helfen :)

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