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Müde und erschöpft schlendere ich durch die Gänge der Universität. Die letzte Nacht habe ich nicht gut geschlafen. Egal wo ich hingeschaut habe, sein Gesicht war vor meinen Augen. Tief in mir wünsche ich mir irgendwie das ich mich getäuscht habe, aber das glaube ich selber nicht einmal. Ich habe so viele Fragen, doch kann sie nicht stellen. Stattdessen plagen mich meine Gedanken und geben mir keine Ruhe.
Am Kaffeeautomaten bleibe ich dann stehen und hole mir einen Kaffee, den ich gerade mehr als nur brauche. Danach begebe ich mich in den vollen Vorlesungssaal und suche verzweifelt nach einem freien Platz, als mich plötzlich jemand ruft.
"Grace! Grace, hier!"
Ich schaue mich um und bemerke dann Sara, die mit ihren Armen hin- und her wedelt, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Bei ihren kurzen blonden Haaren und ihren blauen Augen ist es eigentlich auch unmöglich sie zu übersehen. Ein Grinsen bildet sich auf meinen Lippen, während ich in ihre Richtung laufe.
"Endlich hast du mich gesehen. Ich mache mich hier ja zum Affen", seufzt sie empört und lacht.
"Tut mir Leid. Bin heute etwas spät dran", gebe ich entschuldigend von mir und nehme neben ihr Platz.
"Grace, hast du gestern Abend nicht geschlafen? Du siehst ja total müde aus. Ging es deiner Mom nicht gut?"
"Wie immer halt. Lag nicht an meiner Mom", antworte ich, während ich meine Sachen auspacke.
"Woran dann? Bist du krank?", fragt sie mich neugierig.
"Nein, mir geht es gut, Sara. Ich.. Ich bin gestern Danny begegnet." Ich richte meine Blicke auf den Boden, um ihr dabei nicht in die Augen zu schauen. Wenn es um Danny geht, kriege ich nämlich immer dieselben Blicke.
"D..Danny? Der Danny?", fragt sie mich geschockt.
"Ja, der Danny."
"Wo? Was hat er gesagt? Wie hat er reagiert?" Neugierig richtet sie ihre blauen Augen auf mich und wartet gespannt auf meine Antwort, die mir jedoch schwerer fällt als erwartet.
"Er hat mich nicht erkannt, Sara. Anscheinend hat er mich vergessen", gebe ich schließlich zu, woraufhin der Schock in ihrem Gesicht große Maße annimmt.
"Wie? Das.. Das kann ich dir nicht glauben. Danny und dich vergessen? Niemals! Er würde alles, aber nicht dich vergessen, Grace. Das kannst du mir glauben."
Ich richte meine Blicke auf sie und halte nun den Blickkontakt.
"Sara, ich sage dir, was ich erlebt habe. Er arbeitet anscheinend in einem Café und es war ein großer Schock für mich, ihn plötzlich vor mir zu haben. Meine ganze Welt stand mit einem mal auf dem Kopf und ich war so nervös. Doch er? Er hat mir keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt und mich nicht erkannt. Er hat mich nicht mehr mit diesen strahlenden Augen angesehen, die mich damals zum glücklichsten Menschen auf dieser Welt machen konnten. Nein, er war kalt und..", gebe ich traurig von mir und halte kurz inne. Sara beobachtet mich derweil mit großen Augen.
"Und? Grace, sag schon."
"..Und wie ein fremder Mensch", füge ich noch hinzu und versuche die Emotionen zu unterdrücken, die mich mal wieder erwürgen.
Sara jedoch versteht ohne zu zögern meine Gefühle und versucht mich aufzumuntern. "Grace, er wird definitiv einen Grund dafür gehabt haben. Vielleicht war er in Zeitdruck oder es war ein Probearbeitstag für ihn, sodass er nicht mit dir reden konnte. Mach dir da mal keine Sorgen. Mich wundert es nur, was er nach all den Jahren hier wieder zu suchen hat. Damals ist er einfach verschwunden. Er hat sich nicht mal verabschiedet."
"Diese Frage stelle ich mir auch schon die ganze Zeit. Was macht er hier?", murmle ich leise vor mich hin, bis Sara dann etwas einfällt.
"Warum fragen wir ihn nicht einfach?", gibt sie mit einem Grinsen von sich und richtet ihre blauen Augen erwartungsvoll auf mich.
"Was? Sara, ich habe dir doch eben noch gesagt, dass er mich nicht erkannt hat, oder? Was soll ich da denn noch sagen?"
"Geh und frag ihn einfach nach dem Grund? Sollte er dich dann wieder nicht kennen, dann gibst du es endgültig auf. Grace, du hast doch seitdem er damals verschwunden ist, jede Sekunde nur an ihn gedacht. Also geh und frag ihn. Danny wird einen Grund für all dies gehabt haben. Ich meine, wir sind doch Kindheitsfreunde und kennen ihn schon so lange. Und du sogar noch länger als Alex und ich. Ihr seid doch zusammen aufgewachsen. Du musst mit ihm reden. Wenn du willst, kann ich auch gerne mitkommen? Wir können auch Alex mitnehmen. Er wird sich bestimmt auch freuen unseren alten Kindheitsfreund zu sehen, oder?"
Zögernd richte ich meine Augen auf sie.
"Alex muss nach der Uni arbeiten. Das weißt du doch. Aber du hast Recht. Vielleicht sollte ich ihn wirklich zur Rede stellen, doch irgendwie habe ich Angst. Angst vor den Antworten."
"Ängsten sollte man sich stellen", gibt Sara mit einem breiten Grinsen von sich und letztendlich schafft sie es dann auch mich zu überzeugen.

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