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Mit einem tiefen Atemzug schließe ich die Haustür hinter mir zu. Sobald ich mich umdrehe, blicke ich auch schon in Dannys rehbraune Augen.
In ihnen strahlt mir die Sorge und Angst deutlich entgegen.
Wie soll ich es ihm nun sagen?
"Was ist passiert?", fragt er mich schließlich, da von meiner Seite aus nichts kommt.
Da ist sie.
Die Frage, die ich befürchtet habe.
Obwohl ich mich die ganze Zeit schon innerlich auf sie vorbereitet habe, fühle ich mich ihr schutzlos ausgeliefert und kriege keine anständige Antwort heraus, was Dannys Sorgen natürlich umso mehr steigert.
Gleichzeitig sehe ich aber an seinem Blick schon, dass er ahnen kann, dass alles nun ein Ende hat.
"Ist er dahinter gekommen?"
Mit einem ernsten Blick mustert er mich und ich schüttle nur den Kopf.
Kann ihm aber zusätzlich auch nicht mehr in die Augen sehen und senke meine Blicke zu Boden.
"Das nicht", murmle ich dabei gleichzeitig und seufze frustriert.
Er kommt auf mich zu und bleibt direkt vor mir stehen. Umfasst mein Gesicht mit seinen Händen und hebt meinen Kopf.
"Schau mich an, Grace. Sag mir was passiert ist. Ich bitte dich."
Mir bleibt nun nichts anderes übrig als ihm die Wahrheit mitzuteilen. Ich erzähle ihm von Hansons neuem Plan und das er Bella nun dementsprechend eine Weile nicht mehr sehen kann, bis ich einen neuen Weg dafür finden werde.
Derweil bleibt er ganz ruhig, was mich beruhigt, aber auch beängstigt zugleich. Ich hatte einen Wutausbruch erwartet, da alleine Hansons Name schon dafür immer ausreicht.
"Sowas habe ich eh schon erwartet. Hanson ist durch und durch ein Mistkerl", gibt er seufzend von sich, lässt mich los und läuft ins Schlafzimmer.
Ich folge ihm und bleibe an der Tür stehen. Beobachte, wie er hin und her läuft und sich dabei frustriert durch seine dunklen Haare fährt, bis er sich dann auf das Bett setzt und eine nachdenkliche Miene sein makelloses Gesicht verziert.
"Bist du nicht wütend?", frage ich ihn vorsichtig.
"Doch, aber was soll ich denn tun? Ein Wutausbruch wird nichts anderes tun, außer uns beiden zu schaden. An der Situation wird sich dadurch nichts ändern."
Während die letzten Strahlen des Sonnenuntergangs durch die Fenster sickern und den sonst so dunklen Raum ein wenig noch erhellen, herrscht im Raum eine große Stille.
Eine Stille, welche unsere pure Verzweiflung in einem düsteren Bild verewigen könnte.

Ich lehne meinen Kopf an den Türrahmen, ohne meine Blicke von ihm zu nehmen. Ihn so zu sehen, bricht mir das Herz.
Warum immer er?
"Ich werde einen anderen Weg finden. So wird alles nicht enden", murmle ich leise, woraufhin er den Kopf schüttelt.
"Es gibt keinen anderen Weg, Grace. Mittlerweile habe ich all meine Hoffnungen verloren.." Ein schwaches Lächeln huscht ihm gleichzeitig über die Lippen. "..Ich bin glücklich die Kleine wenigstens für eine Weile gesehen haben zu können. Ihr geht es gut und das reicht für mich."
Diese Worte sagen seine Lippen dabei so einfach und das obwohl seine Augen den tiefen Schmerz in seinem Inneren nicht verstecken können. Sie sprechen immer die Wahrheit, egal wie gut man schauspielen kann. Das Tor zur Seele, welches immer der Ort der wahren Begebenheiten bleibt, kann man nicht belügen.
Ich laufe zu ihm, nehme neben ihm Platz und lege meinen Kopf auf seine Schulter.
"Liegt der Fluch bei dir oder mir?..", frage ich ihn leise, während die letzten Sonnenstrahlen mir dabei direkt ins Gesicht strahlen.
"..Warum läuft es bei allen gut, nur bei uns nicht? Führt denn jeder Schritt von uns in die falsche Richtung?"
"Wenn ich das nur wüsste", höre ich ihn neben mir leise murmeln, woraufhin die große Stille wieder den großen Raum erfüllt, bis schließlich irgendwann auch die letzten Sonnenstrahlen erlöschen und Dunkelheit einkehrt.

"Ich mach uns mal etwas zum Abendessen", meine ich schließlich, da das Grübeln jetzt auch nichts bringen wird, und laufe zur Tür, wo ich dann kurz inne halte und meine Blicke auf ihn richte.
"Ich werde einen Weg finden, Danny. Mach dir keinen Kopf."
Mit diesen Worte verlasse ich das Zimmer.
Es sind große Worte.
Vor allem wenn wir von Hanson sprechen.
Das weiß ich, doch wenn es um den Schmerz einer Person geht, die man liebt, ist plötzlich keine Hürde zu groß.
In der Küche entscheide ich mich für eine schnelle Option, nämlich Nudeln. Während diese schließlich auf dem Herd köcheln, hole ich mir eine Schmerztablette aus dem Schrank und nehme diese mit einem Glas Wasser ein. All der Stress heute macht mir einfach nur Kopfschmerzen.
Gerade als ich dabei bin das Glas in die Spülmaschine zu legen, klingelt mein Handy.
Sofort begebe ich mich zu meiner Handtasche im Flur und als ich dann Saras Namen auf dem Display lese, huscht mir schon ein Grinsen über die Lippen.
"Grace?..", ertönt ihre Stimme am anderen Ende. "..Kannst du mich hören?"
"Ich kann dich sehr gut hören..", antworte ich kichernd. "..Oh man habe ich dich vermisst! Du bist ja noch kaum zu erreichen."
"Ich weiß. Wir sind gerade auf einem Camping Ausflug und die Verbindung ist dementsprechend am Arsch hier. Deshalb wurden all meine Nachrichten auch kaum abgeschickt. Wenn du nur wüsstest, auf was für einen Hügel ich steigen musste, damit ich diesen Anruf tätigen konnte", erklärt sie mir mit einer erschöpften Stimme, was mich zum Lachen bringt.
"Schön mal wieder deine Stimme zu hören, Sara. Du klingst so glücklich."
Ein kleines Lächeln bildet sich gleichzeitig auf meinen Lippen. Es ist wirklich unglaublich schön, dass zumindest eine von uns glücklich ist.
"Das bin ich auch, Grace.." Ich kann sogar durch ihre Stimme das Lächeln auf ihren Lippen wahrnehmen. "..Zum ersten mal seit langer Zeit kann ich das endlich mal behaupten. Die Entscheidung hat mein Leben von Grund auf verändert und ich weiß endlich, was ich will und wer ich wirklich bin."

StrangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt