16. Dezember

90 7 4
                                    


Je mehr Zeit ich mit Noah verbrachte, desto weniger ging er mir aus dem Kopf. Und ich wusste nicht, ob das was Gutes oder Schlechtes war. Ich merkte, wie er immer mehr mein Verhalten beeinflusste und mich eventuell ein klitzekleines bisschen mit seiner Weihnachtsstimmung ansteckte, auch wenn ich mich vehement versuchte dagegen zu wehren. Nie und nimmer hätte ich vorher einem Kind ein Weihnachtsgeschenk gekauft. Das wäre mir gar nicht in den Sinn gekommen. Ich konnte allerdings nicht behaupten, dass ich es bereute. Im Gegenteil. Aber ebenfalls bewusst war mir, dass ich, je besser ich Noah kennenlernte, desto mehr Angst ich auch hatte und mein Verstand warnte mich ständig davor, dass sich alles aus der Vergangenheit wiederholte und ich den selben Fehler nochmal machen würde...

Ich erwachte aus meinen Gedanken, als die Türklingel ertönte. Das musste er sein. Er hatte mich dazu gebracht heute mit ihm Kekse zubacken. Und weil Kekse eine der wenigen Sachen waren, die ich an der Weihnachtszeit mochte und das diesjährige Kekse backen mit Betty etwas zu kurz kam, stimmte ich zu. Was kann da schon passieren?

Ich informierte ihn schnell über die Sprechanlage, dass ich gleich unten sein werde und zog mir schnell Schuhe und Mantel an. Nachdem ich Schlüssel und Handy einpackte und das Licht ausschaltete, schloss ich ab und lief die Treppen herunter. Als ich die Haustür öffnete und heraustrat, stand er vor mir mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht. „Schön dich wiederzusehen." Er umarmte mich und ich genoss seinen gut riechenden Duft, der mich umwirbelte.

„Bereit?", fragte er, als er sich wieder löste. Ich nickte. Wir mussten vorher noch beim Supermarkt vorbeifahren, um die nötigen Zutaten zu holen. Da dieser sowieso auf dem Weg lag, hat er mir angeboten mich gleich abzuholen, was natürlich praktisch für mich und meiner Verletzung war. Die Krücken war ich jetzt zum Glück los, allerdings durfte ich den Fuß trotzdem noch nicht zu sehr strapazieren.

Auf dem Weg zum Supermarkt schaltete er Weihnachtsmusik im Auto an und ich verdrehte genervt die Augen. Mit der werde ich mich nie anfreunden können. Ich versuchte mich einfach abzulenken und sah schweigend aus dem Fenster der Winterszenerie zu. Über Nacht ist wieder Neuschnee gefallen, weshalb die Wege noch relativ frisch beschneit waren und der Schnee noch wirklich fluffig und weiß. Immerhin besser als braune Matsche-Pampe.

Im Supermarkt besorgten wir schnell die nötigsten Dinge und machten uns dann auch den Weg zu seiner Wohnung. Ich war schon etwas gespannt, wie er lebte. Wir hielten vor einem Mehrfamilienhaus, wie es typisch für Studenten war.

„Komm mit. Ich wohne in einer WG, aber meine Mitbewohner müssten bald weg sein." Er zog mich mit zur Haustür. Während er die Tür aufschloss, scannte ich aus Interesse die Klingelschilder. 

Auf einmal stockte ich. Das kann doch wohl nicht sein Ernst sein oder? Geschockt sah ich das Schild an, auf dem sein Name in großen Druckbuchstabenstand und mein Mund klappte auf.

„Was ist, kommst du?", ich hörte, wie Noah neben mir darauf wartete, dass ich ihm folgte, als er die Tür aufgeschlossen hatte.

Mein Blick wendete sich vom Klingelschild ab und wanderte zu ihm.

„Du heißt ernsthaft 'Winter' mit Nachnamen?"

Er fing an zu Grinsen. „Doch. Ich wusste bisher nicht wirklich, wie ich dir das sagen sollte... aber ja, jetzt weißt du es ja."

Ich stöhnte laut auf. „Das darf ja wohl nicht wahr sein. Ironie des Schicksals oder was? Das ist der größte Verrat meines Lebens."

Er kam auf mich zu, sein Grinsen verschwand nicht von seinem Gesicht.„So schlimm?"

„Ja!? Es ist ja nicht so, als würdest du auf dir nicht schon groß „Winterfan" stehen haben, wenn man dich anschaut. Nein, zu allem Überfluss heißt du noch so."

Der Winter In DirWhere stories live. Discover now