Es ist Samstag und ich stehe erst zu Mittag auf. Bevor ich aufstehe, sehe ich noch kurz auf mein Handy. Heiko hat mir geschrieben.
Heiko: Na du Schlafmütze? Während ich heute schon fleißig war, schläfst du immer noch tztztz. Ich glaube ich werde auch studieren, wenn ich so viel Freizeit habe wie du :D
Ich muss schmunzeln und schreibe ihn sofort zurück.
Ich: GUTEN MORGEN! Liege noch im Bett (: und ja studieren ist nur zum Empfehlen!
Ich packe meine Sachen und fahre los zu meiner Tante und meiner Cousine. Sie wohnen nicht weit von mir entfernt, nach 20 Minuten stehe ich vor ihrer Haustür.
„Hallo Marie, danke dass du so kurzfristig Zeit gefunden hast", sagt meine Tante, die schon dabei ist, sich die Schuhe anzuziehen.
„Kein Problem."
„Lucie kennt sich aus, sie weiß was sie darf und was nicht. Essen ist im Kühlschrank, wenn ihr Hunger bekommt. Ich bin in ein paar Stunden wieder da!"
„Okay viel Spaß, bei deinem Seminar!", sage ich.
Meine Tante verschwindet hektisch aus der Tür und ich stehe mit meiner kleinen Cousine im Vorraum.
„Na worauf hast du Lust?", frage ich sie.
„Spielen wir etwas!", sagt sie und zieht mich in ihr Zimmer. Sie holt Kartenspiele heraus und wir spielen einige Spiele. Ich kann nicht anders, ich muss einfach schummeln, meine kleine Cousine ärgert sich jedes Mal, weil sie verliert und die Ärmste, weiß gar nicht, dass sie es mit einer fiesen Betrügerin zu tun hat.
Sie ist ein klein bisschen ehrgeizig und als ich merke, dass sie nicht aufhören will zu spielen, bis sie gewinnt, lasse ich sie gewinnen, weil es mir langsam zu öde wird.
Sie freut sich tierisch über ihren Sieg und wird überdreht. Sie beginnt im ihrem Zimmer herum zu turnen. Wieso tue ich mir das eigentlich an? Wie krieg ich sie jetzt wieder ruhig?
„Magst du was essen Lucie?", frage ich sie um sie abzulenken.
„Nö", kichert sie und macht Purzelbäume und lacht dabei.
„Was willst du denn machen?", frage ich schon etwas genervt.
„Ich will an den Computer!", schreit sie.
„Du darfst leider nicht und ich weiß sowieso nicht wie das Passwort ist!", ich würde alles tun, damit sie Ruhe gibt.
„Ich darf und ich weiß das Passwort."
„Sicher? Seit wann darfst du das?"
„Ich darf nur 2 Stunden am Tag und ich war heute noch nicht!"
„Na gut", lasse ich mich von der Kleinen überreden.
Wir gehen ins Arbeitszimmer von ihren Eltern, sie dreht den PC auf und kennt sich bestens aus. Ich bin überrascht, anscheinend haben ihre Eltern ihr doch einmal etwas ‚Normales' erlaubt. Sie sieht sich irgendwelche ‚witzigen' Tiervideos an und lacht herzallerliebst. Sie zeigt mir so viele Videos die sie schon kennt, wirklich interessieren tut es mich nicht. Aber wenigstens ist sie jetzt beschäftigt und ruhig. Ich hoffe nur, es ist wirklich okay für ihre Eltern.
„Ich mach uns einmal etwas zum Essen!", sage ich und streichle ihren Kopf.
Ich gehe in die Küche und mache uns ein paar Brötchen. Als ich zurückkomme, sieht sie sich Make-Up Videos an.
„Lucie, das hast du wirklich nicht nötig!", sage ich ihr und lache.
„Aber die sehen alle so hübsch aus!"
„In ein paar Jahren bist du genauso hübsch, wenn nicht sogar noch hübscher!"
„Glaubst du wirklich?", fragt sie mich mit großen Augen.
„Natürlich! Und jetzt iss ein paar Brote."
Sie nimmt sich ein Brot und redet mit vollen Mund: „Magst du meine Lieblingsyoutuber sehen?"
„Na klar", lüge ich.
Während sie ihre Lieblingsyoutuber sucht, checke ich mein Handy, ob ich neue Nachrichten habe.
Heiko: Na? Wie ist das Babysitten so?
Ich: Ein bisschen anstrengend, aber ich bin ja bald erlöst.
Auf einmal höre ich Heikos Stimme und blicke auf mein Handy. Habe ich ihn angerufen? Doch die Stimme kommt nicht von meinem Handy sondern von dem PC Bildschirm.
„Das sind die Lochis!", sagt meine Cousine stolz. Ich weiß Lucie, ich weiß.
„Was gefällt dir an denen?", frage ich, als würde ich sie nicht kennen.
„Die sind witzig. Sieh mal!", sagt sie und ich sehe Roman als Mädchen verkleidet durch eine Stadt singen.
„Ich bin so ein Yolo-Kind, scheiß drauf das ich Solo bin!
Leute nennen mich ne Bitch, doch ihr seid nur neidisch Kids", singt Roman.
Das ist wirklich nicht angemessen für eine 10 jährige. Wenn ihre Eltern das wüssten! Oh Gott! Die Texte von dieser Parodie sind passend und witzig für 16, von mir aus auch noch 14 Jährige, aber doch nicht für eine 10 Jährige.
Sie macht ein anderes Lied an und ich sehe wieder auf mein Handy.
Heiko: hast du am Abend noch etwas vor oder können wir dann skypen?
Ich: Heiko, ich bringe dich um, wenn ich dich das nächste Mal sehe.
Heiko: Was? Warum?
Ich: Ich sitze gerade vor dem PC mit meiner kleinen Cousine und jetzt rate mal, wer ihre Lieblingsyoutuber sind
Heiko: ne oder? :D
Ich: Doch -.-
Heiko: süüüüüß! Grüß sie von mir ;)
Ich: Ich habe eine bessere Idee. Hast du Zeit für einen Videochat?
Heiko: klar
Ich drehe mich zu meiner Cousine, die ganz vertieft in den PC ist und grinse sie an.
„Lucie, hast du Lust auf eine Überraschung?"
„Was für eine?", fragt sie und ihre Augen weiten sich.
„Darf ich nicht sagen, dann ist es keine Überraschung mehr. Mach zuerst die Musik aus dann gehen wir ins Wohnzimmer. Aber du musst ganz lieb sein!"
„Okay!", sagt sie. Sie dreht den PC ab und stürmt sofort ins Wohnzimmer und ist schon ganz aufgeregt.
Ich rufe Heiko an und halte ihr das Handy hin. Sie sieht verwirrt und neugierig aus.
„Hallo", höre und sehe ich Heiko.
„Da ist jemand der dir Hallo sagen will, Heiko", sage ich und drehe das Handy zu ihr.
„Ist das Heiko?", fragt Lucie überrascht. Ist das ein Video?
„Nein, das ist der Echte!"
„Hallo Lucie", sagt Heiko.
„Was? Wie geht das? Hallo Heiko!", sagt sie. „Woher kennst du ihn?", fragt sie mich und sieht zwischen dem Handy und mir hin und her.
„Ich habe ihn vor ein paar Monaten kennen gelernt", erkläre ich.
„Heiko! Ich finde eure Videos super!", sagt sie. Heiko lacht.
„Danke, freut mich, dass sie dir gefallen."
Lucie und Heiko reden noch eine Weile, bis ich ihr das Handy wegnehme.
„Na gut Heiko, ich habe zu Hause dann noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen, ich rufe dich später an."
„Okay, viel Spaß euch beiden noch."
„Bye Heiko!", winkt meine kleine Cousine zum Abschied.
Sie ist total überdreht und freut sich wahnsinnig. Ich habe sie gerade echt glücklich gemacht und das freut mich. Ich würde mit ihr sofort auf ein Konzert gehen, aber ich finde dafür ist sie noch zu jung und ihre Eltern erlauben es ihr sicher nicht. Aber vielleicht können wir ja in 4 Jahren noch einmal darüber reden.
Ihre Tante kommt nach Hause und Lucie erzählt sofort, wie toll der Tag war und das sie Heiko kennen gelernt hat. Ihre Tante ist etwas verwirrt und ich kläre sie auf. Sie sieht etwas verwundert aus, aber ist erstaunt darüber, was ich für Leute kenne. Anscheinend kennt sie die Lochis nicht, sonst hätte ich mir jetzt einen Vortrag anhören dürfen, was für schlimme Wörter sie benutzen und das ich mit diesen Heiko einmal ein ernstes Wörtchen reden sollte. Habe ich sowieso vor, aber von ihr will ich es nicht hören.
Ich verabschiede mich und meine kleine Cousine drückt mich ganz fest und bedankt sich noch einmal. Jetzt bin ich definitiv ihre Lieblingscousine.
Ich gehe zur U-Bahn und rufe Heiko an.
„Du hast meine Cousine heute echt glücklich gemacht", lache ich.
„Freut mich. Hätte ich das gewusst, hätte sie auch Konzertkarten bekommen."
„Bloß nicht! Dafür ist sie viel zu jung..."
„Wieso?"
„Na weil ihr einfach viel zu ...." Ich stocke denn ich sehe einen Jungen mit grünen Augen die genau in meine starren und ein breites Grinsen. Was macht der denn hier?