Kapitel 21.1 - Nach dem Sturm

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Nach dem Sturm

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, schlug mir das grelle Licht der Sonne entgegen, woraufhin sich meine Pupillen verengten und ich aus Reflex die Augen zusammenkniff. Sofort richtete ich mich auf, was sich als schwerwiegender Fehler herausstellte. Schmerz durchzuckte meinen Körper und meine Muskeln verkrampften sich. Augenblicklich verließ ein qualvolles Stöhnen meinen Mund und ich legte die Hände schützend und mich, als könnte dadurch eine Barriere entstehen, die mich vor weiteren Qualen bewahrte. Für einige Sekunden verweilte ich in dieser Postion und hoffte, dass das unschöne Gefühl abklang, während sich mein Puls, der zuvor ruckartig in die Höhe geschossen war, allmählich normalisierte.

Erst als ich mich wieder sicher fühlte, hob ich meinen Kopf und betrachtete die Umgebung. Obwohl meine Erinnerungen verschwommen waren, war ich mir sicher, dass ich nicht in einem Wald das Bewusstsein verloren hatte. Dennoch lag ich unter einem Baum, der durch sein dichtes Blätterdach kühlen Schatten spendete. Lediglich an vereinzelten Stellen durchbrachen die Sonnenstrahlen das Geäst, sodass kleine, leuchtende Flecken über den Boden tanzten, als würden sie sich zur Melodie des Windes bewegen.

Als ich meine Hände von meinem Bauch löste, bemerkte ich den weichen Untergrund, auf dem ich saß. Ein silberner Mantel sorgte dafür, dass der harte Boden etwas bequemer wurde. Mit zitternden Fingern fuhr ich über den Stoff, während Fetzen der Vergangenheit vor meinem geistigen Auge aufblitzten. Ich erinnerte mich an einen Tiger, der versuchte, seine rasiermesserscharfen Klauen in meinem Körper zu versenken und an einen Adler, der mit seinen Federn Explosionen erzeugen konnte.

Je mehr ich mich darum bemühte, desto stärker wurden die Schmerzen, die sich durch meinen Kopf fraßen wie Motten durch Baumwolle. In meinen Gedanken herrschte ein einziges Chaos, das sich nicht zu einem sinnvollen Gesamtbild zusammenbauen ließ. Vermutlich musste ich dem Ganzen nur etwas Zeit geben.

Ich nahm einen tiefen Atemzug und füllte meine Lungen mit frischer Luft. Dabei erkannte ich, dass ich am gesamten Körper Verbände trug. Nicht nur an meinem Kopf befand sich einer, sondern auch um meinen Bauch, sowie Beine und Arme. An einigen Stellen quoll Blut durch aufgerissene Wunden nach draußen. Anscheinend hatte ich mich zu schnell bewegt.

»Pandora. Du bist wach!« Eine Stimme zog mich aus meinen Gedanken, sodass ich fragend den Kopf hob. Dabei fielen einige schwarze Haare in mein Blickfeld, weswegen ich gezwungen war, mich abermals zu bewegen. Ich biss die Zähne zusammen und verzog mein Gesicht zu einer Grimasse, doch sobald ich die Strähnen hinter meine Ohren gestrichen hatte, eröffnete sich mir die Sicht auf einen silberhaarigen Mann.

Für einen kurzen Moment erstarrte ich in meiner Bewegung, bis es wie eine Welle auf mich einschlug. Dieser Mann war Cyrian, der fünfte Gott, Beherrscher von Raum und Zeit, und durch den Wunsch, seine Geschwister vom Wahnsinn zu befreien, war ich zu seiner Verwandten geworden. Er war Cytrons einzige Hoffnung, dass der Krieg endlich ein Ende finden würde.

»Cyrian?«, fragte ich vorsichtig, als befürchtete ich, er wäre nur eine Illusion. Schließlich erwiderte er meine Blicke, weshalb ich mich zu einem Lächeln zwingen wollte, doch der Schmerz verhinderte es, so eilte der Zeitgott, der zuvor überrascht an Ort und Stelle verharrt hatte, auf mich zu, nur um sich neben mich hinzuknien.

»Deine Wunden sind wieder aufgegangen«, murmelte er besorgt, bevor er eine Hand auf meiner Schulter platzierte und mit der anderen meinen Rücken stabilisierte. Indem er sanften Druck ausübte, sorgte er dafür, dass ich mich zurück auf seinen Mantel legte. Ohne Gegenwehr ließ ich es über mich ergehen.

Der fünfte GottDonde viven las historias. Descúbrelo ahora