Streitigkeiten

197 12 12
                                    

Legolas
Während Vater und meine Tante sich alles über die vergangenen (so um die 2000-3000) Jahre erzählten, erkundeten Gimli, Lessien und ich die Zeltstadt. Wirklich jeder lebte hier in Zelten, Familien in großen, einzelne Personen oder Paare in kleineren Zelten. Von Wachen wurden wir nicht mehr begleitet und deshalb auch nicht mehr großartig angestarrt. Schließlich erreichten wir eine Art Markt, wo unterschiedlichste Waren angeboten wurden. Es gab Tonkrüge, Früchte, Kleidung, Schmuck und noch einiges mehr, selbst Waffen. Gimli blieb natürlich sofort bei den Waffen stehen und auch Lessien und ich begutachteten die Schmiedekunst eine Weile. Doch Lessien zog es eher zum Schmuck. ,,Ich wusste gar nicht, dass du dich so sehr für Schmuck interessierst", stellte ich fest, ,,Eigentlich dachte ich immer, dein Interesse läge eher bei Waffen." ,,Du weißt noch einiges nicht über mich, Legolas", entgegnete Lessien, während sie eine dünne silberne Kette mit einem Amulett betrachtete. In das Amulett war ein grüner Edelstein eingearbeitet. ,,Diese hier ist besonders schön", meinte sie, seufzte aber dann, ,,Leider werde ich mir soetwas nie leisten können." Sie zog ihre Hand langsam zurück und senkte den Blick ein wenig. ,,Sei deswegen nicht traurig", sagte ich. ,,Bin ich nicht, es ist nur....immer habe ich viele Elbinnen mit solchen Ketten gesehen. Schon als kleines Kind und schon immer habe ich mir gewünscht eines Tages auch eine solche Kette zu besitzen. Doch das Geld hat nie gereicht und von welcher Person bekomme ich schon soetwas geschenkt? Ich, die Einzelgängerin...", meinte Lessien doch tatsächlich etwas niedergeschlagen. ,,Du bist doch keine Einzelgängerin. Spätestens seit du dich Gimli und mir abgeschlossen hast, sind weder du noch deine Schwester Einzelgängerinnen mehr", entgegnete ich aufmunternd. Lessien sah mich daraufhin an, als wollte sie noch etwas sagen, doch da kam uns einer der Wachmänner von vorhin entgegen. ,,My Lord, my Lady, die Zelte sind bereit", sagte er. ,,Zeigt ihr bitte den Weg", bat ich, ,,Ich komme später nach." Der Wachmann nickte und ging voraus. Lessien sah mich etwas verwirrt an, folgte ihm aber.
Einige Stunden später führte mich eine Wache zu unseren Zelten. ,,Wir hatten nur zwei Zelte", sagte die Wache, ,,Ihr Euch teilen müsst mit einem anderen." ,,Das ist in Ordnung", meinte ich nur und bedankte mich, als die Wache stoppte und auf zwei Zelte aus orangebraunem Stoff zeigte. Gimli stand etwas unschlüssig davor. ,,Gimli, kann ich dir helfen?", fragte ich und trat neben den Zwerg. ,,Ich war mir nur unschlüssig wegen der Aufteilung der Zelte", erklärte dieser. ,,Dann kann ich dir leider auch nicht helfen mein Freund", sagte ich. ,,Was würde d....", setzte Gimli daraufhin an, doch ich unterbrach ihn, da ich ein Geräusch aus dem rechten Zelt vernahm. ,, Hörst du das auch?Jemand weint.....Lessien weint..." Mit diesen Worten ließ ich Gimli einfach draußen stehen und ging in das rechte Zelt hinein. ,, Das wäre dann wohl geklärt", war das letzte was ich von ihm hörte, bevor ich das Zelt betrat. Von innen wirkte das Zelt viel geräumiger wie von außen.
Neben zwei Betten befand sich dort ein Tisch mit Getränken und Essen und ein weiterer Tisch mit einer Schale voll Wasser, Handtüchern, Seife und einem Spiegel. Auf einem der Betten saß Lessien, zusammengekauert und schluchzend, das Gesicht hinter den angezogenen Beinen verborgen. Es war ein ungewohnter Anblick, denn normalerweise kannte ich sie als starke Frau, die nichts so schnell erschüttern konnte. ,,Lessien?", fragte ich vorsichtig, worauf sie den Kopf hob und mich mit verweinten Augen ansah. ,,Was willst du?", fragte sie monoton. ,,Nachsehen, wieso du weinst", antwortete ich wahrheitsgemäß, während ich mich ihr langsam näherte. ,,Es ist nichts", log sie offensichtlich, doch ein wissender Blick meinerseits genügte, um ihr zu zeigen, dass ich ihr nicht glaubte. Ich setzte mich zu ihr auf das Bett und sah sie an. Sie schwieg und erwiderte meinen Blick, doch irgendwann wandte sie sich ab. ,,Wende dich nicht ab. Bitte", sagte ich beinahe schon flüsternd. ,,Ich will dich nicht mit meinen Sorgen belasten. Du hast besseres zu tun", entgegnete Lessien und wandte mir den Rücken zu. ,,Du weinst wegen der Kette, nicht wahr? Du denkst du bleibst für immer alleine", sagte ich schließlich halb fragend, aber Lessien schwieg. Ihr Schweigen war jedoch genug Antwort für mich. Ich lehnte mich weiter vor zu ihr. ,,Schließ die Augen", hauchte ich sanft in ihr Ohr. ,,Ich...", entgegnete sie zögernd. ,,Vertrau mir", ermutigte ich sie, woraufhin sie seufzte und ihre Augen schloss. Ich schmunzelte leicht, holte die Kette vom Markt aus meiner Tasche und legte sie Lessien um den Hals. Sie zuckte leicht zusammen, als das kalte Silber ihre Haut berührte. ,,Legolas, das ist nicht dein Ernst!?", stieß sie hervor. ,,Doch das ist mein Ernst. Sieh sie dir an", entgegnete ich. Lessien öffnete die Augen und strich beinahe schon ehrfürchtig über die silberne Kette um ihren Hals. Sie drehte sich zu mir um und sah mich an. Ihre Augen leuchteten vor Freude und Überraschung, doch dann legte sich ein leichter Schatten darüber. ,,Du hättest das nicht tun müssen, nur weil du Mitleid mit meinem Selbstmitleid hast", meinte sie. ,,Ich habe dir die Kette nicht deswegen geschenkt. Naja, vielleicht war das ein bisschen ausschlaggebend, aber ich hätte sie dir auch so geschenkt", entgegnete ich sanft. ,,Wirklich?", fragte Lessien ungläubig. ,,Natürlich", sagte ich dann. ,,Aber...wieso? Wieso mir?", fragte Lessien. Ich schwieg einen Moment und sah ihr in die Augen. ,,Weißt du das denn nicht?", fragte ich und meine Stimme war nicht mehr als ein Hauchen. ,,Ich...nicht dass ich wüsste", entgegnete Lessien ebenfalls mit gesenkter Stimme. Ihr Blick fesselte meinen und meine Hand suchte vorsichtig ihre Wange. Langsam und zögernd beugte ich mich näher zu ihr, ständig mit dem Gedanken im Hinterkopf, wie mein letzter Versuch sie zu küssen, geendet hatte. Doch diesmal schien es anders zu sein, sie schien sich nicht zu wehren. ,,Lessien...", hauchte ich, mein Gesicht dem ihren bereits gefährlich nah. ,,Mae? (Ja?)", fragte sie ebenfalls mit gesenkter Stimme. Ich wollte ihr antworten, ihr sagen wie wunderschön sie war und was ich für sie empfand, doch noch bevor ich überhaupt den Mund öffnen konnte, hörten wir, wie jemand die Plane des Zelteingangs zurückschlug und eintrat. ,,Legolas kann ich dich kurz.... sprechen?", fragte Thranduil, wurde gegen Ende des Satzes aber leiser, da er anscheinend bemerkt hatte, in was er gerade hineingeplatzt war. ,,Störe ich?", fragte er beinahe schon übertrieben unschuldig. Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen, um meine Wut noch ein wenig im Zaum zu halten. Dann drehte ich mich um, wobei meine Hand von Lessiens Wange glitt. ,,Eigentlich wollte ich gerade gehen, damit Lessien sich für die Nacht zurechtmachen kann", sagte ich und stand auf. Ohne ein weiteres Wort ging ich zum Ein- und Ausgang des Zeltes und drehte mich dann zu meinem Vater um. ,,Ich dachte du wolltest mit mir reden?", fragte ich ihn leicht gereizt. Vater nickte nur und folgte mir aus dem Zelt. Ich ging ein ganzes Stück vom Zelt weg, denn ich wollte nicht, dass Lessien das Gespräch mitbekam. Schließlich blieb ich stehen und drehte mich auch sofort zu meinem Vater um, welcher knapp vor mir zum Stehen kam. ,,Ich war so kurz davor! SO KURZ DAVOR!!!", schrie ich ihn an. Es war mir egal, dass mich einige Frauen und Männer verwirrt ansahen, ich wollte einfach meiner Wut Luft machen. ,,Du weißt, wie ich zu dem Thema stehe und daran wird sich auch nichts ändern. Also kein Grund, mich anzuschreien", entgegnete Thranduil ruhig. ,,Natürlich ist das ein Grund! Denn du scheinst immer noch nicht zu verstehen, dass ich ein eigenes Leben habe!", fuhr ich ihn an. ,,Natürlich verstehe ich das", sagte Vater, ,,Aber sie ist einfach kein guter Umgang für dich." ,,Das weißt du doch gar nicht! Du kennst sie nicht so wie ich sie kenne!" Meine Stimme wurde wieder etwas leiser. ,,Weißt du, was ich damals zu Tauriel gesagt habe, nachdem Feren mir die Nachricht überbrachte, dass ich zurückkehren sollte, Tauriel allerdings verbannt worden war? Ich sagte ihr, dass du zwar mein König seist, aber dass du nicht über mein Herz bestimmen kannst! Und dabei bleibt es auch!", zischte ich und drehte mich um. ,,Worüber auch immer du reden wolltest, es ist mir egal!", sagte ich über meine Schulter und ging zurück zum Zelt. ,,Das hat sich sowieso gerade erledigt", hörte ich Vater noch sagen. Wütend kickte ich ein paar Steine aus dem Weg, um meine restliche Wut einigermaßen loszuwerden, denn ich wollte nicht, dass Lessien allzu viel von dem Streit mitbekam. Vor dem Zelt blieb ich stehen und rief nach ihr, schließlich wollte ich uns beide nicht in eine extrem peinliche Situation bringen. ,,Komm rein", hörte ich sie von drinnen. Ich schob den Vorhang beiseite und trat ein. Lessien saß auf einem Hocker vor dem kleinen Spiegel und kämmte ihr langes, schwarzes Haar. ,,Ich gehe gleich nach draußen", sagte sie, während sie mich über den Spiegel beobachtete. ,,Brauchst du nicht. Ich lege nur meine Lederrüstung ab", entgegnete ich und begann auch sofort damit. Gerade, als ich meine Lederrüstung neben dem zweiten Bett abgelegt hatte, drehte sich Lessien zu mir um. ,,Kannst du nachsehen, ob mein Haarband irgendwo auf dem Boden liegt? Ich habe es anscheinend verloren", sagte sie. Ich nickte nur und fand es schließlich vor ihrem Bett. ,,Hier", sagte ich und gab es ihr. Sie nickte mit einem dankenden Lächeln und band es geübt um das Ende ihres geflochtenen Zopfes, welcher über ihrer rechten Schulter lag. Ich beobachtete sie dabei. Erst jetzt fiel mir auf, dass das schwarze Nachtkleid, welches Lessien trug, kaum ihren Rücken bedeckte. Ich beschloss allerdings, diese Tatsache zu ignorieren. ,,Über was wollte dein Vater sprechen?", fragte Lessien und sah zu mir auf, ,,Er klang sehr ernst." ,,Nicht der Rede wert", entgegnete ich ausweichend und hoffte, sie würde nicht weiter nachfragen. ,,Sicher? Deine Seele ist aufgewühlt, ich sehe, dass in deinen Augen noch immer ein leichter Sturm tobt", meinte sie und erhob sich. ,,Bin ich so schlecht geworden im Verstecken von Gefühlen?", meinte ich mit einem kurzen Lachen und entfernte mich ein paar Schritte von ihr. ,, Ich weiß, du willst es mir nicht sagen und das musst du auch nicht, aber wenn es dich bedrückt, dann...dann habe keine Angst, mit mir zu reden. Ich bin für dich da, so wie du für mich da bist", sagte Lessien sanft, aber dennoch mit voller Ernsthaftigkeit. ,,Ich habe keine Angst, mit dir darüber zu sprechen, es ist nur...das Gespräch ging hauptsächlich über dich", brachte ich nach kurzem Zögern hervor. Lessien sah mich an, doch in ihrem Blick lag keinerlei Überraschung, viel mehr war es ein Blick, der Verständnis ausdrückte, als hätte sie nichts anderes erwartet. ,,Sieh mich nicht so überrascht an, ich wusste vom ersten Augenblick an, dass er mich nicht mochte", sagte sie nach einem Moment der Stille, ,,Und er wird seine Meinung wohl auch nicht so schnell ändern." ,,Er akzeptiert nicht, dass ich ein eigenes Leben habe", erklärte ich, ,,Ich dachte, das hätte sich geändert, als er mich nach der Schlacht um den Erebor zu Aragorn schickte, doch anscheinend habe ich mich getäuscht." ,,Irgendwann wird er es einsehen", meinte Lessien beruhigend. ,,Sei dir da mal nicht so sicher", entgegnete ich aufgebrachter als beabsichtigt. Lessien schloss mich daraufhin ganz überraschend in ihre Arme. ,,Es wird alles gut, du wirst sehen", flüsterte sie sanft in mein Ohr. ,,Er denkt, du bist ein schlechter Umgang für mich", entgegnete ich flüsternd, nachdem ich meine Arme ebenfalls um sie gelegt hatte und die Umarmung somit erwiderte. ,,Das wird schon, glaub mir", sagte Lessien sanft. Ich erwiderte nichts, sondern genoss einfach die Umarmung und die Wärme und Ruhe, die sie mir dadurch gab. Vorsichtig strich ich mit einem Daumen über ihre zarte, weiche Haut am Rücken und zeichnete ihr Schulterblatt ein wenig nach. ,,Danke", hauchte ich schließlich in ihr Ohr. ,,Wofür denn?", fragte sie. ,,Dass du mir hilfst und zu mir hälst", sagte ich und löste die Umarmung sanft, um sie anzusehen. Lessien lächelte etwas verlegen. ,,Weißt du, dass du richtig süß bist, wenn dir etwas peinlich ist?", sprach ich meine Gedanken versehentlich laut aus und ohrfeigte mich gedanklich selbst dafür. Lessien sah mich einen Moment schweigend an. ,,Habe ich das gerade laut gesagt?", fragte ich, nun selbst verlegen und ich spürte regelrecht wie mir leichte Röte ins Gesicht stieg. ,,Ja hast du", entgegnete Lessien, ,,Du bist aber auch süß, wenn du verlegen bist." Sie lächelte mich leicht an, bevor sie zu ihrem Bett ging und sich hinlegte. Ich erwachte kurz darauf aus meiner Starre und legte mich in das zweite Bett. ,,Gute Nacht", sagte Lessien. ,,Gute Nacht", erwiderte ich und schloss die Augen.

~~~
Weil ich dachte, ich könnte noch ein Kapitel updaten, ist hier jetzt auch eins😉

Kissed by Fire ⚜A Middleearth Story | Book 3⚜Where stories live. Discover now