♕︎𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 𝓢𝓲𝓮𝓫𝔃𝓮𝓱𝓷♕︎

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Unzählige Läden später habe ich endlich ein kleines Päckchen in der Hand. Eilig begebe ich mich zur Schule zurück, um nicht in die Sperrstunde zu geraten.

Am nächsten Tag bin ich seit langem wieder aufgeregt. Das Geschenk habe ich hübsch verpackt und liegt sicher in meinem Zimmer.

Auf dem Weg in die große Halle kann ich mir abermals mein Lächeln nicht verkneifen. Normalerweise werden Weihnachtsgeschenke am Morgen ausgepackt, doch ich möchte mit Severus alleine sein, wenn ich es ihm gebe.

Daher setze ich mich wie jeder andere Schüler an meinen Haustisch und nehme das Frühstück ein. Nur wenige Kinder sind in Hogwarts geblieben. Die meisten verbringen ihre Ferien bei ihren Verwandten.
Wie sehr habe ich mir das gewünscht. Eine glückliche Familie, die sich freut, wenn ich nach Hause komme. Doch einen Vater habe ich nicht mehr und im Nachhinein bin ich froh, dass er nicht mehr existiert. Das, was ich damals erfahren habe, hat mein Bild von ihm zerstört. Als Kind habe ich mir immer vorgestellt, wer er gewesen sein könnte. Ein mächtiger Zauberer, der für das Ministerium kämpft. Ein Held, der uns alle rettet. Ein Krieger, der für uns gestorben ist, als er das Böse besiegt hat.

Mit diesen Vorstellungen habe ich meine Kindheit verbracht. Es war so erheblich leichter, über seinen Verlust hinwegzukommen, indem ich mir ihn immer bildlich vorgestellt habe. Als einen großen Zauberer und einen guten Vater, der er letztlich nie war.

Binnen weniger Minuten ist meine Stimmung im Keller. Der Gedanke an ihn macht mich traurig und wütende. Als wäre es gestern gewesen, kann ich die Stimme meiner Mutter hören. Heute vor drei Jahren, habe ich sie belauscht.


Ich bin in meinem Zimmer, in unserem Anwesen. Heute ist Weihnachten und ich wäre lieber in Hogwarts geblieben, als hier zu sein. Doch eine Eule erreichte mich vor Ferienbeginn und Mutter bat mich hier her zu kommen. Erst dachte ich, sie will endlich die sein, die ich mir immer gewünscht habe, doch schnell merkte ich, dass sie andere Pläne verfolgte. Ein Mann vom Ministerium besuchte uns und sie wollte auf heile Welt spielen. Es war so surreal meine Mutter zu sehen, wie sie lachend am Tisch sitzt und so tat, als wäre das alltäglich. Nun sind die beiden in ihr Arbeitszimmer, um etwas zu besprechen. Ich möchte so gerne wissen, was sie bereden, daher erhebe ich mich und schleiche auf leisen Sohlen zu der verschlossenen Tür. Angestrengt presse ich mein Ohr dagegen und höre abgebrochene Sätze dahinter.

„Das was du mir erzählen, kann ich nicht glauben", ertönt die Stimme meiner Mutter.

„Alice. Habe ich dich je belogen?", fragt der Mann vom Ministerium.

„Mein Mann war kein Todesser", keucht meine Mutter.

Erschrocken weiche ich von der Tür. Ein Todesser? Mein Vater? Panisch drehe ich mich um und laufe in mein Zimmer. Die Tür fällt laut zu und zitternd lehne ich mich dagegen. Ist es wahr? Mein Vater hat Du-weißt-schon-wen gedient? Tränen laufen über meine Wangen. Nein. Das kann nicht sein. Meine Mutter müsste es bemerkt haben. Hätte sie sich auf ihn eingelassen?


In meinem gesamten dritten Schuljahr durchlief ich die fünf Trauerphasen.

Leugnung. Ich wollte nicht wahrhaben, dass das gehörte, stimmte.
Wut. Auf meinen Vater und Mutter.
Depression. Ich hatte das Gefühl, unterzugehen. Nicht atmen zu können.
Angst, ebenfalls eine böse Seite in mir zu haben.
Akzeptanz, dass mein Vater es verdient hat, zu sterben.

Seitdem ist das Verhältnis zu meiner Mutter noch kühler geworden. Obwohl ich dachte, es geht nicht mehr. Ich verbrachte die restlichen Tage, nach dem Gespräch, dass ich belauscht hatte, in meinem Zimmer und sie störte es nicht einmal. Nachdem der Mann gegangen war, wurde sie wieder zu der kalten Frau. Und da erkannte ich, dass sie genau wusste, wer mein Vater war. Dass sie mich belogen hatte und den Ministeriumsmann ebenfalls. Ihm ins Gesicht gelächelt und unschuldig tat.
Meine Mutter arbeitet als Auror. Sie sollte dafür sorgen, dass dunkle Zauberer und Hexen in Askaban landen. Doch sie hat einen geheiratet und zugelassen, dass er verschont wird. Dafür hasse ich sie mehr, als ihn. Es lässt mich an der Menschheit zweifeln. Wie oft habe ich überlegt, sie dem Zaubereiministerium zu melden. Doch immer wieder verlässt mich der Mut. Ich hatte keine Beweise und eine Kinderstimme gegen eine langjährige Aurorin war machtlos.

Ich hatte den gesamten Vormittag in Gedanken verbracht. War in mich gekehrt und schweigsam.

Gerade bin ich auf dem Weg zu Severus Büro. Den ganzen Tag habe ich ihn nicht gesehen und freue mich, um so mehr den restlichen Abend mit ihm zu verbringen.

Nach meinem Klopfen öffnet er mir die Tür. Mit großen Augen blicke ich den Mann vor mir an. Zu meiner Verwunderung trägt er nicht wie sonst seinen schwarzen Anzug, sondern ein schlichtes weißes Hemd, dass am Kragen offen steht. Es schmiegt sich an seinen Körper und lässt erahnen, was sich darunter befindet. Dazu eine schwarze Hose, die ihm ebenfalls steht. Ich schlucke, um meine trockene Kehle zu benetzen.

„Möchtest du nicht eintreten?", fragt mich Severus nach einer weile.

Immer noch stehe ich in der offenen Tür und kann meinen Blick nicht von ihm wenden. Leicht nickend trete ich über die Schwelle und höre augenblicklich, das zufallen der Tür.

„Amanda", ertönt seine rauchige Stimme hinter mir.

Langsam drehe ich mich um, sehe seinen Blick über meinen Körper gleiten und verspüre ein Kribbeln auf meiner Haut.

„Du siehts wunderschön aus", haucht Severus mir zu.

Sofort spüre ich die Röte auf meinen Wangen und blicke gehemmt auf meine Füße. Ich wollte heute gut aussehend für ihn und habe mich für ein dunkelblaues Kleid entschieden. Am Hals wird es mit einer großen Schleife gehalten und liegt bis zur Hüfte eng an, um anschließend in einen fließenden, knielangen Rock überzugehen. Ich fühle mich anmutig und kann dies nach außen hin zeigen. Hierher zu schleichen, ohne dass jemand Verdacht erahnt, war nicht so leicht. Ich musste warten, bis im Gemeinschaftsraum kein Slytherin mehr anwesend war, um unbemerkt zu bleiben. Dies hat mich Zeit und nerven gekostet.

Ein Lächeln huscht über meine Lippen, als ich wieder zu dem Mann vor mir emporblicke.

„Danke. Du siehst heute auch gut aus", gebe ich das Kompliment zurück.

Severus Mundwinkel heben sich, was alleine schon reicht, um mein Herz aus dem Takt geraten zu lassen. Er lächelt viel zu selten, dass es mich immer wieder freut, ihn so zu sehen.

„Hast du Hunger?", fragt er mich und deutet auf die Sessel vor dem Kamin.

Mein Blick gleitet dorthin. Ein kleiner Tisch steht zwischen den gegenüberliegenden Stühlen. Eine weiße Tischdecke mit Kerze und liebevoller Deko befinden sich darauf. Ebenfalls zwei Teller, die sich in diesem Moment mit Köstlichkeiten befüllen. Staunend trete ich näher und nehme genussvoll den Geruch von Braten und Kartoffelklößen wahr. Es riecht himmlisch und prompt fängt mein Magen an zu knurren.

Ich blicke auf meinen Bauch. „Ja, großen Hunger", antworte ich ihm.

Als ich wieder aufblicke, ist Severus neben mich getreten und führt mich mit einer Geste zu einem der Sessel. Ich lasse mich darauf nieder und warte, bis er sich gesetzt hat. Er hebt ein Glas, gefüllt mit dunkelroter Flüssigkeit, die nach Wein aussieht. Ich tue es ihm gleich und bin erfreut, ebenfalls ein Schluck des alkoholischen Getränkes in meinem vorzufinden.

„Frohe Weihnachten, Amanda."

Die Gläser klirren, als sie sich berühren. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht, bevor ich den Wein an die Lippen führe und die süße meinen Gaumen benetzt.

Dark Eyes - Verbotene Gefühle | Severus Snape FanFictionWhere stories live. Discover now