boy in the stars || h.s. ✓

By dezemberwind

12.8K 1.7K 3K

Er war der Sternenjunge, der bis in den Himmel stieg und dann herunterfiel." More

prelude
prolog
1 | sirius
2 | canopus
4 | wega
5 | capella
6 | rigel
7 | prokyon
8 | archernar
9 | beteigeuze
10 | hadar
11 | altair
12 | acrux
13 | aldebaran
14 | spica
15 | antares
16 | pollux
17 | formalhaut
18 | becrux
19 | deneb
20 | regulus
21 | adhara
22 | Castor
23 | gacrux
24 | shaula
25 | bellatrix
26 | elnath
27 | miaplacidus
28 | alnilam
29 | alioth
30 | mirfak
epilog
danksagung

3 | arcuturus

570 73 248
By dezemberwind

_________________

| 3 |

a r c t u r u s

dezember 2021

_________________


„Deine Augen sind wie der Sternenhimmel, Lottie."

„Dann musst du aber ab jetzt mein Sternenjunge sein."


Leichte Schneeflocken rieselten sanft auf die Erde hinab, als hätten die Sterne selbst sie hinaus in die Welt geschickt. An diesem Dezembertag meinten sie es besonders gut, während sie sich an die beeindruckende Fensterfront der Villa im Westen Londons schmiegten, die das ganze Wohnzimmer in ein Panoramaglas verwandelten. Vor den bodenlangen Scheiben tobte das Winterchaos, der Schnee flog durch die Luft, bevor er sich sein Ziel suchte und all dies gab dem gemütlichen Raum das Gefühl eines Winterwunderlands, abseits der Realität.

Es war ein eigenes, paralleles Universum, in dem sich die beiden Erwachsenen mit den zwei Kleinkindern befanden und wenn Charlotte die Augen schloss, dann hatte sie einen Moment das Gefühl, dass auch ihr Sternenjunge anwesend sei.

„Was meinst du, Lottie? Diese Kugel lieber ganz nach oben oder nach hinten?" Fragend streckte Louis dem Mädchen eine pink glitzernde Weihnachtsdekoration entgegen, die wirklich zum Gruseln war. „Wir müssen einen Platz finden, an dem sie am wenigsten auffällt."

„Müssen wir die überhaupt aufhängen?", entgegnete Charlotte, während sie skeptisch die Kugel in seinen Händen anstarrte.

Wäre es Harry gewesen, der mit einem Bein auf der Trittleiter turnte und sich dabei auch noch in ihre Richtung streckte, dann hätte das Mädchen mit den Sternenaugen bereits unzählige Herzinfarkte erlitten. Aber es war nicht ihr Harry, er würde es nie wieder sein. Stattdessen feierten sie nun Weihnachten mit Louis und seiner kleinen Familie, eine Mischung, die wunderbarerweise funktionierte.

„Die hat Willow letzte Woche persönlich ausgesucht. Wenn diese Kugel nicht im Baum hängt, wird niemand von uns ein schönes Weihnachten haben", zischte Louis Charlotte zu, während er zu seiner Tochter herübersah, die sich gerade mit Noah einen Plüschball zuwarf. Wobei werfen optimistisch formuliert war, denn alles, was die Kleinkinder zustande brachten, waren wenige Zentimeter Flughöhe, bevor er über den Boden kullerte und die letzten Meter schleichend zurücklegte.

Die beiden quietschten von Zeit zu Zeit aufgeregt, während Louis und Charlotte bloß froh waren, dass sie das Spielen mit den Lichterketten endlich aufgegeben hatten.

„Ganz nach hinten unter die Zweige", entschied Charlotte lachend. „Pass nur auf, dass sie hoch genug hängt, damit die Kids sie nicht abpflücken können."

Louis schenkte ihr ein Grinsen, bevor er gekonnt von der Leiter heruntersprang und um den Baum herumeilte, um sich in die Ecke zwischen den beiden Wänden zu quetschen.

„Wann bist du so vernünftig geworden, Lottie?", zog er sie auf.

Sie konnte bloß das Rascheln der Zweige hören, während er die Kugel seiner Tochter in dem Weihnachtsbaum verewigte.

„Das gleiche könnte ich dich auch fragen, Lou. Ich kann mich nicht erinnern, dass dein Weihnachtsbaum je pünktlich geschmückt gewesen wäre", entgegnete Charlotte mit einem frechen Grinsen im Gesicht.

Der Weihnachtsbaum bewegte sich ein wenig, als Louis mit den Achseln zuckte und dabei in den Zweigen hängen blieb. Ein Fluchen war zu hören, dann wandelte es sich in ein herzliches Lachen.

„Ich schätze, Kinder können einen ändern, Lottie."

Das Mädchen mit den Sternenaugen sah mit einem nachdenklichen Lächeln zu Noah und Willow herunter, die immer noch einträchtig mit dem Ball spielten. Sie wusste aus Erfahrung, dass sie noch Stunden weiter machen würden, wenn sie niemand störte.

Die beiden mochten durch das Leben aneinander gekettet worden sein, keine Wahlmöglichkeit gehabt haben, weil ihre Väter beste Freunde waren. Es war von Anfang an keine Frage gewesen, dass sie zusammen aufwachsen würden, doch niemand hatte damit gerechnet, dass sie sich nicht die Köpfe einschlagen würden. Stattdessen taten sie nun genau das Gegenteil und passten aufeinander auf.

„Wahrscheinlich tun Kinder das", antwortete Charlotte Louis schließlich. „Oder wir werden einfach alt."

Das herzliche Lachen des Sängers durchströmte das Wohnzimmer, hell und klar flog es durch den Raum, bevor es schließlich leiser wurde und letztendlich ganz verschwand. Doch das war keine Schande, war es doch nur eine vorübergehende Stille, bevor sich das nächste an die Oberfläche wagen würde. Louis lachte viel, tat es immer noch nach allem was geschehen war und Charlotte konnte ihm deswegen nicht dankbarer sein.

Sein Lachen und Eleanors Hilfe waren es gewesen, die sie durch die ersten Wochen gebracht hatten. Ein Neugeborenes plötzlich in den eigenen vier Wänden wohnen zu haben, war schwer genug. Das ganze meistern zu müssen, nachdem sie sich von Harry verabschieden musste, ganz alleine auf dieser großen Welt, war die Hölle gewesen.

Doch wann immer Charlotte hatte aufgeben wollen, wann immer sie das Licht am Ende des Tages nicht mehr sehen konnte, sie, das Mädchen, das nie einen Kampf verlor, war sie von Louis und Eleanor wieder ins Leben gezogen worden. Bis sie es schließlich alleine schaffte, sich an die Gegenwart zu klammern.

„Wollte Ellie nicht eigentlich schon längst zurück sein?", erkundigte sich Charlotte, während sie zwei Christbaumkugeln gleichzeitig in die Nordmanntanne hängte.

Eine der beiden baumelte leicht schief in den Ästen, aber das überging sie gekonnt, war Genauigkeit doch nie ihre Stärke gewesen. Mit einem traurigen Lächeln musste sie daran denken, wie Harry sie deswegen in der High School immer aufgezogen hatte, wenn ihre Schrift wieder einmal so unleserlich geworden war, das selbst er die Worte nicht mehr entziffern konnte.

„Wahrscheinlich ist sie froh, endlich mal ein wenig Ruhe vor den Monstern zu haben", scherzte Louis, während er wieder auf der Leiter balancierte, um die oberen Etagen schmücken zu können. Die Tanne war riesig und schaffte es dennoch kaum die hohen Decken des Wohnzimmers zu berühren.

Einst hatten Charlotte und Harry ebenfalls in einer dieser beeindruckenden Villen gewohnt, doch dann kam der Krebs und mit ihm eine Menge Veränderungen. Die Bühnen wurden eingetauscht gegen Krankenhäuser, ihr Haus gegen ein Gebäude abseits der Zivilisation und dennoch immer noch nicht weit genug, um nicht hin und wieder von Paparazzi verfolgt zu werden.

„Außerdem ist es gut, dass El die Geschenke kauft", ergänzte Louis. Er stand unbekümmert auf einem Bein und ließ sich von Charlotte den Weihnachtsschmuck anreichen. „Hätte man mich geschickt, hätte ich mal wieder ein wenig über die Stränge geschlagen."

Das Mädchen mit den Sternenaugen lachte und es war eines der wenigen echten Lachen, die ihr in den letzten Wochen endlich wieder leichter fielen. Sie freute sich darüber, denn Harry hätte es so gewollt.

„Ich habe bis heute nicht verstanden, was du mit dem Feuerwehrauto wolltest", prustete sie.

Louis warf ihr einen beleidigten Blick zu. „Mein Patensohn steht nun einmal auf diese blinkenden Dinger. Was er wahrscheinlich von seinem Vater hat."

Grinsend verdrehte Charlotte die Augen. „Aber doch keine echten Feuerwehrautos, Lou. Das war wahrscheinlich ein wenig zu viel des Guten."

„Es hat geblinkt und hatte ein Martinshorn", rechtfertigte sich Louis mit verschränkten Armen. „Noah und Willow haben es geliebt, darin herum zu klettern."

Eine weitere Weihnachtskugel wechselte die Hände, wobei es sich dieses Mal um eine in modischem Silber handelte. An ihr klebte ein wenig Kunstschnee, der mit dem echten an den Fenstern keinesfalls mithalten konnte. Aber manchmal war die Illusion zumindest annähernd so gut wie die Realität.

„Bis Noah und Willow beschlossen haben, Arzt in dem Feuerwehrwagen zu spielen. Deine Tochter hatte wochenlang eine Schramme im Gesicht", merkte Charlotte lachend an.

Louis verzog das Gesicht. „Erinnere mich bloß nicht daran. El hat deswegen einige Tage nicht mit mir geredet."

Mit einem Seitenblick versicherte Charlotte sich, dass Noah immer noch mit Willow spielte und nicht auf Entdeckungsreise gegangen war. Seitdem ihr Sohn seit einigen Monaten laufen konnte, war nichts vor seinen Abenteuern sicher. Doch noch war er glücklich ins Ballspiel vertieft.

Noahs grüne Augen sahen kurz in ihre Richtung und Charlotte spürte einen Stich im Herzen, während sie daran dachte, dass er auch sein zweites Weihnachten ohne seinen Vater verbringen würde. Bei seinem ersten war er erst einige Monate alt gewesen, aber dieses Jahr würde er sich daran erinnern und sie wünschte sich so sehr, dass ihr Sternenjunge gemeinsam mit ihnen feiern könnte.

„Wusstest du, dass Weihnachten Hazzas Lieblingsfest gewesen ist?", murmelte sie leise, während sie Louis die nächste Kugel reichte.

Blaue Augen musterten sie besorgt. „Ich weiß."

„Aber er ist das furchtbarste Kind gewesen, wenn es um Geschenke ging", erzählte sie mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen. „Erst mit zwölf hat Hazza es das erste Mal geschafft, nicht vorher allen zu verraten, was er verschenkt."

„Das hört sich sehr nach meinem besten Freund an." Louis lachte herzhaft. „Was hat er dir denn damals geschenkt?"

Mit Erleichterung stellte Charlotte fest, dass sie nicht einmal eine Sekunde über seine Frage nachdenken musste. Keinen Augenblick brauchte sie, bis sie die Erinnerung festhalten konnte.

Sie wusste trotz all der Jahre immer noch all die kleinen Details über Harry, auch wenn sie in den ersten Wochen nach seinem Tod befürchtet hatte, ihn nach und nach zu vergessen. Doch mittlerweile hatte sie festgestellt, dass das Gegenteil eingetreten war. All die Erinnerungen an ihre große Liebe brannten sich jeden Tag ein wenig mehr in ihr Gedächtnis, als wüssten sie, dass sie wichtiger waren als alles andere.

„Hazza hat die Decke meines Zimmers mit unzähligen Leuchtsternen beklebt, weil er wusste, wie sehr ich diese liebte", meinte Charlotte mit einem Lächeln auf den Lippen.

Noch heute befanden sich die leuchtenden Wunder dieser Welt in ihrem früheren Kinderzimmer, trotzten der Welt mit deutlich weniger Leuchtkraft, waren aber längst noch nicht erloschen.

„Das hört sich nach dem besten Weihnachtsgeschenk an", entgegnete Louis, während er sich die nächste Kugel aus ihren Fingern klaute, weil sie sie ihm nicht schnell genug überreichte.

„Geduld gehört immer noch nicht zu deinen Stärken, oder?", meinte Charlotte augenverdrehend.

Achselzuckend zwinkerte Harrys bester Freund ihr zu. „Zu deinen doch auch nicht."

Mit einem Grinsen auf den Lippen nickte Charlotte, weigerte sich jedoch, die Worte in die Freiheit zu entlassen. Noah befand sich im selben Raum und sie wollte vermeiden, dass er von ihren schlechten Eigenschaften erfuhr. Wenn er schon bloß nur eine Mutter hatte, musste diese als besonderes Vorbild vorhergehen.

„War der Sternenhimmel das beste Weihnachtsgeschenk, das du von Harry bekommen hast, Lottie?"

Nun musste das Mädchen mit den Sternenaugen doch einen Moment lang nachdenken. Sie blinzelte, einmal, dann ein weiteres Mal, während sie sich an all die Weihnachten mit Harry erinnerte. An die, die sie erst bei ihren Familien verbrachten und sich die Geschenke am ersten Weihnachtstag überreichten. Und an diejenigen, als sie ihre eigene Familie waren und zu zweit in ihren vier Wänden feierten, während um sie herum die Welt hätte einstürzen können, ohne ihr Glück zu zerstören.

„Ich bin mir gar nicht sicher, denn eigentlich ist mir der Inhalt der Geschenke gar nicht so wichtig gewesen. Vielmehr zählte die Geste, aber Hazza ist trotzdem wahnsinnig gut im Geschenkemachen gewesen", gab Charlotte schließlich zu. „Ein Jahr hat er mir eine Reise nach Venedig geschenkt, weil ich ihm mit sieben Mal erzählt hatte, dass ich Gondoliere werden wollte. Das hatte ich ganz vergessen, bis er mir die Flugtickets gab."

Nachdenklich strichen ihre Finger über die glänzende Weihnachtskugel in ihren Händen, die so neu wirkte, obwohl sie schon seit Jahren hier in diesem Haus verweilte. Nun prasselten die Erinnerungen doch auf Charlotte ein, die richtig guten, die sie nie vergessen würde und die sich in diesem Augenblick schmerzhaft an die Oberfläche kämpften.

„Und ich werde nie das Weihnachten vergessen, als Hazza mir den Antrag gemacht hat. Das ist wahrscheinlich das schönste Geschenk, was ich je bekommen habe", flüsterte das Mädchen mit den Sternenaugen.

Ihre Worte tanzten durch die Luft, erfüllt mit traurigem Glück in ihrem Herzen und den Momenten, die nie wieder Wirklichkeit werden würden. Doch in dieser Sekunde störte sie das nicht, war doch alleine die Erinnerung kraftvoll genug.

„Ich glaube, das war eher dein Geschenk an Harry", scherzte Louis.

Charlotte lachte leise. „Weil sonst keiner mit ihm feststecken wollte?"

Der Junge mit den strahlendblauen Augen zwinkerte ihr vergnügt zu, bevor er von der Leiter sprang und eine der Weihnachtskisten nach dem Stern für die Spitze durchsuchte.

„Irgendwo muss der doch sein", murmelte er nachdenklich, während seine Finger durch die Dekoration forsteten, immer auf der Suche, ohne jedoch eine Lösung zu finden.

Charlotte versicherte sich, dass die beiden Kinder noch atmeten, was eigentlich eine überflüssige Handlung war, weil das vergnügte Quietschen der Kleinen doch in regelmäßigen Abständen durch das Wohnzimmer flog. Dennoch konnte sie nicht aufhören mit dieser schrecklichen Angewohnheit, fürchtete sie sich doch vor nichts mehr als davor, dass Noah irgendwann genauso plötzlich damit aufhören würde wie sein Vater.

„Habe ich dir je erzählt, wie aufgeregt Harry wegen des Antrags gewesen ist?", meinte Louis, während er den Inhalt der Kiste nun auf den Boden schüttete, in der Hoffnung, den Stern doch noch zu finden. „Ich durfte mir wochenlang Ringe mit ihm ansehen und immer wenn ich dachte, er hätte endlich einen, hat er ihn wieder weggelegt und gesagt, dass das doch nicht genug wäre für dich."

Mit einem Lächeln auf den Lippen kniete sich Charlotte ebenfalls auf den Boden, um ihm bei der Suche zu helfen. „Das klingt nach Hazza. Er konnte manchmal wirklich schwer zufrieden zu stellen sein."

„Und er wollte immer bloß das Beste für dich, Lottie."

„Ich auch für ihn", murmelte Charlotte und die Wahrheit explodierte wie eine Bombe in diesem weißen Wunderland Londons, das überall auf der Welt magisch gewesen wäre. Sie hatte immer das Beste für Harry gewollt, es ihm jedoch nie geben können. Stattdessen erlosch sein Licht viel zu schnell, während sie in der Dunkelheit des Lebens zurückblieb. Ein Teil von ihr starb jedoch ebenfalls an diesem zehnten Juli vor einem Jahr, als die Liebe ihres Lebens zu den Sternen flog. „Das ist einfach Liebe, schätze ich."

Louis nickte nachdenklich und öffnete die Lippen, als wollte er ebenfalls einige Worte aus den Käfigen seines Inneren befreien. Doch sie schafften es nie über die Lippen, weil Noah mit Trippelschritten auf ihn zugestürzt kam und sich in einer Lichterkette verhakte.

Blitzschnell fing Louis ihn in seinen Armen auf, bevor er schmerzhaft auf den Boden geplumpst wäre.

„Vorsicht, Buddy", meinte er grinsend und stupste dem Kleinen sanft gegen die Nase, was diesem ein Glucksen entlockte.

Charlotte lächelte ebenfalls vergnügt, zumindest bis die Welt um sie explodierte. So schleichend leise, dass sie den Knall bis in ihr Innerstes fühlen konnte.

„Durst", meinte Noah in seiner hohen Stimme, während er Louis am Hosenbeinzupfte. „Durst, Daddy."

Es zerfetzte Charlottes Herz auf die schmerzhafteste Weise, während Noah keine Schuld traf. Ihm zuliebe zwängte sie die Tränen aus ihren Augenwinkeln, zwang sich dazu, ein Lächeln auf ihre Gesichtszüge zu quälen, so wie sie es in all den Jahren der Öffentlichkeit hatte lernen müssen.

„Das ist nicht Daddy, Großer", murmelte sie. „Das ist Lou. Das weißt du doch."

Charlotte sah hilflos zu Louis herüber, der ihrem Blick mit aufgerissenen Augen begegnete.

„Ich bin dein Patenonkel, Noah. Nicht dein Daddy." Louis Worte wehten vorsichtig durch das Wohnzimmer, so sanft und klebrig wie die süßeste Schokolade. Vorsichtig zog er Noah auf seinen Schoß und strich ihm durch die Lockenpracht. „Ich bin Willows Daddy, aber du hast doch deinen eigenen. Harry ist dein Daddy."

Der Jungen, der sonst nie um Worte verlegen war, immer die richtige Erwiderung fand, war plötzlich verlassen von ihnen.

„Dein Daddy ist gerade bloß nicht hier", meinte Charlotte, während sie sich vor ihren Sohn kniete und in die grünen Augen sah, die sie so sehr liebte. „Er ist – nicht da. Aber er liebt dich mehr als alles andere, okay?"

Noah nickte, während er an der Nuckelflasche saugte, die sie ihm hinhielt und dann mit kleinen, tapsigen Schritten wieder unbekümmert zu Willow herübertapste, als diese seinen Namen rief.

Während er die Bombe nicht explodieren hörte, stumm für den Jungen mit den grünen Augen, so halte sie betäubend laut in Charlotte nach.

Ihre Lungen rangen nach Atem, wollten leben und sterben zugleich, während die Luft immer dünner wurde. Eine Sekunde und zugleich Stunden vergingen, bis sie wieder funktionierte.

Erst dann wagte sie es zu Louis herüberzusehen, der immer noch mit aufgerissenen Augen zu Noah herübersah, denselben Schmerz, den sie ebenfalls fühlte, in jeder Bewegung spürte.

„Es tut mir so leid, Lottie. So furchtbar leid", murmelte Harrys bester Freund mit brechender Stimme, die die Panik umso mehr in die Freiheit entließ. „Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe und ich wollte das nicht und –"

Das Mädchen mit den Sternenaugen, die niemals aufhörten zu funkeln, bloß in dieser einen Sekunde, in denen die Bombe explodiert war, zog ihn in seine Arme.

„Du hast nichts falsch gemacht, Lou. Wirklich nicht. Du bist bloß einfach da und Hazza –" Sie schluckte hörbar. „Hazza eben nicht."

Sie klammerten sich aneinander, als würde Harry auf sie zu gerannt kommen, wenn sie nur genug Kraft aufbrachten. Doch natürlich kam er nicht, natürlich würde er nie wieder kommen. Und in Momenten wie diesen fraß sich die Endlichkeit schmerzhaft in ihre Herzen.

„So sollte es aber nicht sein", entgegnete Louis stur. Als könnte er alleine mit seinen Worten den Himmel dazu bringen, seinen Sternenjungen wieder auf die Erde zu schicken. „Das ist einfach falsch. Noah sollte einen Vater haben dürfen und du deinen Ehemann und ich meinen besten Freund. Das ist einfach nicht richtig."

Stumme Tränen liefen ihr aus den Augen, während sie sich an seine Schultern klammerte und sich zwang nicht zu den Kindern herüberzusehen, damit diese nicht mitbekamen, dass ihre Welt gerade zwischen ihren Fingern zerbrach.

„Glaubst du, das weiß ich nicht? Es ist verdammt beschissen und ich wünschte, Hazza wäre hier."

Louis strich ihr sanft über ihren Rücken, ihr Halt, wie er es Harry versprochen hatte in den Tagen, bevor er gänzlich zu Ende ging. Charlotte Styles war nun seine Verantwortung, doch er hätte es ohnehin freiwillig getan.

„Ich wünschte auch, Harry wäre jetzt hier", murmelte er mit beruhigender Stimme, die nicht ganz über seine tränenverhangenen Augen hinwegtäuschen konnten. „Wahrscheinlich würde er dann jetzt einfach einen schlechten Witz erzählen."

Das Mädchen mit den Sternenaugen lachte schluchzend. „Wahrscheinlich den vom Wischmopp und dem Skelett. Ich weiß nicht, wie oft ich mir den anhören musste."

„Der war wirklich grauenvoll. Wird mich bis ans Ende meiner Tage verfolgen", flüsterte Harrys bester Freund mit einem brechenden Lächeln.

Charlotte weinte und Louis weinte und unbesorgtes Kinderlachen schallte durch den Raum.

Es verging eine Ewigkeit, doch gleichzeitig nur ein paar schwindende Augenblicke, bis ihnen das Atmen wieder leichter viel. Die Bombe verlor ihre Kraft und der Weihnachtszauber, die guten Erinnerungen an ihren Sternenjungen, gewannen wieder.

„Lass uns weitermachen. Ich will Eleanor keinen Herzinfarkt verpassen, bloß weil wir beide nicht einmal den Weihnachtsbaum dekoriert bekommen", meinte Charlotte schließlich. „Man sollte meinen, dass wir das hinbekommen."

Louis' Mundwinkel zuckten nach oben, erst langsam und dann schneller, bis sich ein Lächeln auf seine Lippen legte. „Sie wird doch ohnehin noch zehn Mal neu dekorieren, bis alles perfekt sitzt. Irgendwie hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, nun Harrys Weihnachtswahnsinn zu übernehmen."

„Umso besser für uns alle", entgegnete Charlotte, während sie erneut begann die Dekorationskisten nach dem Stern zu durchsuchen. „Dann haben wir wenigstens perfekte Weihnachten."

Es war keine Lüge, nicht gänzlich jedenfalls. Auch wenn immer ein Mitglied ihrer Familie fehlen würde, würde das Mädchen mit den Sternenaugen dennoch dafür sorgen, dass Noah das beste Weihnachten seines Lebens bekam.

„Dafür werden wir schon sorgen und uns mit Plätzchen mästen, bis wir alle platzen", entgegnete Louis überzeugt.

„Ich kann backen", bot sie an, während ihre Finger nachdenklich über ein Rentier strichen, das vor Jahren einmal in einem anderen Haus seinen Platz gefunden hatte. Damals als Harry noch über die Bühnen dieser Welt flog und sie an den Weihnachtstagen nichts weiter brauchten als einander.

„Machst du diese Zimthörnchen, Lottie? Ich besteche dich zur Not auch mit allem, was du willst, solange es die bloß gibt. Denn die sind ein absoluter Traum."

Lachend nickt Charlotte. „Ich mache sie auch ganz ohne Bestechung. Dafür habt du und Eleanor für mich schon genug getan."

„Stets zu Diensten", entgegnete er zwinkernd. „Solange ich gefälligst meine Kekse bekomme."

Louis zückte triumphierend den Weihnachtsstern und brachte ihn perfektionistisch an der Spitze des Baumes an. Er hing tadellos gerade, ganz anders als die restliche Weihnachtsdekoration, als wüsste er, wie wichtig das für Charlotte war.

Denn wenn sie die Augen schloss, hatte sie nicht bloß den Stern am Baum vor Augen, sondern den ganzen Sternenhimmel der Welt. Und während sie die Lichter sah, da konnte sie einen Augenblick lang auch ihren Sternenjungen sehen, wie er lächelnd auf sie herunterblickte und ihr schöne Weihnachten wünschte.

_________________

Ihr Lieben,

Es ist Freitag und damit endlich Zeit für das neue Kapitel bei BITS.

Könnt ihr verstehen, warum Lottie und Louis so schockiert sind, als er Lou Daddy nennt?

Auch wenn das Wetter bei uns es nicht vermuten lässt, lässt die Weihnachtszeit ja wirklich nicht mehr lange auf sich warten.

Feiert ihr gemeinsam mit eurer Familie, eurem Freund/eurer Freundin?

Gibt es bei euch irgendwelche Weihnachtstraditionen?

Ich freue mich langsam wirklich auf die (nicht immer so) entspannten Tag und vor allem auf unzählige Lebkuchen - dau hätte der Harry dieser Geschichte auch nicht Nein gesagt ;)

Bis zum nächsten Mal.

Continue Reading

You'll Also Like

8.1K 2K 22
»οиgοιиg« Es ist ein heißer Sommer und das Ende der 1970er in Korea. Jimins Eltern haben einen Freund der Familie für besagten Sommer aufgenommen, da...
17.9K 1K 7
Er liebte sie. Sie liebte ihn. Sie liebten einander, doch ... © TeresaEichwald, 2018
1.2M 62.3K 69
Egal was ich sage, es zählt nicht. Egal was ich denke, es zählt nicht. Es zählte rein gar nichts. { louis tomlinson fanfic. } Ich habe diese Geschi...
10.6K 290 40
Ich bin mit meiner Besten Freundin Aleyna im Urlaub, da ihre zwei Brüder Emre und Bzet einen Rap Contest machen. Ich und Emre haben uns nie sonderlic...