Kapitel 31

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Kapitel 31:
Ab diesem Moment verlief mein Tag deutlich ruhiger. Zwar wurden mir immer wieder erstaunte Blicke zugeworfen, je mehr sich die Geschichte mit James verbreitete, doch ich wusste jeden Kommentar zu überhören. Denn ich bereute merkwürdigerweise nicht, was ich getan hatte. Zwar hatte es meine Chance, schnell aus den Mündern der Leute zu verschwinden, gesenkt, doch es hatte mich zeitgleich auch stärker gemacht, mich stärker wirken lassen. Es hatte James und allen, die davon erfuhren, bewiesen, dass ich nicht mit mir umspringen ließ, wie es ihnen passte.

Der einzige, dessen Meinung ich darüber gerne hören würde, da ich Angst bekam, er könnte mich verurteilen, war Louis, doch seine verwuschelte Mähne tauchte den ganzen Tag über nicht in meinem Sichtfeld auf. Nicht mal mehr als ich nach der letzten Stunde das Gebäude verließ und mein Blick über die Menschenmenge glitt, konnte ich ihn ausmachen. Ich begann sogar daran zu zweifeln, dass er überhaupt in der Schule war, dabei ging es ihm gut gestern Abend, was eigentlich ausschloss, er könnte krank sein.

Den Gedanken schnell vertreiben, da ich selbst genügend andere Probleme an diesem Tag zu bewältigen hatte, lief ich direkt auf den Parkplatz zu, um zu meiner Mutter in ihren BMW zu steigen. Dass auch hier sämtliche Blicke meiner Gestalt folgten und tuschelten, gefiel mir überhaupt nicht. Ich konnte nur hoffen, dass meine Mum viel zu arrogant war, sie überhaupt anzusehen, denn würde sie das Getratsche bemerken, wusste ich keine Ausrede, die ich ihr auftischen könnte.

"Wie war die Schule?", bekam ich anstatt einer Begrüßung, als ich die Tür hinter mir zuschlug und mich ausgelaugt gegen den Sitz gleiten ließ. Mir lag bereits ein 'dir auch einen guten Tag, Mutter' auf den Lippen, doch ich konnte mich gerade noch so zurückhalten. Für einen Tag hatte ich genügend Kontrolle über mich selbst verloren, da musste ich nicht weitere Probleme erzeugen. "Gut", gab ich stattdessen, gehorsam wie eh und je, zurück, was meiner Mutter wohl als Antwort genügte.

Weitere Worte tauschten wir die ganze Fahrt über nicht aus. Irgendwie hatte ich erwartet, dass sie mich noch mal auf mein Verhalten am Morgen ansprechen würde, um ihre Drohung, dass sie mich heute nach Hause fuhr, auch zu verwirklichen, doch scheinbar fehlte ihr die Lust, dies zutun. Erst als wir in die so vertraute Straße einbogen, an dessen Ende sich unser Haus platzierte, wagte ich es wieder den Mund zu öffnen. "Kann ich heute noch mal zu Louis?", murmelte ich so unverständlich, dass ich beinah befürchtete, ich würde die Frage wiederholen müssen, doch zu meiner Verwunderung hatte meine Mum jedes Wort verstanden. Mit geschürzten Lippen drehte sie sich in meine Richtung, die Augen zu leichten Schlitzen verengt und eine sichtliche Missbilligung meines Verhaltens auf den Lippen. "Wieso?", presste sie hervor, wobei ihre Lippen sich nicht eine Sekunde aus ihrer Position entwendeten. "Nun ja, wir haben da immer noch diese Schulaufgabe, die wir gestern nicht abschließen konnten und ich möchte sie nicht auf den letzten Drücker erst erledigen, daher dachte ich...", begann ich wie immer meiner Mutter die Erklärung zu liefern, die sie hören wollen würde, doch sie unterbrach mich indem sie den Zeigefinger ihrer rechten Hand in die Höhe steckte. "Schulprojekt? Ich dachte, er hat dich auf den aktuellen Schulstoff gebracht und seine Erkenntnisse mit den deinen verglichen?" Mit einem Mal rutschte mir das Herz in die Hose und ich hätte mich selbst schlagen können für meine Dummheit. Ich war noch nie gut im Lügen gewesen, es wurde mir einfach nie gezeigt, wie man so was richtig machte, daher hatte auch meine Mum sämtliche Geschichten erfunden, wenn es um die Verheimlichung Leos Existenz ging.

"Ja sicher, doch als ir damit fertig waren, wollten wir auch noch mit dem Projekt anfangen!", versuchte ich es erneut. Dieses Mal fiel auch mir auf, wie wenig meine Geschichten überein stimmten, doch ich ließ mir nichts von meiner Unsicherheit anmerken. Stattdessen lächelte ich meiner Mutter vielversprechend zu und hoffte inständig, dies würde ihr für's erste genügen.

"Ich weiß nicht, ob ich den Umgang mit diesem Jungen unterstützen sollte!", stellte sie nach einigen Sekunden fest. Ihr Blick war inzwischen wieder auf die Straßen geglitten, die sich unserem Haus bereits genähert hatte und meiner Mutter erlaubte, in unserere Einfahrt zu biegen. "Ich habe dich auf die wohl beste Schule im ganzen Land geschickt; mit den besten Erfolgen, den besten Voraussetzungen und den angesehensten Familien, die ihre Kinder in die Obhut dieser Lehrkräfte geben, und du musst dich ausgerechnet mit dem einzigen...merkwürdigen Geschöpf abgeben, dass auf dem Schulgelände zu finden ist?" Erneut kochte die Wut in mir über und ließ mich beinah Dinge sagen, die ich später bereuen würde. Dinge darüber, dass sie Louis nicht kannte und ihn nicht vorschnell verurteilen sollte. Dass sie ein Monster war, ihn so nieder zu machen, obwohl er gestern unverwechsliclh gezeigt hatte, wie schlecht es ihm in seiner eigenen Haut ging und wie unsicher er sich fühlte. Und Dinge über Justin, James und all den anderen, dessen Existenz sie sich gar nicht vorstellen konnte.

Doch ich hielt mich zurück. Einzig und alleine, da ich wusste, dass sie mich andernfalls wieder auf meiner alten Schule anmelden würde und ich die merkwürdige wäre, die ging und wiederkam, da ihre Mutter für sie sämtliche Entscheidungen traf. Ich wollte nicht zurück, nichts dort wartete auf mich. Nicht mal mehr meine besten Freunde, die sich nicht melden konnten. Ich wollte sie alle nie wieder sehen. Und auch wenn ich es mir selbst nicht eingestehen wollte, wollte ich genauso wenig auf irgendeine andere Schule, denn ich mochte die neuen Erfahrungen die ich hier machte; genauso wie die Menschen, die ich kennenlernte und die mir das Gefühl gaben, dass ich mein Leben auch frei leben könnte, frei von Verpflichtungen und überfürsorglichen Müttern.

"Antworte mir gefälligst, Fräulein!", zischte meine Mutter schließlich auf. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir inzwischen in unserer Garage zum Stehen gekommen waren, so sehr war ich in meine Gedanken vertieft. "Er ist in Ordnung Mum...", flüsterte ich einwenig heiser. Zu mehr schien ich gerade einfach nicht in der Lage zu sein. Es kostete mich soviel Energie, mich ständig mit ihr auseinander setzen zu müssen, und ich begann ihre Einstellung vom Leben Sekunde um Sekunde immer mehr zu hassen.

"Hör zu Schatz, er ist niemand, den ich in dieser Familie willkommen heißen werde; genauso wenig wie dein Vater. Also wenn du mit ihm lernen willst, tu das, aber wage es nicht dich in ihn zu verlieben. Du braucht einen attraktiven Mann, der an deiner Seite stehen wird und der finanziell abgesichert ist. Einen Mann wie Noah Cole!" Für einen Moment gestattete ich es mir, meine Augen zu schließen, um mich selbst zu beruhigen. Ich würde es nicht mehr ertragen, wenn meine Mum diesen Namen noch öfter verwenden würde. Noah Cole war der Sohne ihrer besten Freundin, soweit man sie als echte Freunde bezeichnen konnte. Er war zwei Jahre älter als ich und ging auf ein Internat im Ausland, worum meine Mum ihn ständig beneidete. Sie schwärmte so oft von dieser Schule, dass es des öfteren schon gehofft hatte, sie würde mich dorthin schicken. Immerhin wäre ich dann endlich weg von Zuhause. Dock andererseits könnte ich Adrian niemals zurücklassen, niemals.

"Ich werde Noah Cole niemals lieben, Mum", versuchte ich ihr so ruhig wie möglich zu erklären, doch wie immer schüttelte sie wieder nur ihren Kopf. "Es geht nicht um Liebe mein Schatz. So ein Gefühl wie Liebe gibt es nicht in einer vernünftigen Welt. Es würde dich nur in die Irre leiten. Viel wichtiger ist es, dass du einen gebildeten, gutverdienenden Mann kennenlernst und genau so einer ist Noah. Außerdem ist er wirklich gutaussehendend und ein toller Fang. Es würde keine Probleme zwischen seinen und deinen Welten geben wie es bei mir und deinem Vater der Fall gewesen ist. Eure Kinder könnten Großeltern haben!"

Mehr brauchte ich nicht zu hören. Ohne meiner Mutter auch nur eine weitere Antwort zu geben stieg ich aus dem Wagen aus und machte mich in die Richtung meines Hauses, von dem wegzukommen mein größter Wunsch blieb.

Changes~Open Up Our Hearts (Justin Bieber ff) (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt