Kapitel 18.1 - Blutende Magie

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Blutende Magie

Das Ende unseres Abenteuers war so unausweichlich gewesen, wie der Tod eines jeden Wesens, dessen letzter Herzschlag verklungen war. Das Gefühl unserer Niederlage brannte sich in unsere Knochen, unbarmherzig und eiskalt. Die letzten Sekunden, bevor das Schwert geschlagen den Boden berührte, zogen sich wie eine unendliche Zeitspanne, die jegliche Schrecklichkeit der menschlichen Rasse einfing. Ein ekliges Gefühl überkam mich und mein Magen drehte sich um, als hätte ich etwas Verdorbenes zu mir genommen.

Sowohl mein Geist, als auch mein Verstand, sehnten sich danach, dass die Zeit stehen blieb; dass der unergründliche Strom aus Sekunden und Stunden in seiner Quelle stoppte und somit den Moment zur Unvergänglichkeit brachte.

Rau lachend, als würde sich ein Messer über Stein wetzen, befahl Thies Aiden uns gefangenzunehmen. Der Tiger ging sofort auf uns zu und packte Avril grob am Handgelenk. Die Rothaarige verzog ihr Gesicht und ließ die Luft, die sich in ihren Lungenflügel angesammelt hatte, zischend entweichen. Ich war mir sicher, dass wenn sie könnte, dass sie auf den Converter eingestochen hätte. Ihre Iriden sprachen Bände, mehr als tausende Worte jemals preisgeben könnten. Es war Hass, blanker, umgeformter Zorn.

Ein letztes Mal erhob ich die Stimme und flüsterte in Gedanken ein stilles Gebet, das sich an den Geist des Göttervaters richtete. Ich flehte um Rettung, darum, dass wir weiter kämpfen könnten und zum ersten Mal wurden meine Gebete erhört.

Der Anblick des frischen Blutes fesselte unsere Aufmerksamkeit mit seiner grausamen Schönheit. Ein gerader Schnitt trennte Leib von Kopf, als dieser mit einem dumpfen Geräusch zu Boden schlug. Dunkelrote Flüssigkeit spritzte hervor, wie eine Rose, die in voller Blüte stand, lediglich darauf wartete zu zergehen, wenn die Jahreszeit in eine kalte Stille fiel. Safias Augen drehten sich verstört nach oben und ihre Lippen öffneten sich einen Spalt, doch der letzte Ton, der aus ihrer gespaltenen Kehle drang, war ein heiseres Jauchzen, das von Schmerz und Qual gezeichnet war. Die messerscharfe Klinge des Dolches hatte Fleisch und Knochen zertrennt, als wäre es das einfachste der Welt. Zurück blieben zwei weiße Grausamkeiten, die sich in dem Saft des Lebens suhlten. Augenblicklich erschlaffte der Körper. Muskel für Muskel verlor an Kraft, bis der Tod in jeder Faser ihres Körpers verinnerlicht war. Nicht einmal die giftigen Skorpionstachel hatten sich zurückbilden können, so verunstalteten sie das Bild einer friedvollen Leiche.

Der Schock kam schnell und mit der Wucht eines wütenden Drachens, sodass der Tiger Avril losließ. Entsetzen verzerrte seine Mimik und das Bild seiner geschlagenen Kameradin, brannte sich in sein Gedächtnis wie heißes Eisen.

Als mein Blick auf Cyrian fiel, war ich wohl noch nie so glücklich gewesen seinen Fluch zu sehen. Wahnsinn entstellte seine Augen und noch immer stand er gekrümmt, bevor er sich aufrichtete und die frisch verheilte Wirbelsäule ein grässliches Knacken ertönen ließ. Den Dolch, den er geschleudert hatte, war der, den er von den Bewohnern Akelicis geschenkt bekommen hatte. Endlich hatte die Waffe seinen Einsatz gefunden und uns vor einer Niederlage gerettet. Auch wenn es im Widerspruch stand, verspürte ich Dank. Tiefsten Dank im Inneren meines Herzens.

Ein spöttisches Lachen drang erstickt aus der Kehle des fünften Gottes: »Genau deswegen werden Converter immer Tiere bleiben.«

Es war eine billige Provokation, trotzdem erfüllte sie ihren Zweck, denn Aiden steuerte geradewegs auf den Verfluchten zu. Seine Muskeln spannten sich an, brachten seine volle Stärke zum Ausdruck, während ein wildes Zittern seinen Unterkiefer erfasste. Unter größter Anstrengung presste er die Lippen zusammen und nachdem er die Augen erneut geöffnet hatte, starrte der Gott in die zwei animalischen Iriden einer Raubkatze. Der unmenschliche Trieb nach Blut und Jagd verankerte sich in dem Erbgut seiner Zellen, bevor er einer Welle gleich ausbrach. Es ergriff von seinem Verstand Besitz und im nächsten Moment traf ein Schlag auf die Wand, vor der Cyrian stand. Sofort bildeten sich Risse und die Mauer verlor an Stabilität, so krachte das gesamte Gerüst in sich zusammen. Schutt wirbelte auf, als der Angriff Cyrians Schädel nur knapp verschonte und auch wenn der Fluch ihn kontrollierte, merkte er, dass er fliehen musste. Durch unser Band spürte ich, dass die Regeneration doch zu viel Energie gekostet hatte.

Der fünfte GottWo Geschichten leben. Entdecke jetzt