Zurück nach Caras Calen

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Lessien
Der Weg nach Caras Calen kam mir wie eine Ewigkeit vor. Mehrere Tage lang ritten wir über die Ebenen, bis wir überhaupt den Waldrand am Horizont sehen konnten. Als wir, nach einer nächtlichen Rast, unsere Reise fortsetzten, sahen wir dunkle Rauchwolken aus dem Wald aufsteigen. ,,Bitte sag mir, dass es die Schiffe der Korsaren sind, die brennen", meinte ich besorgt zu Mithrellas, der mit düsterem Blick die Rauchschwaden am Morgenhimmel betrachtete. ,,Ich wünschte, das könnte ich, Less", entgegnete er und wandte sich dann an die restliche Truppe: ,,Wir müssen uns sputen! Wenn wir nicht bald in Caras Calen eintreffen, werden wir dort nur noch Asche und Ruinen vorfinden, von den Toten ganz zu schweigen." Generalin Naqi'a übersetzte seine Worte für ihre Krieger, bevor Mithrellas und ich unsere Pferde antrieben und die Werwölfe uns in einem schnellen Lauftempo folgten.
Nach einem weiteren Tagesritt erreichten wir schließlich den Wald. Hier, am nordwestlichen Waldrand schien es fast so, als wäre nichts geschehen, hätte der Wind nicht den beißenden Geruch des Rauchs zu uns getragen. ,,Wir müssen auf Späher der Korsaren achten", sagte Mithrellas mit gesenkter Stimme und legte einen Pfeil schussbereit an seinen Bogen. Ich tat es ihm gleich und beobachtete aufmerksam unsere Umgebung, während Mithrellas uns über einen der geheimen Pfade der Grenzwachen nach Caras Calen führte. Wir hatten beide die Kapuzen unserer Mäntel aufgesetzt, um nicht sofort als Elben erkannt zu werden. Die Werwölfe trugen ebenfalls grüne Mäntel über ihrer ansonsten in Braun- und Grautönen gehaltenen Kleidung. Oft hielten wir inne, um zu lauschen und ein paar der Werwölfe hoben immer wieder die Köpfe, um zu prüfen, ob sie auch wirklich keine fremden Gerüche in der Umgebung wahrnehmen konnten. Wir hatten bereits einen Großteil des Weges zurückgelegt, als wir wieder innehielten. Diesmal war es Naqi'a, die witternd den Kopf hob. Es wirkte etwas eigenartig, da sie sich in ihrer menschlichen Gestalt befand. ,,Was ist los?", fragte ich flüsternd. ,,Jemand ist hier", entgegnete Naqi'a, ,,Sie sitzen oben in den Bäumen und machen kein Geräusch, aber der Wind trägt den Geruch süßen Blutes hierher." Fragend, aber dennoch alamiert sah ich sie an. Was meinte sie damit? Wer saß dort oben? ,,Es sind Euresgleichen, Mylady", erklärte sie dann, weshalb ich meinen Blick zu Mithrellas wandte, der mit den Augen das Blätterdach absuchte. ,,Wir gehen weiter", meinte er dann, sehr zur Verwunderung von uns anderen. Naqi'a und ich wechselten einen ratlosen Blick, folgten Mithrellas jedoch, als er sein Pferd weiter den Pfad entlang lenkte. Kurz darauf begann er, leise ein Lied zu singen. ,,Was tust du da?", zischte ich. Mithrellas Verhalten kam mir mehr als nur komisch vor und langsam machte sich ein mulmiges Gefühl in mir breit. Was, wenn er ein Verräter war und uns in eine Falle lockte? Ich hätte keinen Grund gesehen, weshalb er dies tun würde, aber abwegig war es nicht, schließlich war sein Zwillingsbruder Seregon einen Pakt mit Celleth eingegangen. Mithrellas ignorierte meine Frage und sang unberührt weiter, bis er neben einem großen Baum stehenblieb. Ich hatte inzwischen meine Hand an die Bogensehne gelegt, bereit, auf alles zu schießen, das uns angriff, selbst wenn es Mithrellas sein sollte. ,,Wilkommen zurück, Mithrellas. Ich bin erfreut, dich wohlauf zu sehen", sagte eine Stimme und einen Augenblick später trat ein Elb hinter dem großen Baum hervor. Es war kein geringerer als Prinz Maglor. Er trug eine leichte Lederrüstung in den Grüntönen des Waldes, ebenso wie Pfeil und Bogen. Sein feuerrotes Haar versteckte er unter einer Kapuze. ,,Caun nin (Mein Prinz)", sagten Mithrellas und ich gleichzeitig und verneigten uns, soweit uns das auf den Pferderücken möglich war, während weitere Elben hinter den umstehenden Bäumen hervortraten. Ihre Kleidung ähnelte der des Prinzen sehr und sie hielten Pfeil und Bogen in den Händen. Die Werwölfe fühlten sich im Gegensatz zu Mithrellas und mir wohl etwas bedrängt durch die bewaffneten Elben um uns herum, denn einige von ihnen ließen ein leises, dunkles Knurren verlauten. ,,Mae govannen, Lessien (Sei gegrüßt/Willkommen, Lessien)", grüßte der Prinz mich und sah anschließend zu den Werwölfen, ,,Eure Begleiter scheinen nicht sehr erfreut über uns zu sein." ,,Jeder wird nervös, wenn er von bewaffneten Männern eingekesselt wird, deren Sprache er nicht versteht", entgegnete Naqi'a, die sich mit stolzer, aufrechter Haltung dem Prinzen zugewandt hatte. Maglors Blick schweifte kurz über Mithrellas und mich, bevor er sich Naqi'a zuwandte. ,,Bitte verzeiht mir, Mylady, es war nicht meine Absicht, Euch und Euren Gefährten das Gefühl zu geben, wir wollten Euch schaden", sagte er und nach einer kurzen Handbewegung ließen die Elben ihre Waffen sinken. ,,Dürfte ich nun erfahren, wer Ihr seid, Mylady? Schließlich lassen wir in solchen Zeiten nur sehr ungern Fremde in unser Königreich", fuhr Prinz Maglor fort. Naqi'a betrachtete ihn für einen Moment schweigend. ,,Nennt mir zuerst Euren Namen", entgegnete sie dann, weshalb Mithrellas und ich, sowie einige der anderen Elben erstaunte Blicke wechselten. ,,Ich bin Maglor Thoronion, Prinz von Caras Calen", sagte er und deutete eine leichte Verbeugung an. Als Naqi'a das Wort Prinz hörte, drehte sie sich augenblicklich zu den Werwölfen um und sagte etwas in ihrer Sprache. Die Werwölfe nahmen daraufhin ihre Kapuzen ab und verbeugten sich. Zwar war es kurz und nicht sehr tief, doch die Geste zählte. Legolas musste ihnen von den Gebräuchen unseres Volkes berichtet haben, denn ich hatte noch nie gehört, dass Werwölfe die Sitten anderer Völker gebrauchten. ,,Wir grüßen Euch, Prinz Maglor", sagte Naqi'a anschließend, ,,Ich bin Naqi'a. König Legolas hat mich zur Generalin seiner Streitkräfte ernannt und so bin ich mit 150 meiner besten Krieger gekommen, um Euch und Euer Volk in seinem Namen im Kampf gegen die Korsaren zu unterstützen." ,,König Legolas? Ich dachte er wäre...", hakte Prinz Maglor nach, wurde jedoch vom beißenden Geruch von Rauch unterbrochen, den ein kräftiger Windstoß zu uns trug. ,,Sie greifen wieder an", murmelte er und blickte besorgt in Richtung der Stadt. Ich folgte seinem Blick, konnte jedoch leider nichts sehen. Wir waren noch zu weit von Caras Calen entfernt. ,,Wir müssen zur Stadt. Nur dort können wir etwas ausrichten", meinte ich dann. Maglor und Mithrellas stimmten mir zu. Maglor gab seinen Männern einige Befehle und sie verschwanden in den hohen Bäumen. Dann zog Mithrellas den Prinzen hinter sich auf Arods Rücken und trieb den Hengst an. Sie Werwölfe und ich folgten ihnen. Je näher wir Caras Calen kamen, desto beißender wurde der Gestank von Rauch. ,,Haben die die äußeren Mauern schon überwunden?", fragte Mithrellas über seine Schulter. ,,Als ich gestern Nacht zu meinen Männern an die Grenze ging noch nicht. Die Mauern halten, trotz der brennenden Geschosse, die die Korsaren inzwischen verwenden. Lange wird das aber nicht mehr der Fall sein", erklärte Maglor, ,,Wir haben kaum eine Möglichkeit, ihre Schiffe zu zerstören, da uns die nötigen Gerätschaften fehlen." Vor uns sah ich die Mauern der Stadt auftauchen, die hölzernen Mauern aus lebendigen Bäumen. Maglor rief den Wachen am Tor etwas zu und sie ließen uns und die Werwölfe passieren. Trotz ihres Schweigens war an ihre misstrauischer Blicken jedoch zu erkennen, dass sie den Werwölfen nicht ganz trauten. In der Stadt herrschte Chaos und Angst. Soldaten rannten zur östlichen Mauer, hinter der dicke, dunkle Rauchschwaden aufzogen. Befehle wurden umhergerufen und andere Elben versteckten sich in ihren Häusern. ,,Wohin gehen wir?", fragte ich, als Mithrellas Arod weg vom Tumult an der östlichen Mauer und hin zum Palast lenkte. ,,Zu meiner Mutter. Sie muss wissen, dass wir Hilfe erhalten haben", antwortete Maglor. Ich folgte ihnen widerwillig. Viel lieber wäre ich zur Mauer gegangen, um zu helfen und wenn es nur ein klein wenig gewesen wäre.
Die Königin erwartete uns im Thronsaal. Ihr mit Metallornamenten besticktes Kleid ließ keinen Zweifel daran, dass sie den Angriff der Korsaren als kriegerische Handlung nicht mit Schwäche begegnete. Sie wappnete sich für einen Krieg und ihr Kleid symbolisierte den Übergang vom Frieden zum Krieg, von der leichten, unbeschwerlichen Kleidung zur metallenen Rüstung einer Kriegerin. Maglor ging bis nach vorne zum Thron, während Mithrellas, die Werwölfe und ich mit reichlich Abstand davor stehenblieben. Maglor sprach flüsternd mit seiner Mutter, sodass wir nichts verstehen konnten. Schließlich wandte Königin Lalaith sich an uns. Mithrellas und ich verbeugten uns und ich hoffte inständig, dass die Werwölfe hinter uns es genauso taten. Da Königin Lalaith ihnen nichts vorwarf, musste es wohl so gewesen sein. ,,Ihr bringt sehr unerwartete Hilfe zu uns, Mithrellas", sprach die Königin, nachdem sie uns ein Zeichen gegeben hatte, dass wir uns wieder aufrichten durften. ,,Auch für mich kam sie sehr unerwartet, bereth nin (meine Königin)", entgegnete Mithrellas, ,,Doch zu unserem Glück ist Legolas König der Werwölfe und uns noch immer ein guter und treuer Freund." ,,Wie schafft es ein Elb, König der Werwölfe zu werden?", hakte Königin Lalaith nach. Mithrellas zögerte und sah dann zu mir. Wie Legolas zum König wurde, hatte er noch nicht erfahren. ,,Die alten Gesetzte der Werwölfe besagen, dass nur der Stärkste sich ihr König nennen darf. Legolas hat die Revierspiele gewonnen und den tyrannischen König getötet. Der Kronprinz ist erst kürzlich seiner eigenen Waffe zum Opfer gefallen", berichtete ich. Königin Lalaith musterte mich konzentriert und ließ ihren Blick dann über die Werwölfe hinter uns schweifen. ,,Viele Krieger hat er nicht geschickt", stellte sie fest. Mithrellas und ich tauschten einen kurzen Blick, doch bevor wir etwas sagen konnten, trat Naqi'a nach vorne. ,,Mit Verlaub, Eure Hoheit, auf den Befehl von König Legolas habe ich 150 unserer besten Krieger ausgewählt, mich auf dieser Mission zu begleiten. Wir mögen nicht viele sein, doch ein Werwolf kämpft mit der Kraft von mehreren Elben zugleich und gewöhnliche Eisenwaffen können unserer Wolfsgestalt kaum etwas anhaben", erklärte sie, ,,Zudem haben wir die Überraschung auf unserer Seite. Schließlich erwartet niemand, dass Elben und Werwölfe sich nach so vielen Jahrhunderten wieder verbünden." Königin Lalaith nickte mit einem kleinen Lächeln. Ich sah jedoch, dass es ihre Augen nicht erreichte, denn sie sorgte sich um ihren Mann, ihren Sohn, ihr Volk und ihre Heimat. Sie erhob sich von ihrem Thron und steig die paar Stufen zu uns hinab, bis sie vor Mithrellas, Naqi'a und mir zum Stehen kam. Ihr Blick war, trotz Sorge, entschlossen, als sie sagte: ,,Dann lasst uns mit der Überraschung beginnen."

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Hallo zusammen,
Nach Ewigkeiten melde ich mich auch mal wieder zurück. Momentan komme ich mit dieser FF nicht wirklich gut voran, was hauptsächlich auch daran liegt, dass ich zusammen mit einem Kumpel angefangen habe, eine Fantasy Geschichte zu schreiben und wir beide echt mega motiviert zum Schreiben sind.
Ich werde diese FF natürlich nicht abbrechen, das wäre jetzt viel zu schade, aber es werden wohl nur seeeeeeeeehr langsam neue Kapitel kommen.

LG Luisa

Kissed by Fire ⚜A Middleearth Story | Book 3⚜Where stories live. Discover now