27. Und du bist glücklich?

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Ich schließe die Wohnungstür auf und bin gespannt, was mich erwartet. Ich betrete die Wohnung und höre Musik. Dazu höre ich ein Summen von Linda. Zwei Indizien dafür, dass sie putzt. Und wenn sie summt, hat sie gute Laune, denn sonst ist es eher ein dramatisches Mitsingen. Ich stelle meine Schuhe und meine Taschen neben die Tür und hänge meine Jacke auf. Ben habe ich schon auf dem Weg nach oben geschrieben, dass ich da bin. Da Linda nicht in Wohnzimmer und Küche ist, und ihre Zimmertür offen ist und ich sie nicht sehe, klopfe ich an die Badezimmertür. Von innen ertönt ein "Ahh". Linda scheint mich bis dahin noch nicht bemerkt zu haben. Ich öffne die Tür und sehe sie lachend an, während sie eine Hand aufs Herz legt.

"Ich freue mich auch dich wieder zu sehen!", sage ich lachend und nehme sie in den Arm. Sie erwidert die Umarmung und steigt in mein Lachen ein.

"Perfektes Timing! Bin gerade mit dem Putzen fertig geworden!"

"Sehr gut! Dann gibt's jetzt Pizza und wir quatschen?", frage ich freudenstrahlend. Bis auf das Frühstück, ein Brötchen und ein paar Gemüsesticks, die Amelie mitgebracht hatte, im Auto, habe ich heute noch nichts gegessen und wir haben bereits nach acht.

"Klingt gut! Wir müssen aber bestellen, Tiefkühlpizza haben wir nicht mehr." Als wenn ich damit ein Problem hätte. Wir gehen zusammen ins Wohnzimmer und Linda bestellt uns die Pizzen. In der Zeit gehe ich in mein Zimmer und räume meine Taschen darüber. Das Auspacken kann warten. Danach gehe ich zurück ins Wohnzimmer und lasse mich  neben Linda auf das Sofa fallen.

"Und?", frage ich sie. Ich denke, sie weiß ohne weitere Nachfrage, was ich meine.

"Wir wollen es nochmal miteinander versuchen", antwortet sie. Ich gucke sie auffordernd an damit sie weitererzählt. "Er ist vorbeigekommen und war total nervös. Dann haben wir drei Stunden lang geredet. Und irgendwie kann ich ihn verstehen. Und ganz ehrlich mir ist lieber, dass er jetzt herausgefunden hat, dass er keine Gefühle mehr für sie hat, als dass er sich das sein Leben lang fragt. Dennoch finde ich seine Herangehensweise nicht richtig. Ich hätte mir gewünscht, dass er ehrlich mit mir ist. Das habe ich ihm gesagt und ich denke, er hat das verstanden."

"Und du bist glücklich?", frage ich nach.

"Ja! Wir wollen es jetzt nochmal etwas anders probieren. Mehr Zeit zu zweit verbringen. Bei unserem letzten Versuch waren wir ja sehr schnell bei meinen und bei seinen Eltern und auch oft mit vielen anderen unterwegs oder feiern. Jetzt wollen wir uns mehr auf uns fokussieren."

"Das klingt doch gut! Schon irgendwelche Pläne?"

"Der erste Plan ist ein Urlaub zu zweit. Wir wollen wegfliegen und einfach schauen, wie wir als Paar funktionieren weg von unserem Alltag."

Damit hatte ich jetzt nicht gerechnet. Mit anders probieren, hätte ich erwartet, dass die beiden es langsamer angehen wollen. Ein Urlaub wäre da das Gegenteil. Aber ich freu mich für Linda und das sage ich ihr auch. Außerdem frage ich sie, wann der Urlaub losgehen soll und wohin es gehen soll.

"Am liebsten überall hin. Du weißt ja, dass ich schon immer eine Weltreise machen wollte, aber ich glaube, dass sollte nicht unser erster Punkt sein. Wenn es dann doch nicht funktioniert, ist es vielleicht schwierig, wenn wir noch so viel vor uns haben. Deshalb haben wir uns erstmal für Italien entschieden. Losgehen soll es Ende Mai und dann zwei Wochen. Aber jetzt erzähl du von deinem Wochenendtrip!", erklärt Linda kurz.

In dem Moment klingelt es an der Tür. Linda nimmt unsere Pizzen an und kommt zurück zu mir.

"Es war wirklich toll. Wir hatten sehr viel Spaß und haben die Zeit zusammen sehr genossen. Auf dem Rückweg habe ich Amelie mitgenommen, sie verbringt die Woche bei ihren Eltern. Und zum Wochenende kommen Mike und Ben nach." Dann erzähle ich Linda noch ein bisschen von München und frage sie, ob sie unter der Woche auch mit will, wenn ich mich mit Amelie treffe.

Als wir mit dem Essen fertig sind, beschließe ich jetzt direkt mit Linda über einen möglichen Umzug zu sprechen: "Es gibt da noch etwas. Die letzten Tage habe ich gemerkt, wie schön es ist, Ben täglich zu sehen und neben ihm aufzuwachen. Wir haben viel über die Zukunft gesprochen. Und ich überlege ernsthaft nach München zu ziehen."

Linda guckt mich mit weit aufgerissenen Augen an.

"Ich weiß, so lange sind wir noch nicht zusammen, aber so eine Fernbeziehung kann ich einfach nicht", ergänze ich.

"Noch nicht so lange? Ihr seid Ende November zusammen gekommen und habt euch kurz vorher kennengelernt. Jetzt ist es Mitte Februar. Das sind keine drei Monate." Linda hat recht. Es sind noch keine drei Monate. Aber es fühlt sich an wie Jahre, die wir uns kennen.

"Ich weiß. Aber ich liebe Ben und ich will nicht von ihm getrennt sein!"

"Und wenn ihr euch trennt? Wenn er doch nicht deine große Liebe ist? Oder du nicht seine? Dann sitzt du in München fest, weit weg von deiner Familie, deinen Freunden und deiner Heimat. Ich verstehe, dass du Ben vermisst, aber ich glaube, dass ein Umzug viel zu früh wäre", zu Beginn ist Linda sehr harsch, erst zum Ende hin wird ihre Stimme wieder sanfter.

"Aber wie soll ich herausfinden, ob Ben meine große Liebe ist und er meine, wenn wir uns nur einmal im Monat sehen? Ich weiß, dass es ein Risiko mitbringt, aber ich glaube, so kann sich unsere Beziehung nicht entwickeln."

"Aber du kannst doch nicht einfach deine Familie und deine Freunde zurücklassen! Und was ist mit uns? Willst du das einfach aufgeben?" Ich merke, dass Linda enttäuscht ist. Wir leben seit drei Jahren zusammen und haben uns auch vorher täglich gesehen.

"Glaub mir, wenn ich den Umzug wirklich durchziehe, ist er alles, aber nicht einfach. Ich weiß, dass ich das mit meiner Familie hinbekomme, wir sehen uns sowieso nicht täglich. Und ich bin mir auch sicher, dass Nina und ich das hinbekommen. Aber ja, dich zu verlassen, wird mir am schwersten fallen. Und wenn ich eine andere Idee hätte, würde ich es sofort tun, aber Bens Fußballkariere ist eine einmalige Chance und die kann ich ihm nicht zerstören. Und deshalb ist die einzige Lösung für unsere Beziehung, dass ich nach München ziehe. Ich werde dich dann unfassbar vermissen, dass weiß ich jetzt schon. Und am liebsten würde ich dich einfach mitnehmen, aber ich weiß, dass dein Leben hier ist. Aber genauso war uns beiden immer klar, dass unsere WG nicht für die Ewigkeit ist", versuche ich Linda die Situation zu erklären. Während ich darüber rede und nachdenke, dass ich sie verlassen werde, lösen sich die ersten Tränen aus meinen Augenwinkeln.

"Ich weiß, aber ich hatte gehofft, dass es noch ein wenig länger bleibt. Und wer weiß, vielleicht komme ich wirklich irgendwann auch nach München. Oder aber Ben wechselt den Verein und ihr kommt zurück."

"Heißt das, du verstehst mich? Und du unterstützt mich?", frage ich hoffnungsvoll.

My One And Only FootballstarWhere stories live. Discover now