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Ohne überhaupt richtig zu realisieren, was ich gerade alles erfahren habe und mit all den offen Fragen in meinem Kopf, stehe ich vor der Haustür. Atme tief ein und aus und versuche mir gleich nichts von alldem anmerken zu lassen. Das Letzte, was ich will, ist das Danny mir das ansieht, denn er würde mir das nicht verzeihen.
"Okay, alles gut..", seufze ich leise, schließe die Tür auf und betrete den Flur. Werde gleich von einer großen Stille begrüßt, welche irgendwie ungewohnt ist. Meistens hört man nämlich immer direkt aus dem Wohnzimmer den laufenden Fernseher, welcher heute aber aus bleibt.
"..Danny?", rufe ich verwundert und hänge meine Jacke auf. Eine Antwort bekomme ich daraufhin aber nicht, was auch sehr merkwürdig ist, da er heute um die Uhrzeit nicht arbeitet und soweit ich weiß, auch nichts unternehmen wollte. Verwirrt führt mich mein Weg ins Wohnzimmer und meine Blicke bleiben sofort an Danny hängen, der am Esstisch sitzt und mit einer ernsten Miene aus dem Fenster starrt.
"Danny? Hast du mich nicht gehört? Ich habe dich gerufen..", frage ich ihn verwundert, doch er dreht weder seinen Kopf zu mir, noch gibt er mir eine Antwort. Er schenkt mir einfach keinerlei Aufmerksamkeit, was die Unruhe in mir steigen lässt. Irgendwas stimmt nicht.
"..Hey, alles okay?"
Vorsichtig nehme vor ihm am Tisch Platz, doch er wirft mir wieder keinen Blick zu. Seine Augen sind starr nach draußen gerichtet und seine Körperhaltung bleibt weiterhin abweisend und unverändert.
"Danny, rede doch mit mir! Ich mache mir langsam Sorgen. Was ist los? Was hast du?", gebe ich besorgt von mir und will meine Hand auf seine legen, die auf dem Tisch liegt, als er sie plötzlich wegzieht. Seine so kalte Reaktion trifft mich unerwartet und wie erstarrt, starre ich ihn mit großen Augen an. Er dreht seinen Kopf zu mir und die eiskalte Miene in seinem Gesicht, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe, ist wie ein Schlag für mich.
"Wo warst du?", fragt er mich in einem kalten Ton.
"I..Ich.. Ich habe dir doch gesagt, dass ich in der Bibliothek lernen wollte", antworte ich verunsichert.
"Lernen, also?"
Der Vorwurf in seiner Stimme unterzeichnet die Wut in seinen rehbraunen Augen, die jede Ader meines Körpers gefrieren lassen. Mein Herz klopft mir bis zum Hals, denn eine Vermutung macht sich in mir auf, auf die ich unbedingt verzichten wollte. Eine Vermutung, die eines meiner größten Ängste gerade bilden würde.
"Ja, warum fragst du?", frage ich ihn und schlucke die Zweifel in mir runter, da ich mir nichts anmerken lassen darf.
"Lüg mich nicht an, Grace", zischt er plötzlich laut und außer sich vor Wut, während er dabei gleichzeitig mit der Faust auf den Tisch schlägt.
Ängstlich zucke ich zusammen bei dem lauten Schlag und starre ihn mit großen Augen an.
Er weiß es.
Er weiß, wo ich war.
Er wird es mir niemals verzeihen.
Diese Sätze wiederholen sich wie ein kaputtes Radio immer wieder in meinem Kopf, während mir die Sprache weiterhin verschlagen bleibt. Da ist nur dieses Gefühl, als hätte man mich in eiskaltes Wasser geworfen, welches jede Pore meines Körpers trifft und mir den Atem raubt.

Während ich vor ihm sitze und kein Wort mehr herausbekomme, funkelt er mich weiterhin wütend an und die Tatsache, dass ich nichts sagen kann, lässt die Wut in ihm regelrecht kochen.
"Rede mit mir, verdammt nochmal! Warum hast du mich angelogen?! Wie konntest du das tun, Grace?!"
"I..Ich..", stottere ich und meide seine Blicke. "..Ich weiß nicht, worauf du hinaus willst, Danny."
"Du weißt also nicht, worauf ich hinaus will?.." Zornig legt er sein Handy auf den Tisch, auf dem ein Chatverlauf von ihm und Victoria geöffnet ist und in welchem sie ihm zwei Fotos geschickt hat, auf dem Katrin und ich zu sehen sind, wie wir im Café sitzen. Meine Augen weiten sich geschockt, während ich wie erstarrt meine Blicke nicht vom Display nehmen kann. Das kann doch nicht wahr sein. Alles, aber nur nicht das.
"Ich.. Das.. Es ist nicht so, wie es aussieht, Danny..-", stottere ich, doch er unterbricht mich direkt.
"Wie ist es dann?! Wie willst du mir das erklären?! Hinter meinem Rücken triffst du dich mit dieser Frau, obwohl du weißt, dass sie mir mein Leben zerstört hat! Mit was für Ausreden willst du mir jetzt kommen?! Was willst du sagen?!.."
Seine laute Stimme dringt mir bis zu den Ohren, während das Blut mir in den Adern gefriert. Er steht auf und läuft hin und her, um seine enorme Wut unter Kontrolle halten zu können. Seine zitternden Hände sind dabei zu Fäusten geballt. So habe ich ihn noch nie zuvor erlebt.
"..Die Person, der ich blind vertraue, lügt mich an und trifft sich mit dieser Frau, die mir alles genommen hat! Es passiert schon wieder. Es ist immer dasselbe. Wie ein verdammter Idiot habe ich nochmal vertraut. Ich habe wirklich geglaubt, dass du wenigstens mein Vertrauen niemals missbrauchen würdest. Lächerlich", zischt er zornig und schlägt mit seiner Faust fest gegen die Wand, wodurch diese sofort zu bluten beginnt. Schlagartig sprinte ich sofort zu ihm und will seine Hand in meine nehmen, als er diese erneut wegzieht und sich zwei Schritte von mir entfernt.
Dies ist ein erneuter Schlag in mein Gesicht und auch gleichzeitig ein Stich in mein Herz, welches doch so an ihm hängt. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals, während meine Augen sich mit Tränen füllen.
"Ich würde dein Vertrauen niemals missbrauchen, Danny. Lieber sterbe ich und das weißt du! Ich kann doch alles erklären, also bitte gib mir eine Chance", gebe ich hoffnungsvoll von mir.
"Du weißt ganz genau, was sie mir angetan hat! Du weißt, was für einen Hass ich bei ihrem Namen empfinde und was tust du?! Du lügst mich an, triffst dich mit ihr und tust nun auf unschuldig! Was gibt es da zu erklären?! Mit welcher Lüge willst du mir jetzt kommen?!"
Die Angst in mir wird immer größer. Die Angst davor, ihn verlieren zu können.
"Ich habe es doch nur getan, um dir helfen zu können. Damit du dein Ziel erreichen kannst. Ich wollte dir doch helfen und..-"
"Niemand hat dich um Hilfe gebeten, Grace..", gibt er in einem lauten Ton von sich und funkelt mich wütend an und dieser Satz trifft mich wirklich hart. Es tut sogar höllisch weh. Wie angewurzelt stehe ich vor ihm, während mir die erste Träne nun über die Wange rollt.
"..Es ist mein Leben und mein Ziel! Es kann dir egal sein, wie ich es erreichen werde! Ich habe dich nie darum gebeten und das werde ich auch niemals tun, hörst du?!"

StrangerWhere stories live. Discover now