Kapitel 10.1 - Weil es schmerzt

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Weil es schmerzt

Wie ein Sturm fegte meine Klinge über das Schlachtfeld. Ein tödlicher Wind, der nichts als Blut und Verderben brachte. Immer wieder - unzählige Male - trafen die Schwerter aufeinander, ließen ihre wilden Kampfschreie ertönen wie die Rufe eines Adlers.

Während das Blut der Diavis in meinen Adern explodierte und ich meinen blutigen Racheakt startete, wunderte ich mich über meine eigene Leichtigkeit, mit der ich mich fortbewegte. Jeder Schritt fühlte sich simpel, beinahe lächerlich einfach an und doch war mein Stand fest und kräftig. Es war, als besäße ich kein Gewicht und jede noch so schwere Bewegung vollführte ich flüssig und nahezu perfekt. War das Cyrians wahre Kraft, die mich zu diesen Glanzleistungen trieb? Es konnte nur sie sein, denn abgesehen von Galcha befand sich kein anderes magisches Wesen an diesem Ort. So wurde mir abermals bewusst, dass nun die Kraft eines Gottes in meiner Seele loderte.

Das erneute Aufprallen meines Schwerts zog mich aus den Gedanken und katapultierte mich zurück in die Realität. Funken glühten hell auf, als ich den Angriff zweier Soldaten blockierte. Mit vor Anstrengung verzerrten Gesichtern versuchten sie mir Widerstand zu leisten und irgendwie zurückzudrängen, doch mittlerweile konnte es kein menschliches Wesen mehr mit mir aufnehmen.

Das Blut dröhnte in meinen Ohren, während ich geschickt einem weiteren Angriff entkam und die Klinge in den Schädel eines Soldaten schlug. Blut spritzte mir entgegen und ich vernahm deutlich, das grässliche Knacken seines Schädels, das von einem qualvollen Schrei begleitet wurde. Laut, schrill und erstickt, bis sich die Augen in ihre Innenhöhlen kehrten und die Muskeln erschlafften. Mit einem dumpfen Klatschen fiel der Körper zu Boden. Der letzte Herzschlag längst verklungen und ein weiterer Mord begangen.

Dicke Schweißperlen rollten über meine Stirn, als ich die rote Klinge aus dem Kopf des Mannes zog. Augenblicklich stach mir der scharfe Geruch von Blut in die Nase. Ein Duft, der sich viel zu stark in meinen Kopf brannte und auch den Anblick der rubinroten Sprenkel, die meine Haut übergossen, als wären sie so selbstverständlich wie Sommersprossen, waren bereits jetzt ein fester Bestandteil meiner unschönen Erinnerungen.

Zum Schluss, wie das Ausklingen eines Orchesters, folgte ein widerliches Geräusch, das die Töne des Todes spielte, während seine Seele langsam in die Hölle hinabstieg, wo sie schließlich ihr Verderben fand. Ich hoffte nur, er schmorte genauso qualvoll und schmerzhaft, wie er es verdient hatte.

»Pandora!«, ertönte der Schrei des Befehlshabers lauter als jedes Entsetzen, das meine Familie wie ein Fluch umgab.

In einer fließenden Bewegung zog ich meine Klinge senkrecht nach oben und parierte somit einen weiteren Angriff. Schneller, als der Mann reagieren konnte, trennte der Stahl erneut einen Kopf von seinem Stumpf. Dem Soldaten war nicht einmal Zeit geblieben, um einen erstickten Schrei von sich zu geben, stattdessen rollte sein Kopf über den von Blut umspülten Boden, während seine Iriden leblos und kalt in die Ferne starrten.

Das war meine Antwort auf den Ruf des Diavo. Ein weiterer Mord an seinen Soldaten, Untergebenen und gleichzeitig Kameraden, denn mein einziger Wunsch war genauso grausam und unmenschlich, wie das, was sie mit meiner Familie vorgehabt hatten. Ich wollte ihn leiden sehen. Ich wollte ihm all den Schmerz, all die Angst einverleiben, die ich gespürt hatte. Und schließlich würde ich auf ihn herabsehen, genauso wie er auf mich herabgesehen hatte, und lachen, bevor ich ihm seine letzte Henkersmahlzeit bringen würde: Blutiges Metall, das sich durch seine Kehle fraß.

Durch Cyrians Magie konnte ich meinen Standpunkt umso deutlicher machen. Während er im Hintergrund ein paar wenige Soldaten bekämpfte, um endlich meine Familie von ihren Fesseln zu befreien, stand ich an vorderster Front. Wie ein Todesengel verkündete ich nur ein Urteil, gezeichnet aus Hass, Wut und Trauer.

Der fünfte GottWhere stories live. Discover now