Tag 5: #ZuvielAlkohol - Teil 3

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„Was machst du hier?", fragte ich ihn.

„Das gleiche könnte ich dich fragen", konterte er.

„Mir war schlecht", gab ich zurück.

„Geht's dir denn jetzt wieder besser?" Sein Blick wurde sanfter. Er kam ein paar Schritte auf mich zu und schaute mir in die Augen. Dieses Grün seiner Augen beruhigte mich und mit einem Mal vergaß ich alles um mich herum. Liriel, der Post, dass ich eigentlich mit Leon reden wollte... Es erschien mir alles unwichtig. Ich lebte diesen Augenblick.

„Ja, mir geht's sehr viel besser", antwortete ich nach einer Weile. Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber ich hatte ein bisschen gebraucht, um in die Realität zurück zu finden und mir ins Gedächtnis zu rufen, was ich eigentlich von Leon wollte. Aber dieser Moment war alles andere als gut, um über alles zu reden.

„Zum Glück. Du hattest auch einiges intus gestern Abend. Genau darüber wollte ich mit dir reden", fing er plötzlich an.

„Jetzt?" Entgeistert schaute ich ihn an. Ungünstiger hätte der Zeitpunkt nicht sein können.

„Ja, jetzt", sagte er.

„Wir haben gerade Unterricht. Lass uns nachher reden", erwiderte ich.

„Nein. Sonst kann ich heute gar nicht mehr mit dir alleine reden", meinte Leon.

„Das stimmt doch nicht. Außerdem werden die anderen bestimmt schon misstrauisch sein. Du und ich sind beide nicht im Unterricht. Wonach sieht das denn bitte aus? Ich gehe zurück." Ich wandte mich zum Gehen.

„Mia, bitte warte." Leon hielt mich am Handgelenk zurück und schaute mir tief in die Augen. Seine Berührung elektrisierte meinen ganzen Körper, aber ich riss mich zusammen.

„Es ist wirklich wichtig. Wir müssen reden."

„Stimmt. Müssen wir. Aber nicht jetzt. Die anderen...", fing ich an.

„Sind die das einzige, was dich interessiert?" Leon ließ meinen Arm los und der Ausdruck in seinem Gesicht änderte sich.

„Nein... ich meine nur... der Unterricht... es passt gerade einfach nicht", stammelte ich.

„Wann passt es dir denn?", hakte er nach.

„Keine Ahnung. Zumindest nicht jetzt. Bitte, Leon. Lass uns später darüber reden", antwortete ich.

„Später? Ich würde das gerne noch vor dem Wochenende klären, Mia. Heute Abend!"

„Heute Abend", murmelte ich.

Leon wohnte ebenfalls in Hamburg. Das wäre also machbar. Außerdem hatte Max sowieso sein Basketballtraining und ich wollte das mit Leon endlich aus der Welt schaffen. Er hatte schon Recht damit, dass vor dem Wochenende klären zu wollen.

„Okay", willigte ich ein.

Sein Gesichtsausdruck wandelte sich wieder und für einen kurzen Moment breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus.

„Wo wollen wir uns treffen?"

„Bei mir? Ich könnte uns Burger machen", schlug Leon vor.

War es wirklich klug, wenn ich zustimmte? Leon löste immer noch etwas in mir aus und wenn wir nur zu zweit in seiner Wohnung waren... Den Gedanken schob ich schnell beiseite. Was sollte schon passieren? Wir wollten nur miteinander reden. Ich war mit Max zusammen und Leon wusste das.

„Abgemacht", stimmte ich zu und machte mich ohne ein weiteres Wort auf den Weg zurück in den Unterricht. Doch Leon folgte mir nicht, wie ich feststellte, als ich mich auf meinen Platz setzte. Zumindest nicht sofort. Er schien tatsächlich kurz gewartet zu haben und betrat erst einige Zeit später den Raum.

Der Rest des Vormittags verlief recht ruhig, wenn man von den neugierigen und teils fiesen Blicke meiner Mitschüler absah. Ich versuchte darüber zu stehen, aber das war wirklich schwer. Außerdem saß ich direkt neben Anni und Sarah, die schon wilde Vermutungen anstellten. Es war alles andere als leicht da nicht zuzuhören.

„Echt, wie in Gossip Girl", flüsterte Sarah.

„Ach, Quatsch. Du kannst das hier doch nicht mit Gossip Girl vergleichen", meinte Anni leise.

„Ja? Aber es erinnert schon ziemlich daran... Was glaubst du, was da los ist zwischen Mia, Leon und Max?", raunte Sarah Anni zu und bedachte mich mit einem neugierigen Blick. Ich tat so, als würde ich nichts mitbekommen.

„Keine Ahnung. Aber diese Liriel hat sich ziemlich auf die drei eingeschossen. Mich würde wirklich zu gerne interessieren, was da genau los ist." Anni drehte sich leicht zu mir, um sicherzugehen, dass ich nichts von all dem hörte.

„Lass uns Augen und Ohren offen halten. Bestimmt finden wir dann etwas heraus", schlug sie danach vor.

„Super Idee. Ich bin dabei", stimmte Sarah ihr freudig zu.

„Ich sag's ja... wie in Gossip Girl", murmelte sie danach leise vor sich hin.

Um zwölf Uhr entließ uns unser Dozent schließlich in die Mittagspause. Mir graute davor. Jetzt würden nicht mehr nur Blicke auf mir lasten, sondern es würden Fragen gestellt werden. Max war sofort bei mir und legte beschützend seinen Arm um mich. Zusammen machten wir uns auf den Weg zum Mittagessen.

„Du kannst es eh nicht mehr ändern", sagte Max, als wir uns in der Schlange anstellten.

„Ja, aber es muss doch eine Möglichkeit geben das ganze aus der Welt zu schaffen", erwiderte ich.

„Leon muss sich nur zurückhalten. Ohne ihn gestern Abend wäre es gar nicht erst soweit gekommen. Was war das vorhin überhaupt? Ist er dir gefolgt?", hakte er nach.

Ich überlegte, ob ich Max die Wahrheit sagen sollte. In meinem Herzen wusste ich, dass ich das tun sollte, aber er war alles andere als gut auf Leon zu sprechen. Warum sollte ich ihm von dem Treffen am Abend erzählen? Immerhin wollte ich mit Leon alles klären, mehr nicht. Max würde sich also über etwas aufregen, was es nicht wert war. Ich könnte heute Abend mit Leon reden und Max müsste nie etwas davon erfahren. Trotzdem entschied ich mich nicht zu lügen. Ich würde nur das Detail mit der Verabredung auslassen. Es war nur zum Besten unserer Beziehung.

„Mir war total schlecht und ich bin zur Toilette. Als ich raus kam, stand Leon zwar da, aber ich hab ihm gesagt, dass ich jetzt nicht mit ihm reden will", schilderte ich meinem Freund die Situation.

„Wusste ich es doch." Er ballte die eine Hand zur Faust.

„Beruhig dich, Max." Ich legte meine Hand auf seine Faust und er entspannte sich wieder ein wenig.

„Ich mache mir viel mehr Sorgen wegen Liriel", meinte ich kurze Zeit später.

„Brauchst du nicht. Wenn niemand diesbezüglich Hinweise an Liriel schickt, kann nichts passieren. Das werde ich den anderen gleich auch nochmal deutlich sagen." Er lächelte mir aufmunternd zu.

Max hielt Wort. Nachdem wir unser Essen geholt hatten und alle am Tisch saßen, stand er auf und schaute in die Runde.

„Passt mal bitte auf!", rief er. Alle Köpfe drehten sich zu ihm.

„Es ist ja wohl klar, dass niemand irgendwelche Hinweise an Liriel schickt. Das ist eine Sache, die nur Mia, Leon und mich betrifft. Haltet euch da bitte raus."

Max setzte sich wieder und am Tisch entstand ein heftiges Gemurmel, aber ich wurde nicht wie anfangs befürchtet mit Fragen bombardiert. Ob sich meine Mitschüler jedoch an Max Bitte keine Hinweise zu schicken hielten? Da hatte ich so meine Bedenken. Er konnte es ihnen nicht verbieten oder gar kontrollieren. Liriel würde wohl kaum verraten, von wem der Hinweis war, wenn sie einen bekam.

#EhrlichkeitWhere stories live. Discover now