witchcraft

6.1. Hexen und Märchen

Das eindringliche Beispiel für die Rehabilitation in Frankreich ist das Buch La sorciere von Jules Michelet, das 1862 (und bereits ein Jahr später auf Deutsch in der Übersetzung von R. Klose unter dem Titel Die Hexe) erschien. Nach über hundert Jahren beschreibt er als Erste die Hetzjagd gegen die Hexen und dokumentiert das Leiden der grundlos gestorbenen Frauen. In seinem Buch stellt er Hexen als unabhängige Frauen am Rande der Gesellschaft dar, die wegen ihres Unabhängigkeitsdrangs von dieser unerbittlich ausgeschlossen werden. In Deutschland sammeln die Gebrüder Grimm bis dahin mündlich überlieferte Märchen und Sagen aus dem Volk und veröffentlichen sie in mehreren Büchern. Leider übernehmen sie darin die Vorurteile vergangener Zeiten und verfestigen so das Bild der Hexen als das einer hässlichen, neidischen und bösartigen Frau, die fernab von allem allein im Wald lebt - das verzerrte Gegenbild zur schönen, jungen und unschuldigen Prinzessin. Die allerdings auf eine passive Rolle reduziert ist, denn sie muss warten, bis ein Prinz kommt, um sie zu retten, und dann leben sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage und bekommen viele Kinder - damals der einzige gesellschaftlich akzeptierte Schluss. 

"Ich würde meine Wissbegierde darauf beschränkt haben, die Geheimnisse zur Heilung des menschlichen Körpers kennenzulernen, worin meine Großmutter mich unterrichtet. Die Blumen, die Kräuter, die Insekten, alle die verschiedenen Geheimnisse der Natur, daran würde ich schon genug gehabt haben, um mich zu beschäftigen und zu vergnügen, besonders, da ich ja so gern überall spähend umherschweife. Ich hätte immer überall allein sein können, ohne zu erfahren, was Langeweile sei, denn es ist mein größtes Vergnügen, einsame Orte aufzusuchen, um dort über tausenderlei nachzugrübeln, von denen ich niemals reden hörte, selbst nicht von Personen, die sich dünken sehr weise und vielwissend zu sein"

Georg Sand: Die Grille oder die kleine Fadette, 1818