Ein charmanter Barkeeper

823 38 31
                                    

Seine warme Hand umschloss meine, als wir die Straße hinab liefen. Praktisch, so eine Stadt ohne fahrende Autos. Sie gehörte so gut wie uns, uns allein. Wir hatten alle Zeit der Welt, das zu tun, was schon immer mal in den Kopf geraten war. Glücklich beobachtete ich ihn von der Seite. Als würde er es spüren, erwiderte er diesen Blick und wir schauten uns intensiv an.

"Wohin gehen wir?", brach ich die Stille. 

"Dahin, wo alles begonnen hat!", grinste er zufrieden und zog mich hinter sich her. Ich wusste sofort, was er meinte.

Mit einer Handbewegung öffnete er die Tür zu meiner kleinen Lieblingsbar.

"Woher hast du eigentlich die Magie?", wunderte ich mich. Soweit ich wusste, besaß er keine eigene Magie und doch hatte er immer wieder Gebrauch von Magie gemacht. Früher war mir das nie so Recht in den Sinn gekommen, aber jetzt interessierte mich das brennend.

Auf eine Antwort wartend, schaute ich ihn an und er begann plötzlich in seiner Hosentasche zu wühlen, wahrscheinlich suchte er nach etwas. Nach einigen Sekunden kam einer goldene Kette mit einem kleinen Anhänger zum Vorschein und er hielt sie mir demonstrativ vor die Nase.

"Eine Kette?", fragte ich ungläubig. "Wie funktioniert das?"

"Die Kette ist voll mit Magie. Ich kann sie jederzeit für mich nutzen und habe somit unbegrenzten Zugriff."

"Oh, du speicherst sie. Raffiniert. Wie kam die Magie dort hinein?", wollte ich wissen doch bereute es gleich wieder, denn seine Miene trübte sich und ich hatte Angst, ihn zu verärgern.

"Tut mir leid..", entschuldigte ich mich sofort, ehe er etwas dazu beitragen konnte.

"Nein, es ist okay. Du hast ja keine Ahnung. Es wird dir nicht gefallen... In der Kette befindet sich noch Magie meiner Familie.."

Gemischte Gefühle prasselten auf mich ein und ich erinnerte mich wieder an die Zeit, ganz zu Beginn unserer Geschichte. Ich hatte erst nicht geglaubt, was er mir da erzählt hatte, aber es bewahrheitete sich. Er hatte seine Familie getötet. Ich fühlte mich so schlecht, dieses Thema wieder hochgeholt zu haben, aber andererseits kam mir auch in den Sinn, was ich alles aus Liebe zu ihm verdrängt hatte. Jedoch änderte das nichts daran, er war ja nicht mehr dieser rachsüchtige Soziopath.

Damals hatte ich keinen Funken Reue oder Mitleid in seinen Augen gesehen, nichts als puren Hass, als er diese grauenhafte Tatsache so kalt ausgesprochen hatte, aber jetzt ist da etwas Anderes. In seiner Stimme kam Empfinden zum Vorschein, es ließ ihn nicht mehr so kalt.

Langsam legte ich meine Hand auf seinen Arm, um ihm zu symbolisieren, dass es okay war, ich war mit ihm und nicht gegen ihn. Er packte meine Hand, aber anstatt mich wegzudrücken, zog er mich an sich und flüsterte "Danke".

"Ich hätte es wieder getan, keine Frage", gab er nach einigen Augenblicken von sich.

Nach kurzer Stille ergänzte er: "Ich habe keinerlei Mitleid mit ihnen, dafür haben sie zu viel kaputt gemacht. Diese Kette erinnert mich nur an diese Zeit und zeigt mir wer ich bin, verstehst du? Ich habe eigentlich nur wegen dir gezögert. Ich möchte nicht, dass dich das abschreckt", erwartungsvoll hob sich sein Blick.

Das war nicht leicht, dennoch konnte ich es nachvollziehen, auch wenn ich wohl zu anderen Mitteln gegriffen hätte.

"Mach dir um mich keine Gedanken. Wenn es jemand versteht, dann ich, sonst wär ich schließlich nicht hier, oder? Ich finde es grauenhaft wie manche Eltern ihre Kinder zu etwas machen, zu dem ihr Leben nie vorgesehen war. Aber das ist Vergangenheit. Was zählt ist, dass du jetzt niemanden mehr umbringst, richtig?"

Er nickte stumm und wechselte das Thema:

"Möchten Sie etwas trinken, junge Dame?"

Grinsend ließ ich mich elegant auf dem Barhocker nieder:

"Bei so einem heißen Barkeeper kann ich nicht nein sagen", zwinkerte ich ihm zu. Gekonnt mixte er zwei Getränke und servierte.

"Wo hast du das denn so gut gelernt?", ich nahm einen Schluck und war äußerst überrascht, es überstieg die Erwartungen.

"Ach, 1994 habe ich ein bisschen Zeit zum üben gehabt. Das war ein sehr eintöniges und stumpfes Jahr, sag ich dir", schmunzelte Kai, woraufhin ich einen gespielt überraschten Blick von mir gab.

"Dafür hast du dich aber gut gehalten", merkte ich erstaunt an, "bist du dann nicht ein bisschen alt für mich?"

"Nicht frech werden", drohte er mit hochgezogenen Augenbrauen und lehnte sich über die Bar. Ich bereitete mich darauf vor, ihn als Entschädigung zu küssen. Langsam beugte ich mich vor und presste meine Lippen auf seine. Er erwiderte nicht und wich dämlich grinsend zurück. 

"Hey!", rief ich beleidigt.

"Tja, ich bin wohl doch zu alt für dich", lachte er und exte sein Getränk. 

"Kannst du mir wenigstens noch ein Wasser geben, Barkeeper!", befahl ich.

"Kommt sofort", er schenkte mir das Wasser ein und stellte es vor mir ab. 

Ich nahm das erfrischend kalte Wasser und nahm einen Schluck. Perfekt. 

"Kai?", brachte ich in einem verletzlichen Ton hervor.

"Hmm?", entgegnete er und stützte sich erneut auf der Bar ab.

Immer noch mein Getränk haltend, machte ich eine schnelle Handbewegung und kippte das Wasser auf ihn. Ich brach in ein riesen Gelächter aus, sein Gesicht sah einfach zu göttlich aus. Er zog eine Fratze, das kalte Wasser von ihm tropfend. Ich konnte mein Lachen einfach nicht unterdrücken, meinen Bauch haltend, krümmte ich mich und wäre dabei fast vom Stuhl gefallen.

"Das hat Konsequenzen Fräulein!", schrie er und kam auf mich zu.

"Ich würde ja gerne, aber ich kann nicht aufhören!", immer noch lachend sah ich ihn meine Hände greifen. Er zog mich vom Stuhl und hielt mich fest. Er drückte mich an die Bar und als ob das vorhin nicht schon genug gewesen wäre, kitzelte er mich.

"NEEIN", kreischte ich in an und versuchte mit aller Kraft, mich aus seinem Griff zu befreien.

"Erst versprichst du mir, dass du dich benimmst!", befahl er und grinste diabolisch auf mich herab. Ich kreischte immer noch. 

"Bitte hör auf!..Ich..kann nicht meeehr! Ich..kann keine Versprechen.. geben, die ich ...nicht haalten kaaann. STOOPP!"

"Dann kann ich auch nicht aufhören!", zuckte er mit den Schultern und erfreute sich an mir.

"OKAAY! .. VERSPROCHEN!", schrie ich und er ließ ab.

"OH MEIN GOTT!", ich ring nach Luft und atmete schwer, "seehr.. witzig!". Keuchend setzte ich mich wieder und warf ihm böse Blicke zu.

Purpure Soul- Kai Parkerحيث تعيش القصص. اكتشف الآن