Nachdem sich das Publikum endlich beruhigt hat, treffen sich Kyles und mein Blick mitten im Saal und er beginnt zu grinsen, wie er es immer tut: ehrlich, unkontrolliert und unbekümmert. Er trägt ein rot-gelbes Trikot, mit einer Aufschrift, die ich nicht erkennen kann und irgendeine schwarze, kurze Hose, so wie alle anderen Spieler unserer Schule.

„Nur zur Info und falls mein überdurchschnittlich eingebildeter Bruder noch nicht damit angegeben hat: er ist einer unserer Shooting Guards“, erklärt mir Emily beiläufig, während der Schiedsrichter nochmal mit den Teams die Regeln bespricht.

„Ich muss gestehen, dass ich mich bei Basketball relativ wenig auskenne“, gebe ich zu und beiße mir verlegen auf die Unterlippe.

„Ach, kein Problem. So geht’s so gut wie allen meinen Freundinnen, aber ich schätze, bei einem Bruder und einem Vater, die beide ziemlich darauf abfahren, Bälle in die Luft zu schmeißen und zu hoffen, dass sie durch einen kreisförmigen Ring mit Netz fallen, lernt man schnell, wie das Ganze funktioniert, ohne dass man sich großartig bemühen muss.“ Sie lacht kurz und winkt ihren Vater zu uns, der gerade den Raum betreten hat, bevor sie mir noch erklärt: „Jedenfalls ist ein Shooting Guard ein Spieler, der sich hauptsächlich auf Distanzwürfe konzentriert – also Körbe, die man wirft, wenn man hinter der 3-Punkte-Linie steht.“

„Okay, danke“, sage ich und lächle ein wenig schüchtern. Erst als ein lautes, tiefes Startsignal durch die Halle schallt, begreife ich, dass es endlich losgeht.

Das Match ist spannender, als ich erwartet hätte und mit Emily's Hilfe begreife ich auch bald die einzelnen Regelungen und Funktionen der insgesamt 5 aktiven Spieler – pro Mannschaft. Am Anfang vergeht einige Zeit, in der Kyle überhaupt keinen Kontakt mit dem Ball hat. Aber nach fast 10 Minuten passt ein dunkelhaariger, für diesen Sport ziemlich kleiner Typ ihm den orangenen Ball zu und Kyle dribbelt auf diese sogenannte 3-Punkte-Linie zu. Er beeilt sich und versucht sein Glück, bevor einer der Gegner ihn richtig decken kann – mit Erfolg. 3 Punkte mehr für unser Team. Dann schmerzt wieder dieses tiefe Geräusch in meinen Ohren und die erste zwei-minütige Pause lässt das Jubeln der Mannschaft verstummen, während das Publikum noch begeistert klatscht, mit den Füßen auf die Tribune stampft oder laut „Wennington High School“ – den kreativen Namen des Teams – ruft.

Beide Schulen scheinen wirklich gut zu sein – unschlagbar gut, wenn ich ihr Können mit meinem eigenen vergleiche. Ab und zu haben wir früher im Sportunterricht selbst gespielt, aber abgesehen von ein paar Freiwürfen bin ich was das angeht wirklich nicht besonders talentiert.

Das ganze Spektakel dauert erstmal ungefähr 25 Minuten, bis die Halbzeit – also eine viertel Stunde Verschnaufpause – stattfindet. Die verschwitzten und erschöpften Jungs gehen hinaus in die Umkleide, um etwas zu trinken oder so. Doch bevor Kyle das Spielfeld verlässt, sieht er in unsere Richtung und winkt uns kurz zu. In diesem Moment ist auf der Anzeigentafel 15:18 zu lesen. 15 Punkte für unser Team aus der Wennington High School. 18 Punkte für das gegnerische Team der „irgendwas“ High School – obwohl mir Emily gesagt hat, wie die anderen heißen, ist bei mir irgendwie nichts hängen geblieben.

„Ich werde mir mal eine überteuerte Brezel oder irgend so was von einem dieser Leute holen, die hier so gern herum laufen. Wollt ihr auch etwas? Soll ich euch was mitnehmen?“, fragt Dave und steht auf.

„Für-für mich nichts, danke“, antworte ich.

Emily schickt ihn noch um etwas zu trinken, dann kehrt er uns den Rücken zu und wir sind wieder nur zu zweit. Peinliches Schweigen. Laute Gespräche um uns herum. Und die Situation wird mir dadurch nur noch peinlicher, da ich keine Ahnung habe, worüber ich mit ihr reden könnte – abgesehen von Basketball und selbst im Bezug dazu fällt mir im Moment nichts Sinnvolles ein.

SternträumerinWhere stories live. Discover now