So Much to Learn | deutsche Ü...

By IthilRin

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„Talia, Baby, es tut mir so leid, ich meinte das nicht so. Ich bin bereit zu warten, das bin ich wirklich." I... More

Vorwort/Wichtig und anderes bla, bla...
You're Not the Same
Who's Gonna Save Us?
Sexx Laws
Safe Forever
Take me out
Saturday Morning
Chemical Heart
Tightrope Walker
Up All Night
She Wants to Move
What's My Age Again?
Clean
Danger! High Voltage
The Leaving Song Part II
I Thank You
All I Ask of you
Morning
Rollercoaster
Mutiny
It's Too Late
Heart's a Mess
I Know | You Know | I Know
Every Me Every You
Karma
Look What You've Done
Out of Control
Shout
A Slow Descent
Little Sister
Nature's Law
Happy Together?
Epilogue - Happy Heart

Rough Diamonds

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By IthilRin

Alle meine Vorstellungen davon, wie es sein würde, Jack zu küssen, und glaubt mir, ich hatte viele davon, waren im Vergleich zu der echten Blockbuster Realität nur fragwürdige kleine Heimvideos.

Jacks Lippen, die anfangs kalt waren, weil sie dem peitschenden Wind ausgesetzt waren, erwärmten sich schnell an meinen. Diese Wärme schien ansteckend zu sein, und ich spürte, wie meine Lippen kribbelten und anschwollen, während das Blut in diesen Bereich floss, als hätte es Angst, es könnte die ganze Aufregung verpassen.

Aber, um das klarzustellen, nur weil ich den Kuss mit einem Blockbuster-Film verglichen habe, sollte man nicht denken, dass es von Anfang an nur um Zungenküsse und nicht jugendfreies Gefummel ging. Am Anfang küsste er mich einfach nur sanft und zärtlich und löste sich etwa alle zwei Sekunden von mir. Das war genau genommen unglaublich frustrierend. Gerade als ich dachte, ich hätte seine Lippen richtig eingefangen, entfernten sie sich wieder.

Ich wollte mehr und ich würde mein Leben darauf verwetten, dass er auch mehr wollte, warum also hielt er sich zurück?

Doch als die Sekunden vergingen, genoss ich die sanften Berührungen seiner Lippen und den leichten Griff um meine Hüften und hörte auf, nach mehr zu streben. Ich hatte nicht bewusst bemerkt, dass die Wut, die Verwirrung und der Schmerz von vor ein paar Augenblicken immer noch in meinem Körper herumwirbelten, bis ich mich Jacks leichten Berührungen hingab und spürte, wie sie verschwanden.

Dann, und erst dann, bewegte sich Jack nach vorne und zog mich an sich. Er schlang einen Arm fest um meine Taille und legte die andere Hand sanft an meinen Hinterkopf. Meine Hände fanden ihren Weg zu seinen Schultern und ich hielt mich an ihm fest, während kleine Blitze des Verlangens durch meinen Körper schwirrten.

Jack zog mich nicht nur in seine Umarmung, sondern ließ auch seine Lippen länger auf meinem Mund verweilen. Gott, dieser Junge konnte küssen. Ich hätte nicht gedacht, dass man mit einem Kuss so viele verschiedene Dinge anstellen konnte, vor allem nicht mit einem relativ keuschen Kuss mit geschlossenem Mund, wie wir ihn hatten, aber er bewies mir, dass ich falsch lag, indem er den Druck und den Winkel variierte.

Doch egal wie einfallsreich man auch mit seinen geschlossenen Lippen sein mochte, irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem die Situation mehr verlangte ... nein, wenn ich mehr verlangte. Ich öffnete meine Lippen ganz leicht, und einen Moment später spürte ich, wie er es mir gleichtat. Diese kleine offene Verbindung zwischen uns löste nicht nur in meinem Mund, sondern auch in meinem ganzen Körper einen Hitzestrom aus. Es war, als hätte jemand gerade eine riesige Heizung auf mich gerichtet.

Ich war gerade dabei, mich zu beglückwünschen, dass ich die Situation unter Kontrolle hatte, d. h. dass ich nicht zu einer Pfütze zusammenfloss, als ich spürte, wie seine Zunge sanft über meine Unterlippe fuhr.

Hmm, was war das noch gleich, was man Kontrolle nennt...?

Ich gab einen seltsamen Laut von mir, der irgendwo zwischen einem Keuchen und einem Stöhnen lag, und spürte, wie Jack zu lächeln begann, während er weiter mit seiner Zunge über meinen Mund strich. Unbewusst neigte ich meinen Kopf nach oben, um mich fester an ihn zu pressen, und als Reaktion darauf zogen sich Jacks Arme noch fester zusammen und hoben mich hoch, sodass ich auf meinen Zehenspitzen balancierte. Ich glaube, man hätte es kaum geschafft, auch nur ein Stück Papier zwischen unsere Körper zu schieben, so sehr waren wir miteinander verschmolzen ... obwohl ich mir nicht sicher bin, warum man das auch hätte tun wollen.

So sehr wir auch ineinander verschmolzen waren, hörten wir doch beide das vertraute würgende, knirschende Geräusch von Matts Auto, als es stotternd die Straße hinauffuhr und unsere Umgebung rückte plötzlich wieder in den Fokus.

Jack unterbrach den Kuss ab und zog seinen Mund weg, schien aber nicht in der Lage zu sein, den Rest seines Körpers dazu zu bringen, es ihm gleichzutun, denn wir blieben eng umschlungen stehen. Schwer atmend lehnte er seine Stirn an meine und blickte mir in die etwas benommenen Augen.

"Dein Bruder", keuchte er, "hat das schlechteste Timing der Welt."

Oder das beste, dachte ich im Stillen, was zumindest Matt denken würde, wenn er uns beide hier oben sehen würde.

Unten rumpelte Matts Auto auf den Parkplatz und zwang Jack dazu, mich widerwillig loszulassen, und ich taumelte zurück und spürte, wie die kalte Luft mein Gesicht und meinen Körper wie eine buchstäbliche Interpretation der Realität traf.

Jack wandte sich schnell ab und hielt mir die schwere Tür auf.

Ich versuchte, meinen Verstand zu sortieren, und dachte, dass jeder, der einen Blick auf mich werfen würde, und auch nur halbwegs bei Verstand war, bei mir einen klassischen Fall von "unterbrochenem Knutschen" diagnostizieren würde. Ich zog meine Jacke fester um mich und ging durch die Tür auf den Treppenabsatz.

Jack folgte mir und ließ die Metalltür mit einem dumpfen Knall, der mich zusammenzucken ließ, hinter uns zufallen. Ich schaute zu ihm auf und staunte während ich das tat, weil sein zerzaustes Haar, seine leuchtenden Augen und seine geschwollenen Lippen, alles mein Werk war.

"Hey Tally?", sagte er leise.

"Ja?", fragte ich und dachte für eine Sekunde, dass er mich wieder küssen würde.

Stattdessen umfasste er meine Taille, schob mich hinter sich und sagte mit einem frechen Grinsen: "Wer zuletzt in der Wohnung ist, ist ein faules Ei." Dann verschwand er im Treppenhaus und nahm fünf Stufen auf einmal.

"Schummler.", rief ich und donnerte hinter ihm die Treppe hinunter, konnte aber nur zwei Stufen auf einmal nehmen, ohne mir den Hals zu brechen.

Nachdem ich die Strecke zwischen dem Dach und dem zweiten Stock in etwa 10 Sekunden zurückgelegt hatte, sprang ich schwer keuchend die letzten paar Stufen hinunter und stand Jack wieder gegenüber, der lässig in der Tür zu unserer Wohnung lehnte. Er war nicht im Geringsten außer Atem, verdammt.

"Warum hast du so lange gebraucht?", fragte er mit einem unschuldigen Lächeln, während ich ihn finster anfunkelte. "Ich bin schon seit Ewigkeiten hier."

Ich lachte sarkastisch. "Oh, du bist so..." Ich wollte eigentlich 'lustig' sagen, aber das Wort wurde verschluckt, als Jack seinen Kopf senkte und mich heftig küsste. Eine Sekunde lang klammerte ich mich an ihn und genoss die Spontaneität und das andere Gefühl des Kusses, aber dann kam ich zur Besinnung und zog mich zurück.

„Lass den Quatsch.", lachte ich und verpasste Jack einen Schubs, sodass er praktisch in die Wohnung fiel. "Bist du verrückt?"

"Ich glaube, dass bin ich vielleicht.", erwiderte er und ging in Richtung seines Zimmers. "Warum sonst sollte ich ein faules Ei küssen?"

Ich verdrehte die Augen und als ich das Geräusch von Matt hörte, der die Treppe hinauf galoppierte, flüchtete ich in mein Schlafzimmer und schloss die Tür. Ich warf mich auf mein Bett und schnappte mir mein Buch vom Nachttisch, und war somit das Abbild der reinen Unschuld, als Matt einen Moment später die Tür aufstieß.

"Was ist los mit dir?", fragte ich, als er mit einem Stöhnen auf meinem Bett zusammensackte.

"Ich hasse Mittwoche!", jammerte er.

"Ja.", stimmte ich ihm zu, fügte aber in Gedanken hinzu: 'Aber nicht diesen, nein, diesen überhaupt nicht.'

*******

"Matthew Seamus Davenport.", schnauzte ich am Freitagnachmittag. "Wenn du auch nur noch ein weiteres Wort sagst, werde ich dich beißen!"

Die Stimmung war gereizt, denn wir fünf, Jack, Matt, Simone, Tommo und ich, waren spät dran für die Rückfahrt in unsere Heimatstadt, und die Tatsache, dass Matt sich seit einer Stunde ununterbrochen beschwerte, war nicht gerade hilfreich.

Matt sah mich mit einem Gesichtsausdruck an, der sagte: 'Das will ich sehen'. Und in letzter Sekunde ergriff Simone meinen Arm und brachte mich aus der Reichweite meines Bruders.

"Tief durchatmen.", murmelte sie beruhigend. "Wir haben eine lange Autofahrt vor uns, und wenn du ihn jetzt umbringst, könnte er am Ende der Fahrt anfangen zu stinken."

"Vorausgesetzt, wir nehmen seinen zerstückelten Körper mit.", grummelte ich. "Ich dachte eigentlich, dass wir ihn auf der Autobahn aus dem Fenster werfen."

"Nun, technisch gesehen wäre es nicht einmal eine illegale Müllentsorgung.", sagte Tommo, als er das Ende unserer Unterhaltung hörte, während er die letzte Tüte in die Ablage von Jacks Wagen legte. "Ich meine, er wäre ja biologisch abbaubar."

"Die Knochen halten sich aber noch eine ganze Weile.", wies Simone darauf hin. "Und außerdem glaube ich, dass ein Bußgeld wegen illegaler Müllentsorgung unsere geringste Sorge wäre, wenn wir von der Polizei angehalten würden, weil wir eine Leiche aus einem fahrenden Auto geworfen hätten."

"Eine zerstückelte Leiche.", erinnerte ich sie.

"Entschuldigung, eine zerstückelte Leiche.", korrigierte sie sich.

"Stachel sie nicht noch an.", rief Matt und knallte den Kofferraum seines Wagens zu. "Wenn sie ermutigt wird, hält sie die Klappe gar nicht mehr."

„Fass dir mal lieber an die eigene Nase.", rief ich zurück, und Simone und Tommo tauschten amüsierte Blicke aus.

"Ich denke, man kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die beiden dann nicht im selben Auto fahren werden." Tommo lachte und befestigte die Ränder der Plane, die die Ablagefläche von Jacks Wagen Bedeckte. "Also, was meinst du? Sie und Jack im Pick-up, du, ich und Matt im Auto?"

"Klingt unter den gegebenen Umständen, nach dem sichersten Plan.", stimmte Simone zu, ihre Locken wippten hübsch, als sie nickte.

Ich musste mich unheimlich zurückhalten, auf ihren Vorschlag hin in die Luft zu springen und 'Ja!' zu rufen, denn das hätte das Spiel verraten ... zumindest ein kleines bisschen.

Denn die Wahrheit war, dass ich seit Mittwochabend kaum ein paar Sekunden mit Jack allein verbracht hatte, geschweige denn ganze vier Stunden. Am Donnerstag hatten wir beide Vorlesungen und Seminare gehabt, dann hatte er bis spät in die Nacht gearbeitet und ich hatte die Gelegenheit genutzt, um bei Simone zu übernachten und ein wenig "Frauengespräche" zu führen. Ich war von ihr direkt zu meiner Vorlesung gegangen und kehrte erst etwa eine Stunde, bevor wir losfahren wollten, in die Wohnung zurück.

Ich sage wollten, denn diese Zeit war nur noch eine ferne Erinnerung, als das Licht schwächer wurde und die Straßenlaternen aufflackerten. Bei der Geschwindigkeit, die wir an den Tag legten, würden wir Bridunna erst weit nach 11 Uhr in dieser Nacht erreichen.

Zumindest waren wir endlich alle gepackt und abfahrbereit, wir warteten nur noch auf Jack, der immer noch in der Wohnung am Telefon hing und mit jemandem, der sich auskannte, über die Feinheiten der Stipendien-Anforderungen diskutierte.

"Wie wäre es, wenn ihr schon mal losfahrt und wir euch späte reinholen?", schlug ich vor, als wir gut zehn Minuten gegen die Autos gelehnt hatten. "Dann hat Mum vielleicht ihren ganzen Unmut über unser Zuspätkommen an euch ausgelassen."

"Unsere Mum braucht ihren Unmut auf?" Matt schnaubte. "Schön wärs." Trotzdem kämpfte er die Hintertür seines Wagens fürSimone auf (die immerzu klemmte) und machte sich auf den Weg zur Fahrerseite.

"Wir sehen uns dann dort.", winkte Simone und ließ sich auf den Rücksitz gleiten und schnallte sich an, während Tommo die Tür mit einem großen Knall hinter ihr schloss, bevor er ebenfalls ins Auto stieg.

"Fahr vorsichtig!", rief ich Matt zu, als sein Auto aufheulte.

"Das tue ich immer!", rief er zurück, bevor sie mit quietschenden Reifen in der aufkommenden Dämmerung verschwanden.

Warum verwechseln Jungs die Wörter 'immer' und 'nie' andauernd?

Ich überlegte, ob ich beim Pick-up auf Jack warten sollte, aber schon bald wurde die Luft etwas zu frisch, sodass ich zurück ins Gebäude ging. Als ich die Wohnung betrat, hörte ich Jack sagen:

"Wenn es um die Belebung des Weltraums geht, ist die Sonne sicher die schlüssigste Methode."

Ich lächelte liebevoll (ich liebte es, wenn er klug redete), warf mich auf die Couch und lauschte halb dem intensiven Gespräch, das er mit demjenigen führte, der am anderen Ende der Leitung war. Das war Jack in seiner reinsten Form: vernünftig, übertrieben ernst und unglaublich zielstrebig.

Ich wusste, dass er die andere Person so lange am Telefon behalten würde, bis er alle Fakten im Kopf hatte, sodass es keinen Raum für Fehler geben würde. Er wollte wissen, dass er alles getan hatte, was er konnte, um sicherzustellen, dass die Dinge klappten, und wenn nicht, musste er wissen, wo die Dinge falsch gelaufen waren.

Obwohl wir ihn im Grunde genommen adoptiert hatten, war dieser Junge kein Davenport, soviel war sicher. Als Familie waren wir eher ein glückliches Völkchen, obwohl natürlich noch nie etwas so spektakulär schiefgelaufen ist wie bei Jack.

Apropos, ich warf einen Blick auf den Kalender und sah, dass es der 10. September war und damit noch 10 Tage bis zum sechsten Jahrestag des Unfalls, der seine Familie so entscheidend zerstört hatte.

Ich fragte mich, was dieses Jahr passieren würde. Matt hatte meine Eltern und mich immer sorgfältig von Jacks Eskapaden in der Nacht des 19. abgeschirmt, aber ich wusste, dass dieses Jahr anders sein würde. Wie würde ich reagieren, wenn Jack ein Mädchen wie Kristin mit nach Hause bringen würde, vielleicht sogar Kristin selbst, um den Schmerz zu verdrängen? Ich hatte keine Ahnung. Ich war nicht so naiv zu glauben, dass es dieses Jahr wegen unserer Vereinbarung anders sein könnte. Die Regel lautete schließlich: keine Verabredungen, und ich war mir sicher, dass die Ausschweifungen am 19. keineswegs als Verabredungen ausgelegt werden konnten.

Nun, sagte ich mir streng, ich musste einfach abwarten und sehen, was passieren würde, und wenn er ein Mädchen mit in die Wohnung bringen musste und ... nun ja ... es auf die Tour machen musste, dann würde genau das passieren. Ich musste nur reif genug sein und verstehen, dass Jack dies für nötig hielt, um dem Schmerz zu entkommen.

Ich schob die Gedanken an die Nacht des 19. beiseite, denn schließlich war ich noch nie besonders gut darin, erwachsen an Sachen heranzugehen. Stattdessen dachte ich daran, wie schön es war, nach Hause zu fahren und ein paar Tage lang nichts zu tun. Ich weiß, dass ich mich über den Verlust meines Wochenendes beklagt habe, aber wie Dorothy es so elegant ausgedrückt hatte, ist es nirgendwo so schön wie zu Hause.

Ich hörte, wie Jack das Telefongespräch beendete, rollte mich auf den Bauch und grinste ihn über die Armlehne der Couch hinweg träge an.

"Alles erledigt?", fragte ich, als Jack das Telefon auf den Küchentisch legte und leicht mit den Schultern zuckte.

"Ich habe meine Fragen beantwortet bekommen, ja.", sagte er in dem unterdrückten Tonfall, der anzeigte, dass er über etwas nachdachte.

Ich schwieg und beobachtete ihn, während er seine Gedanken in all die kleinen Kästchen packte, von denen er offensichtlich glaubte, dass sie dort hineingehörten.

Schließlich sah er auf und lächelte. "Tut mir leid, dass ich euch hab warten lassen. Sind die anderen noch draußen auf dem Parkplatz?"

"Gott nein!", rief ich aus. "Wenn das der Fall wäre, wären sie bereits an Unterkühlung gestorben. Nein, ich habe sie losgeschickt, um zu versuchen, etwas von Mums Zorn zu vertreiben."

"Schön wärs.", schnaubte Jack und ich lachte.

"Du und Matt, ihr verbringt viel zu viel Zeit miteinander."

Jack zuckte wieder mit den Schultern, als wollte er sagen: "Ja, na und?", und dann gab es eine Pause.

Zuerst war es in Ordnung, denn Jack ist meistens ziemlich kurz angebunden, und so sind Pausen die Norm. Diese Pause zog sich jedoch in die Länge und bald merkte ich, dass ich keine Ahnung hatte, was ich ihm sagen sollte. Das war etwas beunruhigend, denn Scheiße reden ist eine besondere Fähigkeit von mir. Um meine Unbeholfenheit zu überspielen, setzte ich mich auf und fummelte an meinem T-Shirt herum.

"Tally?"

Ich schaute auf, der Saum meines Oberteils fest von meinen Händen umklammert. Jack lehnte am Esstisch und hob fragend die Augenbrauen angesichts meines seltsamen Verhaltens.

"Ich ... äh ... ich glaube, das Oberteil sitzt nicht richtig.", sagte ich, ziemlich erbärmlich.

"Okay.", erwiderte Jack langsam, wobei sein Tonfall deutlich machte, dass er mich für verrückt hielt.

Ich seufzte und ließ mein Oberteil los. "Es ist nur so, dass ich nicht wirklich weiß, was ich sagen soll.", gab ich zu. "Ich meine, wir haben uns geküsst, und was passiert jetzt?"

Jack richtete sich auf, kam zur Couch hinüber und hockte sich vor mich." Was möchtest du denn, dass jetzt passiert?", fragte er ernst.

Völlig unaufgefordert tauchte plötzlich ein Bild in meinem Kopf auf. Ein Bild aus meinen Träumen, ein Bild mit einer gehörigen Portion verschlungener nackter Gliedmaßen. Ich wurde sofort knallrot, biss mir auf die Lippe und verbarg meine Augen hinter meinen Wimpern. Als ich wieder aufblickte, sah ich, dass Jack mich angrinste, er schien eine ziemlich genau Vorstellung davon zu haben, an was ich gedacht hatte.

"Nun, dann wäre das ja geklärt." Er lachte leise, bevor er aufstand und mir die Hand reichte. Als ich sie nahm, zog er mich von der Couch hoch und direkt an seine warme Brust. Er ließ meine Hand los, nur um mich dann mit beiden seiner Arme zu umarmen.

"Saubere Leistung.", lachte ich, legte meine Arme locker um seinen Nacken und sah zu ihm auf.

"Das war noch gar nichts, Schätzchen.", knurrte er in einem entsetzlichen amerikanischen Akzent, der mich noch mehr zum Lachen gebracht hätte, wenn mein Mund nicht im nächsten Moment damit beschäftigt gewesen wäre, sich gegen seinen zu bewegen.

Ich wäre ganz froh gewesen, wenn wir für den Rest der Ewigkeit so geblieben wären (ich meine, dafür haben wir ja Nasen, oder? Damit wir atmen können, während wir in einer guten alten Knutscherei verwickelt sind?), aber nach nur etwa fünf Minuten oder so, zog Jack seinen Mund von meinem weg und stieß ein kleines, heiseres Lachen aus.

"Wir sollten lieber aufhören, sonst schaffen wir es heute Abend vielleicht gar nicht mehr zu deinen Eltern."

Ich spürte einen kleinen Schauer der Erregung bei dieser Vorstellung und legte meinen Kopf in seine Halsbeuge, bevor ich antwortete:

"Wäre das denn so schlimm?"

Jack schüttelte den Kopf. "Nein, du hast völlig recht, lass uns einfach hier bleiben.", sagte er, griff an mir vorbei nach dem Telefon. "Warum rufst du nicht einfach deine Mum an und erklärst ihr, warum wir nicht kommen werden?"

Allein der Gedanke daran jagte mir einen weiteren Schauer über den Rücken, aber diesmal war es kein so gutes Gefühl.

„Habs kapiert.", sagte ich, zog mich zurück und schmollte übertrieben. "Aber ich bin am Verhungern, ich kann die vierstündige Fahrt nicht machen, ohne vorher etwas zu essen."

Jack hob einen Finger und schob meine vorstehende Unterlippe sanft zurück. "Wir werden uns Unterwegs was besorgen." Versprach er mir. "Und wenn du ein braves Mädchen bist, bekommst du vielleicht ein Kinder-Menü mit einem Spielzeug dazu."

*****

Es war kurz vor halb zwölf, als die Reifen des Geländewagens über den Kies in der Einfahrt des Familienhauses knirschten. Die Scheinwerfer beleuchteten den großen Metallschuppen (der ganze Stolz meines Vaters und bevorzugter Zufluchtsort vor meiner Mutter), der von drei großen Eukalyptusbäumen umgeben war, bevor sie auf das weiße, von einer großen Veranda umgebene Wetterschutzhaus im Föderationsstil herumfuhren und es beleuchteten.

Die großen Flügeltüren wurden geöffnet, als Jack den Motor abstellte, und warmes, orangefarbenes Licht strömte die Stufen hinunter und beleuchtete den Pfad aus abgenutzten Steinen, der zum Rand der Einfahrt führte.

"Da hat sie ja nichtt lange gebraucht.", bemerkte ich mit einem müden Lächeln, als meine Mutter den Weg zum Wagen hinunterrannte, die Fahrertür öffnete, Jack praktisch herauszerrte und ihn umarmte.

"Weißt du wie spät es ist?", fragte sie, zog sich zurück und hielt Jack auf Armeslänge, damit sie ihn im schwachen Licht genauer betrachten konnte. "Du siehst müde aus.", entschied sie und schürzte ihre Lippen.

"Ich fühle mich nicht müde.", protestierte Jack leise.

"Was nur beweist, dass ich dich besser kenne als du dich selbst.", erwiderte meine Mutter, schnalzte mit der Zunge und zog ihn für eine weitere feste Umarmung zu sich heran.

"Ach, lass euch nicht von mir stören.", grummelte ich, sprang aus dem Fahrerhaus des Geländewagens und streckte mich ausgiebig, wobei ich die Bewegung mit einem lauten Gähnen begleitete. Als ich jedoch eine andere Gestalt die Treppe hinunterkommen sah, vergaß ich sofort meine Müdigkeit und rannte um die Seite des Wagens herum und direkt in die offenen Arme meines Vaters.

"Hi Dad.", sagte ich glücklich, drückte ihn fest an mich und genoss das Gefühl, nach Hause zu kommen, das mir die Umarmung meines Vaters immer gab.

"Hallo Liebling.", erwiderte er liebevoll und zerzauste mein Haar.

Matt erschien in der offenen Tür und betrachtete die Szene mit einem empörten Blick. "Ich werde einfach die Taschen holen, okay?", sagte er, während er die Stufen zwischen den beiden sich umarmenden Paaren hinunterstapfte. "Da ich ja eindeutig das unbeliebteste Kind bin."

"Schatz, du hattest deine Umarmungen schon. Sei nicht so gierig.", sagte meine Mutter, ließ Jack los und erlaubte ihm vermutlich endlich Luft zu holen. "Komm her, Talia, ich bin jetzt bereit zu tauschen."

Nachdem die Begrüßung beendet war, schnappten sich die Jungs das Gepäck (es ist doch schön, wenn sie bei irgendetwas nützlich sind, nicht wahr?!) und wir gingen alle hinein.

Ohne Diskussion begaben wir uns alle in die Küche, auch bekannt als das Herz und die Seele des Hauses. Matt, Jack und ich stürzten uns auf drei der Stühle, die den großen, zerkratzten und angesengten Tisch umgaben, an dem sich das Leben der Familie Davenport abspielte, solange ich denken konnte. Dad ließ sich in seinem Sessel nieder, der genau in der Ecke stand, im gleichen Abstand zwischen dem Kühlschrank und dem Fernseher, und das wissen wir, weil Matt undJack einmal nachgemessen hatten, und Mum wuselte herum und machte heiße Schokolade für alle.

Es schien, als würden alle gleichzeitig und so laut wie nur möglich reden. Es war definitiv mehr Lärm, als es für fünf Leute machbar erschien, denn Mum quatschte über ihren Volkshochschulkurs, Dad erklärte seine neuen Pläne für den Garten, Jack versuchte, beiden gleichzeitig zuzuhören und zu antworten, und Matt und ich plapperten über unser Leben an der Uni.

Obwohl für gewöhnlich nicht die beste Köchin, muss gesagt werden, dass die heiße Schokolade meiner Mutter einfach unglaublich lecker ist. Sie schien auch Beruhigungsmittel zu enthalten, denn als wir die Reste ausgeschlürft hatten, konnte ich kaum noch die Augen offen halten.

"Nun", sagte Matt mit einem riesigen Gähnen, "Ich bin fix und fertig, Zeit, ins Bett zu gehen."

Diese Aussage wurde mit weiterem Gähnen und Nicken unsererseits begrüßt, und wir begannen mit der mühsamen Aufgabe, uns aus der Wärme der Küche in unsere Betten im Obergeschoss zu schleppen.

Das Haus hat zwei Badezimmer, eines im Erdgeschoss, das seit jeher als "Elternbad" bekannt war, und eines im Obergeschoss, das Matt, Jack und ich benutzen. Da ich gegen die beiden in einem Stein-Papier-Schere-Spiel verloren hatte, war ich die Letzte, die sich die Zähne putzen und alle anderen notwendigen Toilettengänge erledigen konnte, und als ich das Bad verließ, waren alle anderen schon im Bett.

Ich steckte meinen Kopf durch die Tür meiner Eltern und wünschte ihnen eine gute Nacht, dann schlenderte ich über den Flur, um das Gleiche bei Matt und Jack zu tun. Ich hielt jedoch mit der Hand auf dem Türknauf von Matts Tür inne, als ich Jacks Stimme wütend lauter werden hörte. Das war seltsam, Jack schrie fast nie, schon gar nicht gegenüber seinem besten Freund.

"Ich habe nein gesagt, Matt, lass es gut sein, okay?"

Mann, er klang wirklich stinksauer.

"Irgendwann wirst du mal zu ihm gehen müssen.", erwiderte Matt eindringlich, scheinbar unbeeindruckt von Jacks ungewöhnlichem Verhalten. "Hast du ihm überhaupt schon von dem Stipendium erzählt?"

"Was soll das bringen?", schnauzte Jack. "Er wird mir nur sagen, dass ich keine Chance habe, es zu bekommen, und wahrscheinlich hat er recht."

Ich hörte Matt seufzen und wusste, dass er eine Grimasse über Jack zog. "Du bist also den ganzen Weg hierhergekommen und hast nicht vor ihm kurz zu besuchen? Es ist eine kleine Stadt, Hammer, dein Dad wird wissen, dass du hier bist."

"Ja, warum reißt er sich dann nicht zusammen, und kommt mich besuchen? Warum muss ich immer zu ihm gehen?" Jack klang immer noch wütend, aber diesmal lag etwas von einem kleinen verletzten Jungen in seiner Stimme.

„Früher oder später wirst du zu ihm gehen müssen.", erwiderte Matt nach einer langen Pause. "Warum bringst du es nicht einfach hinter dich?" 

"Weil", antwortete Jack und kehrte zu einer harten, flachen Stimme zurück, "wenn es um meinen Vater geht, ist später immer besser als früher."

Es herrschte ein langes Schweigen, und dann seufzte Matt erneut. "Dann gute Nacht, du störrischer Bastard." Und dann, fügte er etwas lauter hinzu: "Und dir auch eine gute Nacht, Natalia, du kleiner Spitzel."

Ich zuckte schuldbewusst zusammen und flüchtete in mein Zimmer.













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