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Mit langsamen Schritten nähere ich mich dem Eingang des Cafés und spüre, wie die Nervosität und das Kribbeln in meinem Bauch immer stärker wird. Vor allem aber die Angst macht mir zu schaffen. Die Angst, vor dem was auf mich zukommen wird. Vor der Tür atme ich tief ein und aus, bevor ich das Café dann betrete und mich umschaue. Meine Blicke bleiben an Katrin hängen, die an einem Tisch sitzt und mit einer nachdenklichen Miene aus dem Fenster starrt.
Die Zweifel, die sich in mir aufbauen, schlucke ich runter und laufe auf sie zu, bis ich vor ihr dann stehen bleibe. Sie dreht ihren Kopf zu mir, als sie mich bemerkt und sofort bildet sich ein erleichtertes Lächeln auf ihren Lippen.
"Du bist da.. Ich habe schon fast gedacht, dass du doch nicht kommen wirst", gibt sie zögernd von sich, als ich vor ihr Platz nehme.
"Ich halte mich an meine Worte", antworte ich ernst und kalt, denn sie soll ruhig wissen, dass ich wütend auf sie bin. Es herrscht allgemein eine angespannte Atmosphäre zwischen uns, die sie versucht mit einem Smalltalk zu dämpfen, doch gelingen tut ihr dies allerdings nicht.
"Was möchtest du denn trinken? Sie bieten hier sehr leckere warme Getränke an", meint sie schließlich und zeigt mir einige Dinge auf der Karte, die mich jedoch nicht einmal annähernd interessieren. Ich möchte, dass sie direkt zum Punkt kommt.
"Nein, danke. Ich möchte nichts trinken."
Eine leichte Enttäuschung und ein Hauch von Verzweiflung spiegelt sich in ihren rehbraunen Augen wieder, als sie das hört. Mit einem Lächeln auf den Lippen versucht sie diese jedoch zu überspielen.
"Das geht doch so nicht..", meint sie und hebt ihre Hand, woraufhin ein Kellner an den Tisch kommt und sie dann für uns Latte Macchiato bestellt. "..Den musst du unbedingt mal probieren. Er schmeckt einfach köstlich", fügt sie hinzu, nachdem er weg ist.
"Katrin..", gebe ich seufzend von mir und versuche Ruhe zu bewahren. Fragend sieht sie mich an. "..Ich bin nicht hier, um mit Ihnen etwas zu trinken und einen Smalltalk zu führen. Bitte kommen Sie endlich zum Punkt, denn ich habe nicht ewig Zeit. Sowieso hat Danny schon an meiner Lüge gezweifelt, die ich ihm sagen musste."
Das Lächeln von eben schwindet allmählich von ihren Lippen und sie senkt ihre Blicke auf ihre Hände, die auf dem Tisch liegen. Sucht deutlich nach den richtigen Worten und weiß nicht, was sie überhaupt sagen soll.
"Warum wollten Sie mit mir sprechen?", frage ich sie mit einer ruhigen Stimme.
"Ich..", beginnt sie zögernd zu sagen und widmet ihre Aufmerksamkeit wieder zögernd mir. "..Ich möchte wissen, wie es ihm geht und was er so macht. Es tut mir Leid, dass ich dich da reinziehen musste, doch ich kenne keinen anderen, der noch Kontakt zu ihm hat. Eigentlich war ich sogar verwundert, dass du immer noch Kontakt zu ihm hast, doch gleichzeitig auch erleichtert. Endlich habe ich die Möglichkeit wieder etwas über ihn zu erfahren und die wollte ich nutzen."
"Warum wollen Sie nach all den Jahren wissen, wie es ihm geht? Was denken Sie denn, wie es ihm nach alldem, was er durchmachen musste, noch gehen kann? Die Frage ist doch nach all den Jahren lächerlich, wenn es Ihnen schon damals, als Sie ihn verlassen haben, egal war. Finden Sie nicht auch?"
Mit einer kalten Miene verschränke ich meine Arme vor der Brust und lehne mich nach hinten. Mir ist bewusst, dass meine Worte hart sind, doch sie hat es nicht anders verdient, nach alldem was Danny dank ihr durchmachen musste.
Meine Worte treffen sie auch ziemlich, da sie mir nicht mehr in die Augen sehen kann und ihren Kopf schuldbewusst senkt.
"Ich weiß, dass ich eine schreckliche Mutter bin und ihm alles zerstört habe. Das ich zum größten Feind meines Sohnes geworden bin und ihm nur geschadet habe. Das weiß ich, doch er war mir nie egal und das wird er auch niemals sein..", erklärt sie mir mit einer zitternden Stimme und ihre Augen füllen sich mit Tränen. "..All die Jahre habe ich nur an ihn gedacht und bin bei seinem Namen innerlich gestorben. Ich habe mich schrecklich gefühlt und mein Gewissen hat mich Tag und Nacht geplagt. Wie.. Wie konnte ich ihn zurücklassen, wenn er mich doch so gebraucht hat? Warum musste all das passieren? Diese Fragen begleiten mich selbst heute noch und wenn ich könnte, würde ich alles ungeschehen machen, doch ich kann es nicht. Mein Sohn hasst mich heute und ich habe es auch nicht anders verdient. Er wird es mir niemals verzeihen können und das auch zurecht. Ich habe ihm alles genommen. Sein Leben, seine Zukunft und Träume, seine Schwester und auch seine Familie.. Das werde ich mir niemals verzeihen."
Eine Träne rollt ihr nun über die Wange, die sie aber direkt wieder wegwischt, da im selben Moment der Kellner uns die Getränke bringt. Nachdem er wieder weg ist, richte ich meine Blick auf sie.

StrangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt