chapter 31 - besuch

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Rewi und ich gingen Hand in Hand am Strand spazieren. Die Wellen rauschten in meinen Ohren und ich konnte das warme Wasser an meinen Füßen spüren. Es war ein seichter Wellengang. Der Sand kitzelte unter meiner Fußsohle.

Glücklich lächelnd schaute ich zu meinem Freund auf, der meinen Gesichtsausdruck widerspiegelte und sich an mich schmiegte. Mir war wohlig warm in seiner Nähe.

Plötzlich tauchte vor uns eine Tür auf. Eine ziemlich große Tür. Eine Tür, die absolut nicht an einen Ort wie diese passte. Verwirrt blieb ich stehen, aber Rewi lief weiter und zog mich so mit sich.

Dann hörte ich zum ersten Mal das Klingeln. Ich zuckte zusammen und blickte mich schockiert um. Das Geräusch schien von überall her zu kommen. Als ich nach oben blickte, löste sich der blaue Himmel, der mit Zuckerwatte-Wolken verziert war, langsam auf. Doch das laute Klingeln hörte nicht auf.

Nach einigen Momenten löste sich auch das Meer vor mir auf, dann der Strand unter meinen Füßen und schließlich verschwand auch der junge Mann neben mir.

"Boah, Felix, wach auf und geh zur Tür", vernahm ich ein Brummen von direkt über mir. Was?

Langsam öffnete ich die Augen, konnte aber immer noch nichts erkennen. Fuck, was war los? Träumte ich? Das war doch nicht real, oder? Oder... War ich blind?

Doch dann bewegte sich der Körper, zu dem das Brummen gehörte, zur Seite und ich konnte schließlich etwas erkennen. Okay, gut, ich hatte nur überreagiert.

Langsam klärte sich mein Verstand und ich erinnerte mich an alles aus letzter Nacht. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Ich hatte die Wette gewonnen. Und meine Belohnung hatte ich auch bekommen. Aber war da nicht noch der Wetteinsatz?

"Von wegen, du bist heute mein Butler, mach du die Tür auf", erwiderte ich und piekste ihm mit meinem Zeigefinger in den Bauch.

"Ich hasse dich."

"Oh, tut mir leid", sagte ich mit einem schmollenden Gesicht. Dann lachte ich kurz auf. "Aber ich bin heute dein Boss."

"Du bist kein Boss, Felix."

Erneut klingelte es an der Tür. Da war aber jemand besonders hartnäckig. Und das so früh am Morgen. Zumindest glaubte ich, dass es früh am Morgen war, da ich mehr als müde war und es außerdem noch nicht wirklich hell im Zimmer weh.

"Geh zur Tür, Sebastian", sagte ich mit meiner besten Imitation einer Boss-Stimme, was aber eigentlich nur ernst klang. Trotzdem zog es.

"Das hast du gerade nicht getan! Du weißt, wie sehr ich diesen Namen hasse, Alter." Und schon bewegte er sich, stützte sich auf seinen Ellenbogen ab und blickte mir genervt in mein Gesicht.

Ich zog herausfordernd die Augenbraue hoch. Er wusste, dass ich es getan hatte. Und er wusste, dass er verloren hatte. Er war für einen Tag mein Butler und ich somit für einen Tag sein Boss.

Mit einem genervten Seufzen setzte er sich schließlich auf und ging ins Schlafzimmer, um sich wenigstens eine Boxershorts und ein Shirt überzuwerfen. Nur einige Sekunden später kam er angezogen aus dem Raum und lief an mir vorbei zur Tür. Auf dem Weg warf er mir noch einen Blick zu, den ich nicht wirklich deuten konnte. Zuerst wirkte er immer noch genervt, allerdings zog er dann die Augenbrauen hoch und grinste mich schief an.

"Hallo? - Ja, sorry, wir haben noch geschlafen. - Ja. - Klar. - Okay, komm hoch!", hörte ich Rewis Stimme von der Tür aus, dicht gefolgt von dem Surren des Türöffners.

Müde schloss ich erneut meine Augen und drehte mich zur Seite. Rewi würde das Gespräch schon alleine regeln können. War bestimmt eh nur der Postbote. Und ich hatte letzte Nacht definitiv zu wenig geschlafen...

"Rewinsideeee!", hörte ich eine Stimme aus dem Treppenhaus rufen. Woher kannte der Postbote Rewis Youtube-Namen? Anscheinend hatten wir nun auch ältere Fans. Sollte mir recht sein.

"Alter, wie lange haben wir uns schon nicht mehr gesehen?" Wahrscheinlich seid dem letzten Mal, als der Postbote hier vorbei kam? Aber warum nannte Rewi ihn "Alter"? Kannten die sich etwa?

"Locker ein halbes Jahr", hörte ich die zweite Stimme antworten, die nun deutlich näher war als vorher. Mir kam diese Stimme so bekannt vor! Und langsam beschlich mich der Verdacht, dass es nicht der Postbote war. Denn warum würden sich die beiden daran erinnern, dass sie sich das letzte Mal vor einem halben Jahr gesehen hatten? Es sei denn, es war ein sehr lustiger und ironischer Postbote.

"Wir müssen mal wieder zusammen aufnehmen, Petrit." Petrit? Warte, was? Was machte der Albaner hier?

Panisch schlug ich meine Augen auf und blickte in Richtung Tür. Gleich würden die beiden dadurch kommen und ich lag hier auf dem Sofa und... Fuck, ich hatte schon wieder nichts an.

Schnell sprang ich auf und rannte ins Schlafzimmer. In der Hoffnung, nicht zu viel Lärm zu machen, schnappte ich mir wahllos Klamotten aus dem Schrank, die wahrscheinlich zur Hälfte mir und zur Hälfte Rewi gehörten, und schmiss sie mir über.

Gerade als Rewi "Felix kommt gleich, der schläft noch" zu Petrit sagte, kam ich aus dem Schlafzimmer. Ich wusste, dass ich viel zu wach dafür wirkte, dass ich gerade erst aufgewacht sein sollte, aber das war mir in dem Moment egal. Schließlich hätte mich mein Kumpel gerade um ein Haar nackt erwischt. Und wenn ich an das Mal zurück dachte, als mir das mit Palle passiert war, wollte ich immer noch am liebsten vor Scham im Erdboden versinken.

"Petrit!", rief ich gespielt überrascht und betont fröhlich.

"Hey, du", meinte er locker und kam auf mich zu, um mich in eine brüderliche Umarmung zu ziehen. Über seine Schulter hinweg blickte ich zu Rewi und fragte ihn nur mit Lippenbewegungen und ohne Ton, warum er mich nicht gewarnt hatte. Dieser zuckte nur mit den Schultern, was entweder bedeuten konnte, dass er es nicht wusste und es ihm egal war, oder dass er mich einfach nicht verstanden hatte.

Petrit und ich lösten uns aus unserer kurzen Umarmung und ich fragte ihn: "Was machst du denn hier? Was gibt's?"

"Ich bin später mit Simon verabredet, wir müssen was drehen. Und da dachte ich mir, ich schaue mal bei meinem besten Freund vorbei", erklärte er grinsend und boxte mich gegen meine Schulter. Bei seinen Worten schaute ich kurz einmal zu Rewi, welcher unglaublich wütend aussah.

Ich zog eine Augenbraue hoch, konzentrierte mich dann jedoch wieder auf Petrit. "'Mega cool, das freut mich! Willst du was trinken oder so?"

"Ja, so 'ne Cola wär nice."

"Rewi, zwei Cola", grinste ich Rewi an, der sich sofort umdrehte und das Zimmer verließ. Dieser Tag würde echt der beste in meinem Leben werden. Einfach nichts tun und Rewi das machen lassen, auf das man keinen Bock hatte.

"Hast du immer so einen Befehlston drauf?", fragte mich Petrit erstaunt, während wir ins Wohnzimmer gingen, um es uns auf dem Sofa gemütlich zu machen.

"Nö, aber er hat eine Wette verloren, deswegen darf ich ihn heute so behandeln." Unwillkürlich musste ich etwas vor mich hin lächeln. Diese Wette war so eine verdammt gute Idee gewesen!

"Cool, um was ging's denn?"

"Oh, ehm... Das erzähl ich dir wann anders", versuchte ich vom Thema abzulenken, denn das war das letzte, was ich ihm erzählen wollte, "erzähl du erstmal, was in letzter Zeit so bei dir abging? Irgendwas Neues?"

Petrit war gerade dabei, mir zu beschreiben, wie er seine Wohnung umdekoriert hatte und dann wechselte er zu diesem Mädchen, was er vor einer Woche auf einer Party kennengelernt hatte. Zum Glück war er gerade so damit beschäftigt, dass er nicht auf meinen Gesichtsausdruck achtete und somit nicht meinen kleinen Schock mitbekam. Auf dem Sofa befand sich immer noch die weiße Flüssigkeit aus der letzten Nacht. Und das nicht gerade besonders unauffällig.

Ich versuchte mich normal zu verhalten und nickte ab und zu ein paar mal, obwohl ich Petrit sowieso nicht zuhörte. Dann setzte ich mich einfach schnell direkt auf die Stelle und hoffte, das Petrit nichts davon mitbekommen würde.

erdbeersüß. | rewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt