1941- Zwischen Verrat und Fam...

By ZwischenZweiZeilen

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~Hamburg, 2018 Träume können viel verändern, das ist gemeinhin bekannt. Doch Katharinas und Oskars Träume ver... More

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Weihnachtsspecial
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Epilog
Nachwort
"Alternatives" Ende/ Kapitel 42
Teil 2!

Kapitel 13

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By ZwischenZweiZeilen

Kathi

Meine Füße tragen mich langsam durch die Gassen, in meinen Händen zwei Einkaufskörbe. Ich habe Zutaten für das Mittagessen besorgt. Für gewöhnlich hätte ich mich ja immer davor gedrückt, schließlich hasse ich es lange zu einem Geschäft zu laufen, um dann mit schweren Körben zurückzulaufen, aber ich will mich ablenken. Das Treffen mit Hans rückt immer näher. Minute um Minute werde ich aufgeregter. Nicht, weil ich mich freue, sondern weil ich panische Angst habe.

Peter und ich haben alles in Detail geplant. Oder eher alle Fragen. Ich versuche die Fragen zu stellen, die Hand über das Gespräch zu haben, damit er ja keine Chance hat, mir Fragen zu stellen und Dinge aus mir herauszubekommen. Ich bin mir zwar sicher, dass ich dichthalten kann, aber bei meiner Aufregung wäre es kein Wunder, wenn ich doch etwas zu viel erzähle.

Während ich um die letzte Ecke gehe, werden meine Knie merklich weicher. Es ist nur ein Treffen. Für gewöhnlich bin ich kein Fan von Mantras, aber das ist mein Mantra seit gestern Abend. Seitdem Peter mir Mut zugesprochen hat.

Ich schließe die Tür zu unserem Wohnhaus auf, laufe die Treppe hoch in den 2. Stock und öffne auch diese Tür. Waltraud kommt auf mich zu und nimmt mir die Körbe ab. Sie ist keine Frau der vielen Worte und ehrlicherweise finde ich es gut. Wenn ich eine Sache nicht mag, dann sind das Leute, die ununterbrochen reden.

Mein Blick wandert zu der großen Standuhr. 16:54. Nur noch eine Stunde und sechs Minuten, bis Hans mich abholt. Ich streife meine Schuhe von den Füßen, hänge den Mantel an den Wandhaken und gehe ins Bad.

Vor dem Spiegel bürste ich schnell meine Haare, lasse das Wasser in die Badewanne. Dann lasse ich mich in das Wasser sinken. Ich versuche mich zu entspannen. Schließe die Augen und atme tief durch. Doch der Gedanke, mit diesem Nazi ins Kino zu gehen wird immer und immer präsenter. Er rückt immer weiter in den Vordergrund, wie ein Mensch, der es liebt im Mittelpunkt zu stehen. Nur eben nicht im positiven Sinne. Meine Hände zittern, meine Knie sind weich und mein Herz pocht, als würde es gleich aus meiner Brust springen. Und langsam kommt mir der Gedanke, dass ich mich einfach nur zu sehr stresse. Wir gehen ins Kino, nicht in ein nobles Restaurant wo ich gezwungen bin mit ihm zu sprechen. Nein, ins Kino. Ich werde nicht gezwungen sein, mit ihn zu sprechen. Ich werde schweigend neben ihm sitzen und einen Film ansehen. Nicht mehr, nicht weniger. Ich habe doch schon öfter ein Treffen mit Personen gehabt, die ich nicht sonderlich leiden konnte, also werde ich das jetzt auch überstehen.

Ich stehe in meinem Zimmer, habe ein blaues Kleid in der rechten Hand und ein weißes mit bunten Blumen in der linken Hand. Ich mag keines der beiden sonderlich, aber Hans eben auch nicht und deswegen muss ich eines davon anziehen.

"Nimm das blaue. Das passt zu deinen Haaren.", eine raue Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Ich drehe mich um und blicke in das Gesicht meines Bruders. Wer auch sonst?

Meine Miene wird ernst. Was will er jetzt hier? Ich starre ihn einfach an, warte, dass er irgendetwas sagt.

"Hör zu, Schwesterchen, ich will nicht, dass es so zwischen uns ist. Wir haben im Endeffekt doch bloß uns, niemand anderen sonst, dem wir so bedingungslos trauen können. Wir müssen... wir dürfen uns nicht ignorieren, weil wir das Tun des anderen hassen. Irgendwie müssen wir miteinander auskommen, schließlich leben wir hier unter einem Dach.", seine diplomatische 'Ich weiß alles besser als du, schließlich habe ich das Abi schon hinter mir' Stimme. Ekelerregend und beim besten Willen kein Stück hilfreich.

"Das fällt dir jetzt auf? Was ist deine Aufgabe? Mich aushören, oder ist dafür dein bester Freund Hans da?", schnippisch erhebe ich das Wort. Er kann mich Mal!

Ein Schnauben erfüllt den Raum. Ich wende mich ab und quetsche mich in das meiner Meinung nach viel zu enge blaue Kleid. Er tritt näher, schließt die Tür hinter sich. Mit einem dumpfen Knall sitzt er auf dem Fußboden. Ich ignoriere ihn, ich will mich nicht von einer solch gestörten Persönlichkeit unterbrechen lassen.

Ich weiß gar nicht mehr, wann ich angefangen habe, eine Abneigung meinem Bruder gegenüber zu entwickeln. Ich weiß schließlich genau, dass sein Leben hier genauso den Bach runter geht, wie meins. Er vermisst unsere Familie sicherlich ganz genauso wie ich und ganz sicher will er ganz genauso zurück wie ich. Es läuft auch bei ihm alles andere als gut, schließlich darf er seine Pläne genauso über Bord werfen, wie ich. Er wollte Dozent an einer Uni werden, mit dem Schwerpunkt 2. Weltkrieg. Jetzt so gut wie unmöglich.

Also warum bin ich so zu ihm? Zwar hat er sich auf die falsche Seite gestellt, aber das ist eigentlich kein Grund, ihn zu behandeln, wie einen ausgestoßenen. Das hat er nicht verdient. Er ist immer noch mein Bruder, mein bester Freund.

"Kathi, bitte. Mann, ich weiß, dass das alles hier nicht richtig ist. Aber ich habe Vorahnungen, weißt du, ich... ich träume Dinge, von denen ich Angst habe, dass sie wahr werden. Und wenn es wirklich so ist, dann müssen wir einfach zusammenhalten, sonst haben wir wirklich Probleme.", ich höre, wie seine Stimme brüchig wird, aber ich unterbreche ihn nicht, ich drehe mich nicht zu ihm um, sondern hantiere weiterhin an meinen Haaren. Er tritt langsam hinter mich und schießt den Reißverschluss meines Kleides, danach lässt er seine Hände auf meiner Schulter ruhen.

"Und glaube mir, du wirst Hans brauchen. Ich weiß, dass da was zwischen dir und Peter ist und dieses Mal will ich es wirklich nicht kaputt machen, auch wenn es mir schwer fällt meine Schwester nicht zu beschützen. Aber ihr werdet ihn brauchen. Du und...", er hält kurz inne, senkt seine Stimme "der Widerstand. Ich weiß, was ihr tun werdet. Mach mir nichts vor. Verneine es bitte nicht. Ich habe das Treffen mit Hans in die Wege geleitet, weil er hilfreich sein wird, denke ich. Aber wenn er dir was antut, dann verprügle ich ihn, bis er sich eingesteht, dass er dir etwas angetan hat."

Ich drehe mich um. Wie zur Hölle ist er dahintergekommen? Woher weiß er von dem Widerstand? Verdammt, er könnte uns gefährlich werden. Ich schüttle mit dem Kopf. Ich bin mir sicher, dass das bloß eine Verhörmethode ist, die er an mir ausprobieren will. Und das mit gutem Recht. Er kennt mich viel zu gut, er weiß, dass ich noch nie lügen konnte, wir sind als Kinder immer meinetwegen aufgeflogen. Er merkt es an meiner Haltung, meinen Bewegungen, meiner Stimme. Einfach an allem. Er sagte sogar, er würde es merken, weil ich anfange, viel zu oft zu Blinzeln.

Ich sage einfach nichts und lege meine Kette um. Ich merke, wie Oskar sich hinter mir anspannt. Es macht ihn verrückt, dass ich einfach nicht antworte. Irgendwann höre ich, wie er aufsteht und zu meinem Kleiderschrank geht. Seine Augen durchforsten ihn, dann greift er nach etwas. Aus den Augenwinkeln erkenne ich, dass es ein schwarzer Mantel ist. Er reicht ihn mir. Nickend nehme ich ihn und ziehe ihn über.

"Hans wird jede Minute hier sein. Denk an das, was ich dir gesagt habe. Ich habe dich lieb, Schwesterchen.", seine Stimme ist zart, fast schon wie die unseres Vaters. "Aber denk ebenfalls daran, dass Hans und ich bei der HJ sind, dass wir SS Anwärter sind. Vertrau ihm nicht er ist nicht gut. Er ist... böse. Er ist ein komplett überzeugter Nazi, wie sein Vater, wie seine Mutter. Alles was du sagst, würde er gegen dich benutzen."

Da ist er wieder, mein Oskar. Der, der vielleicht nicht meine Meinung teilt, aber trotzdem an meiner Seite ist und mir Ratschläge gibt. Der mich immer über seine Freunde stellt. Ich streife meine Schuhe über meine Füße und gehe zur Haustür. Oskar direkt hinter mir. Noch während ich die Tür öffne, wende ich mich ihm zu.

"Danke, Os. Aber zu allen anderen Dingen schweige ich, ich möchte keine Probleme bekommen, auch wenn deine Thesen erlogen sind.", erlogen wie das. Dass ich einem Widerstand angehöre ist alles andere als abzustreiten, aber dennoch möchte ich nicht, dass er wirklich sicher weiß, er ist immer noch auf der Gegnerischen Seite.

Ich gehe durch die Tür, da hält er mich kurz am Arm und lässt etwas in meine Tasche rutschen. Ich schaue in seine Augen, dann gehe ich weiter. Unten steht Hans, der mich mit einem Strahlen begrüßt. Wir begrüßen uns, ohne Weiteres gehen wir los, zum Kino. Wir unterhalten uns locker, wäre er kein Nazi, hätte ich mich sogar sicher gefühlt.

Doch aus ihm ist nichts rauszubekommen. Er schafft es, um alles herumzureden, ohne die Frage zu beantworten. Aber mein Plan ist aufgegangen, ich rede, er antwortet und stellt keine Fragen. Dem Himmel sei Dank. Kurz bevor der Film startet, haste ich auf die Toilette. Ich greife in meine Tasche und ziehe einen Briefumschlag raus, ich öffne ihn.

Mir fällt ein kleines Messer entgegen, nicht größer als ein Buttermesser, mit braunem Griff. Dann entdecke ich den kleinen Zettel, der noch im Briefumschlag steckt.

Du stehst in der 3 Kabine auf der linken Seite der Damentoilette. Du stehst rechts von der Toilette, lehnst dich gegen den Toilettenpapierhalter. Du liest den Zettel und deine Augen sind aufgerissen. Zunächst wegen des Messers, jetzt wegen des Briefes, richtig? Ich habe vorausgesehen, dass es so kommt. Ich möchte, dass du dich immer wehren kannst. Pass auf dich auf.

~Oskar

Dann stecke ich das Messer zurück und zerreiße das Papier, werfe es in die Toilette und spüle es mühsam runter. Ich atme tief durch. Setze mich wieder in Bewegung und trete lächelnd zu meiner Begleitung. Gemeinsam gehen wir in den Saal und schauen den Film.

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