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El pasado de Riccardo – Riccardos Vergangenheit 

Ich war der beste Schütze, egal mit welcher Waffe, aus welcher Entfernung und welchem Winkel. Ich zielte haargenau, das war das, was mich auszeichnete. Doch diesmal zitterte meine Hand so enorm, dass ich meinen Fokus nicht setzen konnte. Das Ziel auf diese eine Frau, die mich beglückte und dann in Stückezerriss.

Mit nassen Finger steckte ich die Knarre wieder in die Hose und gesellte mich zu Martina ins Bett. 

Gestern Nacht hatte sie mir gedroht und um die Drohungen realer aussehen zu lassen, setzte sie fünf Männer der Russos auf mich an, die mich zusammenschlugen. Aber ich war ein loyaler Kerl und deshalb half auch das nicht, um mich zu unterdrücken.

Auch wenn ich nicht mehr wusste, was ich zu verlieren hatte, ich hatte niemanden mehr an meiner Seite.

Andrès und Elena kannte ich nur noch bei Namen. Ich mied sie völlig, ich erwiderte nicht einmal ihre Begrüßungen und kapselte mich ab. Das Gesicht, das von Lachen geprägt war, erkaltete völlig. Ich hatte suizide Gedanken und ich dachte darüber nach, mir ein Ende zu setzen.

Doch als Martina mir heute morgen mit Elena drohte und damit, dass sie bereit war ihr was anzutun, wurde es zu viel des Guten und ich wusste, dass es verantwortungslos gewesen wäre, mich selbst zu killen.

Martinas Absicht war, dass einzig die Russos das Sagen in Sicilia hatten. Entweder sollten die Mancinis sich zurückziehen, sich verteilen und sich dem Fußvolk gesellen, oder sie würden ausgelöscht werden. Aus diesem Grund führte ich ein ernstes Gespräch mit meinem Onkel, Andrès Vater, dem größten Mafiaboss des Landes. Dem Paten Siziliens. Doch dieser nahm mich keine Sekunde ernst. Selbstverständlich erzählte ich ihm nichts von unserer heimlichen Affäre.

Seit wann schaufelte man sich sein eigenes Grab?

Jeder anderen Gang hätten wir ins Gesicht gelacht, aber die Russos wuchsen gefährlich schnell und wurden bald schon zu einer potenziellen Drohung. Und ich glaubte, dass sie auf eine einzige Möglichkeit warteten, ihre Fassade des angeblichen Friedens fallen zu lassen und uns zu stürzen. Das sah mein Onkel einfach nicht ein.

Aus diesem Grund stand ich hier, noch wenige Sekunden mit der Waffe in der Hand, und wollte ihr den Schädel wegpusten. Weil ich einfach nicht mehr konnte. Ich hatte Angst. Ich, ein verdammter siebzehnjähriger Typ, der sich vor einer Frau und ihrer Macht fürchtete.

Sie hatte mich verschluckt. Und rein sexuell gesehen, hatte ich die Hölle durchgemacht. Sex war nichts anderes als Qual. 

Als Schmerz. 

Als Zwang.

Denn irgendwann wurde dieser zum Missbrauch.

Ich legte mich vorsichtig in das Bett, in das ich mich heute auf Anweisung von Martina hin geschlichen hatte. Sie schmiegte sich an mich und ich legte den Arm um sie und presste sie näher an mich. Ihr Brustkorb ging auf und ab, weswegen ich wusste, dass sie bereits am schlafen war. 

Tränen schossen mir in die Augen und ich verfluchte mich innerlich. Ich drückte die Lippen aufeinander und zog die Waffe heraus. Ich begutachtete den Schalldämpfer am Kopf und schloss kurz die Augen. Ich atmete ein und aus, mehrere Male.

Komm schon, man.

Du tust es aus so vielen Gründen.

Du tust es wegen den Mancinis, du tust es wegen Elena. Und du tust es wegen dir, der Missbrauch wird bald aufhören.

Sie hat es verdient.

Gleich wird es vorbei sein.

Es wird gleich vorbei sein.

R O M E R O {Riccardo Mancini} [ABGESCHLOSSEN] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt