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Am nächsten Morgen werde ich durch das Klingeln meines Handys geweckt. Anscheinend bin ich auf der Couch eingeschlafen. Völlig müde greife ich nach meinem Handy und sehe das der Anruf von Sara kommt.
"Hallo?"
"Hey, Grace. Habe ich dich etwa geweckt?", fragt sie mich munter.
"Ja, das hast du", antworte ich gähnend und lehne mich wieder zurück.
"Oh, tut mir Leid..", entschuldigt sie sich lachend. "..Sag mal, was hast du heute so vor? Und sag mir jetzt bitte nicht, dass du diesen schönen Tag, an dem wir mal endlich frei haben, wieder daheim verbringen willst."
"Ich will meine Mutter besuchen. Sonst habe ich eigentlich nichts vor. Warum?"
"Gut, dann bist du heute Abend in meiner Obhut unterwegs. Wir gehen zusammen mal feiern und genießen das Leben. Alex kommt auch mit. Wir werden sehr viel Spaß haben und außerdem bekommst du mal deinen Kopf frei..-"
"Sara, du weißt das ich nicht gerne feiern gehe und zudem habe ich zurzeit echt nicht die Kraft dafür. Aber trotzdem danke."
"Grace, komm schon. Was willst du alleine den ganzen Tag lang machen?", erwidert sie empört und gibt nicht auf.
"Ich.. Ich will es erneut versuchen."
"Was willst du erneut versuchen? Ich verstehe nicht ganz."
"Ich will versuchen mit ihm zu reden", antworte ich gelassen und bemerke an der kurzen Stille zwischen uns, dass ihr diese Antwort nicht so ganz gefällt.
"Grace, du willst ernsthaft nochmal mit ihm reden, nachdem er so gemein zu dir war? Hast du nicht mehr alle Tassen im Schrank? Ich würde ihm an deiner Stelle nicht einmal ins Gesicht schauen."
Sie kann es einfach nicht verstehen.
"Ich werde kämpfen bis er mit mir redet, so wie er es damals für mich getan hat. Daran ist nichts falsch", antworte ich ernst.
Mal wieder herrscht eine kurze Stille zwischen uns, bis sie diese dann nach einigen Sekunden bricht.
"Ist gut. Dann wünsche ich dir viel Glück dabei. Bis dann", und damit legt sie auf und lässt mich sprachlos zurück. So eine Reaktion habe ich nicht erwartet. Anscheinend hat sie heute einen schlechten Tag.
Gähnend rappel ich mich auf die Beine und schlendere ins Bad, um mich fertig zu machen. Nach einer Stunde bin ich dann soweit und verlasse das Haus. Draußen ist es heute mal wieder windig und kühl. Langsam merkt man wie der Winter näher kommt. Die Bäume verlieren nun auch ihre letzten Blätter und die schönen Farben der Sommerzeit sind mittlerweile auch alle erloschen. Mir gefällt diese Jahreszeit wirklich gut. Die Kälte auf meiner Haut und der frische Wind, welcher mir durch meine dunklen Haare weht, lässt mich lebendig fühlen. Dies wiederum brauche ich mehr als alles andere.
Mit langsamen Schritten nähere ich mich meinem Ziel und biege in seine Straße ein. Mit einem mal werden all die alten Bilder in meinem Kopf wieder lebendig.

"Nein, warte doch mal. Danny..", schreie ich, folge ihm mit schnellen Schritten und packe ihn schließlich am Arm. "..Was hast du denn? Warum bist du sauer auf mich? Warum ignorierst du mich schon den ganzen Tag?"
Doch mal wieder ignoriert er mich. Ich stelle mich nun direkt vor ihn und umfasse sein Gesicht mit meinen Händen, sodass er mir direkt in meine Augen schauen muss.
"Bitte sag irgendwas. Dein Schweigen bringt mich um", gebe ich leise von mir, während mir eine Träne über meine Wange rollt.
"Warum hast du es mir nicht gesagt, Grace?", fragt er mich schließlich ernst und schaut mich vorwurfsvoll an.
"W..Was? Ich verstehe nicht."
"Warum hast du mir nicht erzählt, dass er euch so misshandelt? Dass er der Grund ist, warum du so lange keinen Kontakt mehr zu mir haben wolltest? Warum Grace?"
"I..Ich..", stottere ich geschockt und senke meine Blicke. "..Ich konnte nicht."
"Du konntest nicht? Grace, du hättest es mir sagen müssen. Ich will dir doch nur helfen."
"Ich weiß", seufze ich und meide seine Blicke. Mir fällt es schwer mit ihm darüber zu reden. Plötzlich spüre ich seine Hände an meinem Gesicht und mit einem mal schaue ich in seine rehbraunen Augen.
"Egal wann du mich auch brauchst, diese Tür ist offen für dich. Vergiss das nicht, Grace. Ich werde hier immer für dich da sein."

Diese Tür, vor der ich nun mittlerweile auch stehe. Mein Herz klopft mir bis zum Hals. Angst, Nervosität und Spannung verzieren mein Inneres, doch ich schlucke alles runter und versuche diese zu verdrängen. Ich muss es tun. Nicht für mich, sondern für ihn.
Mit zitternden Händen klopfe ich an die Tür, doch auch nach einigen Sekunden macht keiner auf. Gerade als ich erneut klopfen will, wird die Tür plötzlich geöffnet und ich stehe direkt vor ihm. Er schaut mich mit seinen wunderschönen Augen an, welche mir meinen Atem rauben.
"Was willst du hier?", fragt er mich schließlich mit einer kalten Stimme.
"Ich.. Ich wollte mit dir reden", stottere ich und halte dabei den Blickkontakt, auch wenn es mir sehr schwer fällt.
"Ich will aber nicht reden. Noch was?"
Seine kalte Reaktion bringt mich innerlich um, doch ich darf es ihm nicht offenbaren.
"Danny, was ist mit dir los? Warum behandelst du mich so schlecht? Habe ich unbemerkt etwas getan damals, was dich verletzt hat? Warum bist du einfach verschwunden? Ist damals etwas passiert? Von heute auf morgen warst du weg und euer Haus leer geräumt. Was ist passiert, Danny? Warum bist du gegangen?", frage ich ihn schließlich. Auf diese Fragen sagt er mal wieder nichts, sondern durchbohrt mich nur erneut mit seinen kalten Blicken. Doch ich gebe nicht auf.
"Danny, sag doch irgendwas. Dein Schweigen bringt mich um."
Erneute Stille, mehr nicht.
Bevor ich wieder etwas sagen kann, springt er mir diesmal jedoch zu Wort.
"Geh jetzt und komm nie wieder", gibt er mit einer kalten Stimme von sich und schließt schließlich die Tür vor meiner Nase zu. Geschockt stehe ich vor seiner Tür, doch auch das wird mich nicht daran hindern.
"Egal wie oft du mir die kalte Schulter auch zeigen wirst, ich gebe nicht auf, Danny. Niemals! Hörst du? Ich werde um dich kämpfen, so wie du es damals für mich getan hast", rufe ich ihm zu. Nicht sicher, ob er mich überhaupt hören kann. Danach mache ich mich wieder auf den Weg zu meiner Mom. In meinem Kopf herrscht ein reines Chaos. Ich weiß nicht was und wie ich mich fühlen soll, nachdem er den Kontakt wieder blockiert hat.
Es tut weh.
Es tut wirklich höllisch weh, doch Aufgeben werde ich trotzdem niemals.

StrangerWhere stories live. Discover now