Ratssitzung

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Legolas
Ich konnte immer noch nicht wirklich glauben, was Adar uns über den Feuervogel und sich selbst erzählt hatte. Den anderen schien es ähnlich zu gehen, denn auch sie saßen schweigend und mit nachdenklichen Gesichtsausdrücken um den Kartentisch herum. ,,Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, doch es wird Zeit, dass Ihr Euch endlich entscheidet, ob Ihr meinem Volk helfen wollt oder nicht, Aran (König) Legolas", meldet sich Mithrellas schließlich zu Wort, ,,Spätestens morgen muss ich wieder zurück, denn ich werde in meiner Heimat gebraucht." Bei seinem zweiten Satz schweifte sein Blick hoffnungsvoll zu Lessien. Sie nickte ihm kurz mit einem leichten aufmunternden Lächeln zu, bevor sie sich an mich wandte. ,,Wenn du erlaubst, würde ich Mithrellas gerne begleiten. Caras Calen ist schließlich auch meine Heimat", meinte sie. Ich schwieg einen kurzen Moment. Sollte ich sie wirklich in einen Kampf ziehen lassen? Begleiten würde ich sie nicht können, schließlich hatte sich die Lage hier nach Tarics unerwarteter Rückkehr gerade erst wieder beruhigt. Ich wollte mir nicht ausmalen, was Lessien alles zustoßen könnte. Doch andererseits sah ich Mithrellas an, dass er darauf vertraute, dass sie ihn in ihre Heimat begleitete. ,,Ich lasse dich ungern in einen ungewissen Kampf ziehen, Less", meinte ich schließlich, ,,Doch ich verstehe, wie wichtig es dir ist, für deine Heimat und deine Leute zu kämpfen. Mir ginge es nicht anders und dich aufhalten, könnte ich sowieso nicht." ,,Hannon le", sagte Lessien mit einem dankbaren Lächeln. Ich erwiderte ihr Lächeln und wandte mich dann an Vater. ,,Sag den Wachen vor der Tür, sie sollen den neuen General zu uns bringen, den die Krieger gestern Nacht aus ihren Reihen gewählt haben", bat ich ihn. Er nickte und ging zu den Wachen. ,,Wozu ein neuer General?", fragte Gimli. ,,Die Krieger brauchen einen von ihnen bei uns im Rat, um uns besser vertrauen zu können. Ich mag Orophers Enkel sein, aber das muss noch lange nicht heißen, dass ich ihnen ein guter König sein kann. Einer der Ihren im Rat des Königs gibt den Kriegern und dem gesamten Volk mehr Sicherheit, dass ihre Interessen auch wirklich vertreten werden", erklärte ich. ,,Du sprichst wie dein Vater", meinte Feren in genau dem Moment, als Vater wieder zurückkam. ,,Er war und ist mir auch ein guter Lehrer", entgegnete ich nur, meinen Blick zu Adar gerichtet. Vater schmunzelte leicht als er meine Worte hörte. ,,Der neue General wird in Kürze bei uns sein", sagte er dann. Ich nickte. Während wir warteten, betrachtete ich nachdenklich den Kartentisch vor mir. Wir hatten einige Figuren hinzugefügt, durch Mithrellas Berichte über die Korsaren und so standen sich nun ein Pfau, symbolisch für Caras Calen, und drei Schlangen als Symbol der Armee der Korsaren am Südlichen Zwillingsfluss gegenüber. Außerdem hatten wir eine weitere Schlange in Umbar, der Stadt der Korsaren, platziert. Das Geräusch der sich öffnenden Tür ließ mich wieder aufschauen. Eine junge Werwölfin betrat den Raum und blieb nach wenigen Schritten stehen.

Ihr Blick schweifte über alle Versammelten im Raum, bis er an mir hängen blieb und sie in eine tiefe Verbeugung sank

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Ihr Blick schweifte über alle Versammelten im Raum, bis er an mir hängen blieb und sie in eine tiefe Verbeugung sank. ,,Erhebt Euch", sagte ich und sie befolgte meinen Befehl. ,,Ihr versteht Westron?", hakte ich nach, um sicherzugehen, dass sie uns auch wirklich verstand. ,,Ja, Eure Majestät. Ich lerne bereits seit einigen Jahren Westron", antwortete sie. Ich war erstaunt, denn sie sprach beinahe ohne hörbaren Akzent. ,,Sehr gut. Wie ist Euer Name?", fragte ich. ,,Mein Name ist Naqi'a, Eure Majestät", antwortete sie. ,,Nehmt Platz, Naqi'a", bat ich sie und deutete auf den letzten freien Platz am Kartentisch. Naqi'a folgte meiner Bitte und setzte sich. Kurz herrschte Stille. ,,Bevor wir mit den Besprechungen fortfahren, möchte ich Euch bitten, uns etwas über Euch zu berichten, Naqi'a", sagte ich. Naqi'a zögerte einen Moment, als wüsste sie nicht, worüber sie genau berichten sollte. ,,Berichtet uns doch von Eurer militärischen Erfahrung. Als Generalin ist das schließlich besonders wichtig", meinte Vater und ich nickte zustimmend. ,,Mit bereits zehn Jahren wurde ich im Schwertkampf ausgebildet. Nach meiner ersten Verwandlung folgte dann eine weitere Ausbildung im Nahkampf verbunden mit den neuen Fähigkeiten der Verwandlung. Später wurde ich von einem der obersten Generäle von Zegrath in Strategie und Kriegsführung unterrichtet. Nach seinem Tod wurde ich seine Nachfolgerin", berichtete sie. ,,Dann seid Ihr also erfahren in der Kriegsführung?", hakte ich nach. ,,In der theoretischen Kriegsführung. Praktisch habe ich keine Truppen außerhalb unserer Grenzen geführt", antwortete Naqi'a. Vater und ich wechselten einen kurzen Blick. Bedeutete das, dass niemand unter den Werwölfen einen richtigen Krieg miterlebt hatte? ,,Nun, wir werden sehen, wie gut Ihr Euch schlagt, denn ich habe bereits einen Auftrag für Euch", meinte ich dann. Naqi'a sah mich aufmerksam an, während die Blicke der anderen eher fragend waren. Ich schmunzelte nur über die Blicke der anderen und nahm die Figur eines Wolfs vom Kartentisch. ,,Findet eine Kompanie von einhundert der besten Krieger bis morgen. Bei Sonnenaufgang werdet ihr euch unter der Leitung von Mithrellas und Lessien nach Caras Calen begeben", verkündete ich. Mithrellas und Lessien sahen mich erleichtert an. ,,Ich werde Euch nicht enttäuschen, Majestät", sagte Naqi'a. ,,Dessen bin ich mir sicher", entgegnete ich, ,,Wenn es keine weiteren Anliegen und Fragen gibt, ist diese Ratssitzung beendet." Als sich daraufhin niemand zu Wort meldete, war die Ratssitzung beendet und alle standen auf um zu gehen. ,,Ich möchte noch kurz mit Euch sprechen, Naqi'a", sagte ich nach kurzem Nachdenken, bevor sie den Raum verlassen konnte. Naqi'a nickte und drehte sich wieder zu mir um. Ich wartete, bis die anderen den Raum verlassen und die Wachen wieder die Tür verschlossen hatten. Währenddessen goss ich mir einen Kelch Wein ein. ,,Trinkt Ihr Wein?", fragte ich. ,,Nicht sehr oft", antwortete Naqi'a. Ich nickte nur und reichte ihr einen weiteren Kelch mit Wein. Sie nahm ihn mit einen kurzen Knicks an. ,,Was wollt Ihr noch mit mir besprechen, Eure Majestät?", fragte sie dann. ,,Die Zukunft", antwortete ich, ,,Ich weiß nicht, ob Ihr schon etwas davon mitbekommen habt, aber ich werde die Werwölfe sehr wahrscheinlich in einen Krieg führen." ,,In einen Krieg?", hakte Naqi'a nach, ,,Ihr meint meine Mission in Caras Calen?" Ich schüttelte den Kopf. ,,Der Angriff auf Caras Calen wird kaum einen Krieg auslösen", meinte ich, ,,Ich spreche von einem Krieg in eurer Heimat, eurer wahren Heimat. Noch hat er nicht begonnen, doch das wird er, spätestens wenn Vater und ich in den Norden zurückkehren. Mittelerde wird sich in zwei Lager spalten, wie schon einige Male zuvor." ,,Wir haben den Norden bereits vor Hunderten von Jahren verlassen und uns hier eine neue Heimat aufgebaut. Ja, es war nicht leicht und sehr oft auch nicht fair unter Zegraths Herrschaft, aber wir haben überlebt und uns hier niedergelassen", entgegnete Naqi'a, ,,Was verprecht Ihr Euch für das Volk von diesem Krieg?" ,,Ihr könnt in eure alte Heimat zurück. Sobald mein Vater wieder auf dem Thron sitzt werden wir euch den Amon Lanc zurückgeben, wo Euer Volk einst in Frieden mit dem unseren gelebt hat", erklärte ich, ,,Und der Ruf der Werwölfe wird verbessert, denn immer noch werdet ihr als Verbündete des Bösen gesehen." Naqi'a schien nachzudenken. ,,Ich glaube nicht, dass wir diese Heimat aufgeben wollen", meinte sie dann, ,,Aber wenn Ihr möchtet, kann ich mich ein wenig umhören." ,,Gut, genau darum wollte ich Euch bitten. Ich brauche das Stimmungsbild des Volkes in dieser Angelegenheit", sagte ich mit einem zustimmenden Nicken. Danach schwiegen wir beide für einen Moment und tranken den Wein. Er schmeckte gut, wenn auch etwas anders wie der Wein, den ich aus dem Norden gewohnt war. ,,Gibt es noch etwas, das Ihr mit mir besprechen wollt?", fragte Naqi'a nach einer Weile. Ich leerte meinen Weinkelch und stellte ihn zurück auf das Tablett. ,,Ja, eine Sache wäre da noch", setzte ich an, ,,Ich möchte, dass Ihr offen mit mir sprecht, wann immer Ihr glaubt, dass ich einen Fehler begehe. Scheut Euch nicht davor, ich verspreche, Euch für Eure Offenheit niemals zu bestrafen. Sprecht mit mir, statt mir den Rücken zu kehren und mich zu verraten." Naqi'a sah mich etwas überrascht an, da sie offenbar nicht damit gerechnet hatte, dass ein König sie um Offenheit bat, auch wenn das bedeutete, ihm im höchsten Maß zu widersprechen. ,,Das werde ich, Eure Majestät", entgegnete sie dann mit fester, überzeugter Stimme. Ich nickte mit einem Lächeln und entließ sie anschließend. ,,Eine gute Wahl", sagte eine Stimme hinter mir. Ich fuhr erschrocken herum und Arvon, der an der Kante des Kartentisches lehnte, lachte leicht. ,,Bei den Valar, Arvon, musst du mich immer erschrecken!?", fuhr ich ihn an, lächelte dann aber ebenfalls. ,,Es macht eben Spaß, die erschrockenen Gesichter der Leute zubsehen", meinte Arvon. ,,Hast du gerade von Naqi'a gesprochen?", fragte ich und Arvon nickte. ,,Ja allerdings. Ich kenne sie von früher. Sie ist äußerst talentiert was Kampf und Strategie angeht aber dennoch sehr volksnah. Sie wird dir sicher gute Dienste erweisen", antwortete Arvon. ,,Das hoffe ich", meinte ich nur, ,,Entschuldige mich, ich muss noch mit Lessien sprechen." Ich wollte den Raum verlassen, dich Arvon hielt mich auf. ,,Du meinst, du willst es ihr endlich sagen?", fragte Arvon, weshalb ich mich verwirrt zu ihm umdrehte. Wovon sprach er? Arvon lachte. ,,Jetzt schau mich nicht so an, du weißt doch genau was ich meine", sagte er, doch ich schüttelte den Kopf. Arvon seufzte etwas frustriert und kam zu mir. ,,Na, dass du sie liebst", erklärte er dann. Ich senkte kurz den Blick. Natürlich hatte ich darüber nachgedacht, viele Male schon, aber getraut hatte ich mich noch nicht. Zu groß war meine Angst, sie würde mich abweisen. ,,Du solltest es ihr sagen. Nicht, dass es irgendwann zu spät ist", meine Arvon. ,,Zu spät?", hakte ich etwas unsicher nach. ,,Naja, zum Einen zieht sie morgen in einen Kampf und dann auch noch zusammen mit vielen gutaussehenden Kriegern. Einige Dinge könnten passieren und du hättest deine Chance verpasst", antwortete Arvon, klopfte mir dann auf die Schulter und sah mich aufmunternd, aber auch auffordernd an. ,,Ich danke dir für deinen Rat Arvon, aber wann ich es ihr sage, bleibt immer noch meine Sache", meinte ich dann, verabschiedete mich noch einmal und ging. Sollte ich Lessien wirklich sagen, was ich für sie empfand? Vielleicht hatte Arvon recht und ihr würde in Caras Calen etwas zustoßen oder sie verliebte sich in einen anderen ohne zu wissen, dass ich sie ebenfalls liebte. Doch was wäre, wenn sie mich abwies? Wenn sie in mir nicht mehr wie einen guten Freund sah oder mein Liebesgeständnis unsere Freundschaft zerstören würde? Ich wollte es mir nicht vorstellen, doch ich wusste, dass es mir das Herz brechen würde. Ich entschloss mich dazu, Lessien heute nicht mehr zu besuchen und erst einmal meine Gedanken wieder zu ordnen, weshalb ich zu meinen Gemächern ging. Vielleicht schaffte ich es, Lessien morgen zu sagen, dass ich sie liebte, wenn ich nur genügend Mut zusammennahm. Doch wie sollte ich es ihr überhaupt sagen? Ich seufzte und ließ mich auf mein Bett fallen. So schwierig hatte ich mir das nicht vorgestellt. Lange dachte ich nach, bis ich schließlich einschlief, obwohl ich mir vorgenommen hatte, Lessien an diesem Abend noch zu besuchen.

Kissed by Fire ⚜A Middleearth Story | Book 3⚜Where stories live. Discover now