boy in the stars || h.s. ✓

By dezemberwind

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Er war der Sternenjunge, der bis in den Himmel stieg und dann herunterfiel." More

prelude
prolog
1 | sirius
2 | canopus
3 | arcuturus
4 | wega
5 | capella
7 | prokyon
8 | archernar
9 | beteigeuze
10 | hadar
11 | altair
12 | acrux
13 | aldebaran
14 | spica
15 | antares
16 | pollux
17 | formalhaut
18 | becrux
19 | deneb
20 | regulus
21 | adhara
22 | Castor
23 | gacrux
24 | shaula
25 | bellatrix
26 | elnath
27 | miaplacidus
28 | alnilam
29 | alioth
30 | mirfak
epilog
danksagung

6 | rigel

363 48 125
By dezemberwind

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| 6 |

r i g e l

juni 2022

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Charlotte Styles wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, als Noah begann, die Chipstüte über ihrem Badewasser zu entleeren. Die Wanne, eigentlich viel zu groß für eine Person, quietschte leicht, während sie sich aufsetzte und ihren Sohn anstarrte.

„Was machst du da, Großer?"

Er strahlte sie an. „Suppe, Mummy."

Seufzend entschied Charlotte, dass ihr Badeexperiment gescheitert war. Sie hatte es geliebt gemeinsam mit Harry stundenlang einfach nur in dem warmen Wasser zu liegen, während er sie festgehalten und einige Melodien gesummt hatte. Heute jedoch war Harry nicht da, die Wanne fühlte sich leer an ohne ihn.

Dann gab es noch einen weiteren Faktor, der ihr Badeerlebnis einschränkte, denn Noah war überhaupt kein Fan davon, sich in der Badewanne zu entspannen und begann schon zu kreischen, sobald sie sich ihm mit einem Waschlappen näherte. Als Kompromiss hatte sie ihn mit einer Chipstüte und seinen Spielzeugautos auf dem gefliesten Boden platziert, in der Hoffnung, ihn so gleichzeitig im Auge behalten zu können, während sie sich wenigstens für eine Stunde vom Stress des Alltags entspannen wollte. Augenscheinlich hatte ihr Sohn dieses Spiel allerdings für zu langweilig befunden.

„Willst du mich etwa essen?", fragte sie grinsend, während sie sich aus der Wanne hievte.

Noah quietschte verfügt, während er vor ihr davon rannte. „Ja, Mummy."

Lachend fing Charlotte ihren Sohn an und kitzelte ihn, bis er vor Freude kreischend um Gnade bettelte. Sie ließ ihn los, nachdem sie ihn noch einmal durch das Badezimmer gewirbelt hatte. Es tat gut das Kinderlachen durch die vier Wände fliegen zu hören, erinnerte sie daran, wie einfach die Welt doch einmal gewesen war.

„Ich schmecke ohnehin nicht so gut gekocht, Großer", erklärte das Mädchen mit den Sternenaugen grinsend, während sie sich abtrocknete. „Zu viele Knochen, zu wenig Fleisch. Außerdem bin ich viel zu winzig."

Noah ließ sein Feuerwehrauto ungeduldig über den Rand der luxuriösen Badewanne fahren, die einmal ein Vermögen gekostet hatte. Doch das störte Charlotte nicht, es war bloß materiell und es würde ohnehin niemanden interessieren, ob sich nun ein Kratzer dort befand oder nicht.

„Wie wäre es, wenn du schnell dein Spielzeug in dein Zimmer bringst?", schlug sie schließlich vor, als sie sich die Haare föhnte. Wirklich trocken waren diese selbst nachdem sie den Fön wieder aussteckte noch nicht, das waren sie nie, seitdem Noah auf der Welt war und sie niemanden hatte, der ihn beaufsichtigen konnte, während sie sich um sich selbst kümmerte. Also hatte das Mädchen mit den Sternenaugen sich angewöhnt, den Alltag pragmatisch zu gestalten.

Dennoch vermisste sie in Augenblicken wie diesen Harry, nicht einmal weil sie ihn so sehr liebte, sondern weil seine Hilfe durchaus wünschenswert gewesen wäre. Ein Kind alleine großzuziehen war nicht einfach und dennoch nicht vermeidbar gewesen. Das hatten sie beide gewusst, als sie sich für Noah entschieden hatten. Doch Charlotte hätte nie gedacht, dass es nicht bloß nicht simpel, sondern so furchtbar hart werden würde.

Sie hatte keine Ahnung gehabt anfangs, wie alle frischgebackenen Eltern. Doch während diese wenigstens einander hatten, hatte sie alles alleine herausfinden müssen.

„Noah? Wo bist du, Großer?", rief sie durchs Haus, während sie sich gleichzeitig das T-Shirt über den Kopf zog und in ihre Jeans schlüpfte.

„Aufräumen, Mummy", schrie er mit seiner hellen Stimme zurück.

Charlotte brauchte nicht lange, bis sie ihn in dem Zimmer fand, das eigentlich als Kinderzimmer gedacht war, auch wenn Noah die Nächte in ihrem Schlafzimmer verbrachte. Dennoch war dieser Raum, dem es an nichts fehlte, sein ganz persönliches Reich.

Harry und sie hatten stundenlang das Design besprochen, er wahrscheinlich noch sehr viel begeisterter als sie, doch sie hatte ihm zuliebe ebenfalls all ihre Kraft in dieses Projekt gesteckt. Für ihn war es sein Geschenk an Noah gewesen, das Gefühl, zumindest ein wenig was zurücklassen zu können. Mit vor Anstrengung gerunzelter Stirn hatte er sich die Farben angesehen und im Internet nach Wohnideen gegooglet. Die Möbel ausgesucht, die Spielzeuge bewertet und schließlich die besten ausgewählt.

Anfangs hatte er es genau hier in diesem Raum am Ende des Flures in der zweiten Etage gemacht, dessen Fenster zum Garten hinausgehen. Später dann, als er nicht mehr hier sein konnte, hatte er im Krankenhausbett weitergearbeitet.

Das Ergebnis konnte sich wirklich sehen lassen und Charlotte liebte allen voran die Leuchtsterne, die Harry mit äußerster Präzision an die Zimmerdecke geklebt hatte, über die dunkelblaue Farbe, die an den Nachthimmel erinnerte. Es war ein wenig so, als würde man sich direkt unter dem freien Sternenhimmel befinden, wenn man sich mit dem Rücken auf den hellen Holzfußboden legte.

Noah liebte es, genau das mit seiner Mum zu tun, während sie ihm eine Geschichte vorlas.

Gerade jedoch war seine ganze Aufmerksamkeit auf die Kiste gerichtet, in denen er seine Spielzeugautos verstaute.

„Alle Autos geparkt?", fragte Charlotte ihn mit einem Lächeln und lehnte mit der Schulter am Türrahmen, während sie zu Noah herübersah.

„Ja, Mummy", entgegnete er stolz und hüpfte dann auf sie zu.

Als sie ihn hochheben wollte, wich er kichernd aus und stolperte fast über seine eigenen Füße, was Charlotte so sehr an Harry erinnerte, das ihr Herz gleichzeitig vor Glück und Schmerz zu explodieren wollte.

Besonders heute, besonders in diesen vierundzwanzig Stunden dieses besonderen Junitages, da konnte sie nicht anders, als sich bei jeder Kleinigkeit an ihre große Liebe zu erinnern, die hätte hier sein sollen, müssen, doch ihr viel zu früh genommen wurde.

Schon seit dem Aufwachen heute Morgen war ihr bewusst gewesen, was dieses Datum bedeutete.

Während sie das Frühstück gemacht hatte, hatte sie gedankenverloren daran zurückdenken müssen, wie Harry in den frühen Stunden des Tages bereits viel zu gute Laune gehabt und immer zuerst die Milch in die Schüssel gegossen hatte, bevor die Frühstücksflocken folgten.

Während sie mit Noah eine kleine Runde durch den Wald gedreht hatte, um auf andere Gedanken zu kommen, war sie doch bloß daran erinnert worden, dass Harry als Achtjähriger grundsätzlich darauf bestand, seine Gummistiefel bei ihren Ausflügen in die Natur tragen zu dürfen, weil er so in den kleinen Bach am Waldrand in ihrer Heimatstadt springen konnte.

Charlotte Styles wurde von all den Details, all den Erinnerungen an diesem heutigen Tag überwältigt und ein Teil von ihr war froh über den Besuch, der sich angekündigt hatte, während der andere Part sich am liebsten einfach alleine mit ihren Tränen im Bett verkriechen wollte.

„Wie wäre es wenn wir einen Kuchen machen?", schlug das Mädchen mit den Sternenaugen vor, als sie Noah eingefangen und lachend über ihre Schulter geworfen hatte, wo dieser nun fröhlich kichernd auf ihren Rücken klopfte.

„Kuchen", wiederholte er vergnügt.

Charlotte setzte ihn sanft auf dem Boden ab und lief ihm mit deutlich gemächlicheren Schritten nach, während er die Treppe nach unten ins Erdgeschoss rannte. Ihr wurde bewusst, wie erwachsen er bereits geworden war, es dauerte nicht mehr lange, bis sie bereits seinen zweiten Geburtstag feiern würden. Ohne Harry, der dieses Ereignis genauso wie alle anderen verpassen würde.

„Was meinst du, Großer? Sollen wir Schokokuchen machen?", fragte Charlotte schließlich ihren Sohn, der bereit ungeduldig in der Küche wartete, bevor sie ihn hochhob und auf die Arbeitsplatte setzte.

„Ja." Er klatschte vergnügt in die Hände. „Mag Schoki, Mummy."

„Willow liebt Schokoladenkuchen sicherlich auch", entgegnete das Mädchen mit den Sternenaugen zustimmend.

Mit einer Hand hielt sie ihren Sohn fest, damit er nicht von der Küchenplatte fiel, während sie gleichzeitig den Kühlschrank nach den Zutaten durchsuchte. Gedanklich machte sie sich eine Notiz, dass sie dringend ihre Einkaufsliste um Eier und Schinken ergänzen müsste, während sie die benötigten Dinge säuberlich nebeneinander auf der Arbeitsplatte aufstellte.

„Weißt du, wer Schokokuchen noch geliebt hat?", fragte Charlotte, während sie Noah dabei half, ein bisschen Butter abzuschneiden und dann in die Rührschüssel zu werden.

Er hatte einen konzentrierten Gesichtsausdruck, die Zunge in eine Wange gesteckt, während er sich alle Mühe gab mit ihrer Hilfe das Messer durch die schmierige Masse zu führen.

„Dein Daddy", erzählte sie ihm grinsend. „Jeden Geburtstag musste es Schokoladenkuchen geben. Nicht bloß an seinen, sondern auch an meinen, ansonsten ist er beleidigt gewesen."

Mit einem traurigen Lächeln dachte sie an das Funkeln in Harrys Augen zurück, das an diesen Tagen immer sein Begleiter gewesen war. Es hatte für Charlotte damals ohnehin nie etwas Schöneres gegeben, als ihren Sternenjungen glücklich zu sehen, aber sie hätte es umso mehr genossen, hätte sie gewusst, dass sich seine Geburtstage an wenigen Fingern abzählen lassen konnten.

„Dadda", murmelte Noah, während seine kleinen Finger den Teig in der Schüssel zerdrückten.

Charlotte verkniff sich ein Grinsen, während sie seine Hände herauszog und sie vorsichtig abwusch.

„Dafür gibt es Mixer, Großer."

Sie hielt ihn fest, während sie das Gerät aus der Schublade zog und anschloss.

„Brumm Brumm Brumm", murmelte er, während sie ihm half, den Teig zu rühren.

Nachdem sie den Teig in die Backform gefüllt und in den Ofen geschoben hatten, sah die Küche aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen, weil Noah aus Versehen das Mehl umgekippt hatte. Außerdem war ihnen der Mixer aus der Hand gerutscht und hatte ein wenig Teig an die Rückwand geworfen.

„Upsi." Noah sah mit zitternder Unterlippe zu seiner Mutter hinauf, als sie das Chaos begutachtete.

„Kein Problem, Großer", versicherte sie ihm und hob ihn von der Arbeitsplatte, um ihn sogleich sicher auf den Fliesen absetzen zu können. „Das ist nichts, was wir nicht wieder hinkriegen, okay?"

Nachdem sie ihm die Hände gewaschen und ihm das verklebte T-Shirt vom Kopf gezogen hatte, versuchte sie ihn ebenfalls von den restlichen Mehlflecken zu befreien. Schließlich gab sie auf und ließ Noah bloß in seiner Windel durch die Küche laufen, während sie die Küche putzte.

„Will helfen, Mummy." Der Kleine zupfte an Charlottes Hosenbein und sah mit großen grünen Augen zu ihr herauf.

„In Ordnung", lächelte sie und drückte ihm ein Trockentuch in die Hand. „Trockne bitte den Fußboden ab, okay?"

Noah nickte heftig und kniete sich hin um sich der Aufgabe zu widmen, während seine Mum ihm kurz lächelnd zuschaute, bevor sie ebenfalls wieder an die Arbeit ging.

Vierzig Minuten später sah die Küche wieder aus, als würde man sie betreten können. Was jedoch viel beeindruckender war, war der süßliche Geruch des Kuchens, der sich im ganzen Haus verteilte und seinen Bewohnern den Magen knurren ließ.

Noah drückte sich die Nase am Backofen platt, bis Charlotte die Köstlichkeit herauszauberte und auf einen Teller stellte.

„Willst du mir helfen den Tisch zu decken?" Fragend sah das Mädchen mit den Sternenaugen ihren Sohn an, der begeistert mit dem Kopf nickte.

Charlotte drückte ihm die Servietten in die Hand, nachdem sie diese nach kurzer Überlegung am ungefährlichsten gefunden hatte und folgte ihm mitsamt den Tellern hinaus auf die Terrasse.

„Warte kurz hier, Großer", bat sie ihn, als sie sich im Garten befanden und sie das Geschirr auf dem Tisch verteilt hatte. „Ich muss kurz die Messer und den Kuchen holen, dann helfe ich mit den Servietten, okay?"

Noah nickte einverstanden, dennoch beeilte sie sich, wieder in den Garten zurückzukehren, denn Geduld war nicht unbedingt immer eine seiner Stärken.

„Dann los, verteilen wir deine Servietten."

Charlotte half dem Jungen mit den grünen Augen dabei, sich auf einen der Holzstühle zu stellen, damit er die Servietten auf den Tellern verteilen konnte. Wie immer wie er sich konzentrierte, streckte er die Zunge in die Wange, was ihn unglaublich süß aussehen ließ in ihren Augen. Aber wahrscheinlich war sie nicht die neutralste Person, liebte sie ihren Sohn doch mehr als alles andere auf der Welt. Selbst mehr als ihren Harry, auch wenn sie das nie für möglich gehalten hätte.

„Das hast du super gemacht, Großer", lobte Charlotte ihn, als er konzentriert die letzte Serviette ablegte und half ihm dann wieder von dem Stuhl herunter.

Nicht lange danach klingelte es und Noah raste geradezu zurück ins Innere, wie immer, wenn seine Willow auch nur in der Nähe war.

„Vorsicht, Noah", mahnte ihn Charlotte lachend, während sie ihm folgte.

Der Kleine stoppte nicht, natürlich nicht, war er doch in manchen Momenten sturer als seine eigene Mum, die eigentliche Königin der Disziplin. Er lief bloß weiter und hob dann die Hände über den Kopf, um die Haustür öffnen zu können.

Vor ihr kamen drei Personen zum Vorschein, zwei Erwachsene und ein hellblondes Mädchen, dessen blaue Augen wie immer ein schelmisches Funkeln in sich trugen.

„Willow", strahlte Noah und schlang die Arme um das Mädchen, die quietschend einen Schritt von ihm weg machte.

Charlotte sah wie die Unterlippe ihres Sohnes verdächtig zu zittern begann, wie immer, wenn er kurz davor war zu weinen und hob ihn hastig in ihre Arme.

„Noah und ich haben Kuchen gebacken, nicht war, Großer?", sagte sie eilig und sah zu dem Kleinkind auf ihren Armen, der glücklicherweise auf den Trick hineinfiel und auf andere Gedanken kam.

„Ganz viel Kuchen", bestätigte ihr Sohn mit einem stolzen Grinsen.

Louis gab ihm ein Highfive, während Eleanor, die ebenfalls auf die zitternde Unterlippe aufmerksam geworden war, dem Kleinen eilig erzählte, wie stolz sie auf ihn war.

„Willow hat sich geweigert ihren Mittagsschlaf zu machen und ist total knatschig", murmelte Eleanor Charlotte zu, während sie sich alle auf die Terrasse begaben. „Ich schwöre, Louis ist manchmal einfacher zufrieden zu stellen, als meine Tochter."

Das Mädchen mit den Sternenaugen lachte vergnügt, während sie zu den beiden Kindern herübersahen, die bereits wieder beste Freunde waren.

„Wo willst du sitzen, Süße?" Fragend kniete sich Louis vor seine Tochter.

„Neben Noah", meinte sie, woraufhin Louis sich wieder erhob, wobei seine Knochen gefährlich knackten, und sie auf den Stuhl neben dem seines Patensohnes setzte

Charlotte warf Harrys bestem Freund einen besorgten Blick zu, als sie sein schmerzverzerrtes Gesicht sah, den er mit einem beruhigenden Kopfschütteln wieder aus ihren Gesichtszügen wischte.

„Es ist nichts", murmelte er in ihre Richtung. „Mir geht es gut. Ich habe bloß falsch gelegen heute Nacht."

Das Mädchen mit den Sternenaugen nickte, doch es brauchte einen Augenblick, bis ihr Herzschlag sich wieder beruhigte. Das war ihr Fluch, ihr ganz persönlicher Fluch, der sie jagte, seitdem sie bei Harry die schleichenden Symptome seiner Krankheit übersehen hatte. Das hatten sie beide, ihr Sternenjunge genauso, dennoch konnte Charlotte nicht umhin, sich immer wieder zu fragen, ob alles ein glücklicheres Ende gefunden hätte, wenn sie doch bloß die kleinen Anzeichen eher bemerkt hätte.

„Hör auf, dir solche Sorgen zu machen", murmelte Eleanor ihr beruhigend ins Ohr. „Es ist wirklich alles in Ordnung mit ihm, Lottie. Ansonsten hätte ich ihn schon zum Arzt gezerrt."

Seufzend setzte sie sich auf den Stuhl neben ihrer Freundin. „Ich weiß. Schlechte Angewohnheit."

Während sie den Kuchen aßen, warf Charlotte Louis immer wieder prüfende Blicke zu, aber als er diese schließlich nur noch mit einem Augendrehen erwiderte, so sehr er selbst und gar nicht krank, beruhigte sie sich endlich wieder.

„Weißt du, ich habe Harry anfangs für verrückt erklärt, dass er freiwillig aufs Land gezogen ist, aber mittlerweile kann ich ihn echt verstehen", seufzte Louis schließlich zufrieden und verschränkte die Hände hinter dem Kopf, während er die Sonnenstrahlen genoss, die selbst am frühen Abend noch kraftvoll vom Himmel herunterschienen. „Es ist echt wunderbar ruhig und entspannend."

Charlotte grinste leicht. „Das sagst du bloß, weil du normalerweise gewöhnt bist, alles direkt vor der Haustür zu haben. Das Landleben wäre nichts für dich."

„Nein wirklich, wir haben darüber nachgedacht, auch hier rauszuziehen", entgegnete er Louis.

Das Mädchen mit den Sternenaugen verschluckte sich bei seinen Worten an ihrem Drink und sah zu Eleanor herüber, die jedoch bloß ein sanftes Lächeln auf den Lippen trug.

„Er scherzt ausnahmsweise wirklich nicht, Lottie."

Louis nickte in Richtung der beiden Kleinkinder, die mittlerweile durch den Garten rannten. Willow immer einen Schritt voraus, während sich der einige Monate jüngere Noah bemühen musste, um ihr folgen zu können.

Ihr fröhliches Kindergeschrei war Musik in den Ohren der Erwachsenen.

„Es ist eine gute Umgebung um Kinder großzuziehen", meinte Eleanor. „Außerdem wären wir dann näher bei Noah und dir."

Charlotte nickte mit einem Lächeln auf den Lippen. „Das stimmt. Harry und ich sind auf dem Land aufgewachsen. Das ist meistens cool gewesen."

„Bloß meistens?" Eleanor sah sie mit hochgezogener Augenbraue an, während sie an ihrem Tee nippte, der längst kalt geworden war. Doch an diesem warmen Sommertag genossen sie einfach die freie Zeit, machten sich keine Sorgen über Nichtigkeiten.

„Als Teenager bloß einen Bus pro Stunde nehmen zu können, ist nicht immer toll", erzählte Charlotte achselzuckend.

Louis herzhaftes Lachen vermischte sich mit der leichten Sommerbrise und erhellte die Welt. „Als hätten Harry und du überhaupt in die Stadt gemusst für euer Abenteuer. Es hat euch doch ohnehin überall hin verfolgt, wenn ihr zusammen wart."

„Damit hast du wahrscheinlich recht", gab Charlotte mit einem Lächeln auf den Lippen zu, während sie sich an all die Abenteuer mit ihrem Sternenjungen erinnerte. Harry hatte die Gabe gehabt, selbst die alltäglichen Aufgaben in den besten Spaß zu verwandeln, solange er bloß an ihrer Seite gewesen war.

„Aber Hazza und ich sind nicht immer zusammen gewesen", fügte sie hinzu. „Wir haben auch mal was alleine gemacht."

Louis schnaubte ungläubig. „Was denn bitte? Ihr seid förmlich aneinander gekettet gewesen.

„Den besten Freund mit zu meinen Dates zu schleppen, hätte nicht funktioniert", murmelte Charlotte.

Noah und Willow rannten zum Tisch zurück, um sich noch ein wenig Kuchen zwischen die Finger zu stehlen, bevor sie wieder durch den Garten rannten.

„Langsam, Leute, sonst verschluckt ihr euch noch", rief Louis ihnen hinterher.

Sein Patensohn stoppte tatsächlich ab, während seine Tochter die Warnung gekonnt ignorierte. Sie hatte sich noch nie vor dem Risiko gescheut, sondern hieß es bloß jedes Mal mit offenen Armen empfangen.

Seufzend lief Louis dem Mädchen hinterher und ermahnte sie erneut, bis sie seiner Anweisung grummelnd Folge leistete.

„Weißt du, Lottie, manchmal vergesse ich, dass du und Harry nicht immer zusammen gewesen seid", meinte Eleanor nachdenklich und glitt ein wenig in ihrem Holzstuhl hinab, um eine bequemere Position zu finden. Die Möbelstücke waren eher auf Design anstatt Komfort aufgelegt und nach Stunden auf dem Stuhl machte sich ihr Rücken langsam bemerkbar.

„Ich auch manchmal", murmelte Charlotte leise, bevor sich langsam ein Grinsen auf ihre Lippen schlich. „Aber dann fällt mir immer ein, dass es da dieses Mädchen gab, dem Harry Nacktfotos geschickt hat, und danach völlig panisch in mein Zimmer gestürzt kam. Der Anblick war zu komisch, als das ich vergessen könnte, dass es da noch andere gab."

Eleanor drehte nachdenklich ihre Tasse zwischen den Fingern, langsam und sanft, während der Tee seine Kreise schlug. „Hat dich das je gestört? Das Harry andere Frauen vor dir hatte?"

Charlotte schüttelte den Kopf, so überzeugt, dass es keinen Zweifel an der Wahrheit geben konnte. „Nein, natürlich nicht. Ich meine, Hazza und ich haben uns immer irgendwie geliebt, aber nicht immer auf romantische Weise. Zumindest haben wir das geglaubt und es ist gut, dass wir einfach vorher andere Erfahrungen gemacht haben."

„Ich finde das auch super", warf Louis mit einem breiten Grinsen ein. „Denn das bedeutet, dass irgendwo Nacktfotos von Harry Styles existieren. Hast du die Fotos noch, Lottie?"

Das Mädchen mit den Sternenaugen streckte ihm lächelnd die Zunge raus. „Du bist so ein Idiot, Lou. Außerdem habe ich die Fotos selbst nie gesehen."

„Nicht dass du was verpasst hättest, denn du hast es immerhin später live vor Augen gehabt", meinte Eleanor trocken.

Charlotte lachte daraufhin, befreit und amüsiert, einen Augenblick lang ohne all die Gedanken über diesen heutigen Tag, die sie schon seit dem Aufwachen verfolgten. Dann jedoch holte die Wirklichkeit sie wieder ein und mit ihr kamen die Erinnerungen zurück.

„Heute wäre unser vierter Hochzeitstag gewesen", wisperte sie.

Vorbei war das Gelächter, zurück blieb nur die tiefe Trauer, die die drei Erwachsenen spürten, Charlotte so sehr, dass es sich anfühlte wie ein Schlag direkt in die Magengrube. Nein, schlimmer sogar. Als würde jemand tausend Messer nehmen und sie in die ohnehin schon klaffenden Wunden drücken, die sich nie zu schließen vermochten, sondern bloß immer weiter rissen.

„Das tut mir leid, Lottie", flüsterte Eleanor und zog sie in eine feste Umarmung, die unbeholfen ausfiel, weil sie sich immer noch auf den Holzstühlen befanden, dennoch mehr Trost spendete, als sich das Mädchen mit den Sternenaugen erhofft hatte.

„Gibt es –" Louis räusperte sich vernehmlich, unsicher, als wüsste er nicht, ob es ihm zustand, die nächsten Worte überhaupt über seine Lippen fliegen zu lassen. „Hat Harry dir für heute einen Brief hinterlassen?"

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Ihr Lieben,

Es ist schon wieder Freitag und das bedeutet, dass es BITS-Tag ist.

Meint ihr, Harry hat einen Brief geschrieben?

Und glaubt ihr ganz allgemein, dass die Briefe Lottie gut tun? Oder hindern sie sie daran, mit dem Leben weiterzumachen?

Wie immer bedanke ich mich für eure wahnsinnige Unterstützung! Ich freue mich jedes Mal so sehr, wenn ich eure Kommentare lesen und die Votes sehen kann!

Bis zum nächsten Mal.

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