24 | shaula

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s h a u l a

februar 2035

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„Bitte weine nicht, Lottie. Wir bekommen das hin."

„Du wirst sterben. Das werde ich nicht überleben."

„Das musst du aber, mir zuliebe."

Mit seinen vierzehn Jahren wirkte Noah Styles ein wenig wie im Zwischenreich gefangen. Zu alt, um noch gänzlich als Kind durchzugehen, aber noch zu jung, um ihn all seine Gesichtszüge hineingewachsen zu sein. Seine Wangen verloren den Babyspeck und ließen scharfe Wangenknochen erahnen, die er unweigerlich von seinem Vater geerbt hatte. Seine Schultern wirkten noch schlaksig, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis sie in die Breite wachsen würden.

Charlotte Styles schwor, dass er seit Weihnachten bereits wieder einige Zentimeter gewachsen war.

Im Herzen jedoch war Noah jedoch immer noch ein Junge. Ein Junge voller Träume und Wünsche, die Charlotte Styles ihm alle erfüllen wollte. Nur den sehnlichsten, einen Vater zu haben, würde sie ihm nie geben können.

Stille war im Haus eingezogen, nur durch das gelegentliche Klimpern einer Gitarrenseite, wenn Noah eine neue Melodie ausprobierte, durchbrochen. Die sanften Töne wurden von dem sanften Rascheln der Fotografien unterbrochen, wenn Charlotte ihr Portfolio neu anordnete.

Die Bewohner liebten diese angenehme Ruhe, war ihr Leben ansonsten doch hektisch genug. Es war eine neue Art der Hektik für Noah, der das Leben seines Vaters nie gekannt hatte. Für Charlotte jedoch war es ein Abtauchen in alte Gewässer, in ein altes Leben, alte Routinen, die sie bereits fast vergessen hatte.

Das Mädchen mit den Sternenaugen folgte Louis in ein Land nach dem anderen, seitdem Noah alt genug war, einige Tage alleine zuhause zu bleiben. Es waren ohnehin nie mehr als zweiundsiebzig Stunden, bis er unweigerlich bei Willow auftauchte und sein Lager in ihrem Zimmer aufschlug.

Ein Gedanke, den Charlotte anfangs skeptisch gegenübergestanden hatte, denn sie wusste nur zu gut, welche Gedanken sie in ihren Teenagerjahren gehabt hatte. Doch seitdem Louis seiner Tochter und seinem Patensohn lachend ein Päckchen Kondome in die Hand gedrückt hatte und die beiden Kinder daraufhin keine Woche mehr mit ihnen geredet hatten, weil Eltern ja so peinlich seien und beste Freunde durchaus Übernachtungsparties schmeißen konnten, hatte sich Charlotte wieder beruhigt.

Das Fotopapier raschelte, während Charlotte es auf der heutigen Tageszeitung platzierte, um ihr neuestes Projekt vorzubereiten. Dabei flogen ihre Augen unweigerlich zu dem aufgedrucktem Datum, egal wie sehr sie dieses auch auszublenden versuchte.

„Heute ist der Geburtstag deines Vaters, Noah", murmelte sie leise, während sie die schwarzen Zahlen nachfuhr.

Die druckfrische Tinte blieb an ihrem Daumen hängen, hinterließ Spuren, wie ihr Sternenjunge es jeden Tag in ihrem Leben getan hatte. Bis er schließlich hinauf in den Himmel flog. Aber selbst dann begleitete er sie in jeder Stunde, in jeder Minute, in der sie nicht mehr konnte. Der Gedanke an ihn und ihre gemeinsamen Träume waren an manchen Tagen alles, was sie vom Aufgeben abhielt.

Doch es wurde einfacher, die meiste Zeit konnte Charlotte wieder lachen und die guten Erinnerungen überwiegten. Nur an Tagen wie diesen, diesen allesverändernden Stunden, die jedes Jahr wieder gnadenlos um die Ecke krochen, spürte sie wieder das Reißen ihres Herzens, als hätte Harry es erst vor einer Sekunde mit sich zu den Sternen genommen und ihr nur die Fetzen zurückgelassen.

boy in the stars || h.s. ✓Where stories live. Discover now