Kapitel 31

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Eine Bewegung

Vor uns erstreckte sich ein kaputter, alter Zaun, welcher durch den vielen Staub und das Wetter grau erschien. Damals war er strahlend weiß und deutlich neuer gewesen.
An der Farm hatte sich nicht viel verändert, nur das Leben fehlte... Ich und Tyler wanderten behutsam die Auffahrt und den schmalen Weg hinauf bis hin zu dem Haus. Die Holzverkleidung war abgeranzt und verwittert, die Sträucher an der Wegseite vertrocknet und leblos.
Die Tür stand einen winzigen Spalt geöffnet, also schob ich sie mit meinem Kopf ein Stück auf um hineingehen zu können. Ich erwartete nicht viel, aber es stand alles noch genauso, wie in meiner Erinnerung. Nichts hatte sich geändert, nichts fehlte. Ich verwandelte mich in meine Menschenform zurück. Ich tat es aus Kraftlosigkeit und Respekt. Dieser Ort barg viele Erinnerungen, viele Gute und auch Schlechte... Als ich vor dem Kamin stand, fiel mir das Bild auf und ich nahm es vorsichtig in meine Hände, wischte den Staub weg und erkannte nur schwer meine Mutter und meinen Vater. Es sah aus wie das Bild, welches damals in meiner Kette lag. Tyler war mir gefolgt und stieß mich mit seiner Schnauze liebevoll aufmunternd an. "Ist schon okay.", vergewisserte ich ihm.
Ich streichelte seinen Kopf und er lehnte sich mir genießend entgegen. Schmunzelnd entfernte ich mich von ihm und ging die Treppe hinauf. Ich musste noch eine Sache holen! Tyler wartete draußen und streifte die Farm ab, um nach möglichen Feinden Ausschau zu halten.
Ich bewegte mich auf die Tür zu und schob sie langsam auf. Dort lag sie... Die Kette meiner Mutter. Ich hatte sie auf dem Bild gesehen. Sie war also alles was mir von ihr geblieben ist?

Plötzlich kroch ein stechender Geruch meine Nase empor, doch bevor ich reagieren konnte, legte sich ein Messer an meine Kehle.
"Euren Gestank kann man nicht verfehlen, ihr seid nicht von hier, also was suchst du?!", flüsterte er in mein Ohr. Der tieferen Stimme nach zu urteilen handelte es sich um einen Mann. Er trug nur Shorts. Sein nackter Oberkörper presste sich gegen meinen Rücken und er hob mich ein Stück an, sodass ich nur noch auf meinen Zehenspitzen stand. "SPRICH.", forderte er mich nun auf. Ich schluckte und dann kam auch schon Tyler die Treppe hoch gesprungen. Er knurrte bedrohlich und näherte sich uns. "Ah... Also seid ihr bereits Bestimmte. Interessant.", murmelte er in mein Ohr. Ich versuchte mich aufrecht zu halten. "Stop! Ein weiterer Schritt oder eine Bewegung und sie ist tot...", rief er nun Tyler zu. Tyler stoppte und sah kurzzeitig zu mir.
Die Person hinter mir stieß ein tiefes Heulen aus seiner Kehle und starrte Tyler an. "Jetzt antworte. Ich bin bald nicht mehr allein.., also sprich endlich!"
"Wir sind auf der Durchreise..", stammelte ich. "Wir sind keine Bedrohung für euer Rudel und werden direkt euer Gebiet verlassen. Wir haben nicht gejagt und keine der Regeln missachtet.", erklärte ich weiter. Er fing an rau zu lachen und sagte: "Kleine...Bei uns gelten andere Regeln. Ihr werdet sobald die anderen kommen in eure Menschenform wechseln und von uns begleitet. Hier liegen alte Klamotten rum, falls ihr euch unwohl fühlt. Wir sind zu viert, also versucht es gar nicht erst! Und jetzt ruf deinen Köter zurück, sonst bekommt er Schwierigkeiten..!"

"Ist schon gut..", wisperte ich zu Tyler und nickte ihm zu, worauf er sich verwandelte und aufrichtete. "Na los. Such deiner Gefährtin einpaar Sachen, oder willst du sie so in unser Rudel gehen lassen?", fragte der Typ provokant. Tylers Brustkorb hebte und senkte sich aufgebracht.

Schon nach wenigen Minuten kamen weitere Wölfe und versammelten sich um das Haus. Ich zog mir ein enges, helles Shirt über und eine kurze dunkle Hose. Tyler trug lediglich eine Shorts und ein weites T-shirt. "Na also. Und jetzt bewegt euch!"
Wir stiegen die Treppen hinab und wurden nach draußen gestoßen. Tyler stellte sich vor mich und warf den anderen Wölfen einen warnenden Blick zu. Ich griff nach seiner Hand und streichelte sie, um ihn zu beruhigen. "Entspann dich. Wir stehen das hier durch. Wir haben nichts falsches getan.", murmelte ich ihm zu. Er nickte und an der Seite der Wölfe wurden wir weiter geführt. Es dauerte nicht lang bis wir da ankamen, wo wir hinsollten. Der Geruch von Wölfen verstärkte sich und Tyler und ich wurden immer nervöser...

PAUSED/ Grace - Auf den Spuren des NordrudelsWhere stories live. Discover now