Schwäche

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Ein lautes Gerede weckte mich auf. Ich war wohl auf dem Sofa eingepennt. Noch nicht ganz anwesend bekam ich mit, wie Kai ziemlich lautstark mit seinem Handy redete. Gab es vielleicht Neuigkeiten? Sofort erinnerte ich mich an seine Worte am gestrigen Abend. Ein Lächeln schlich über meine Lippen und ich fasste mir mit einem Finger auf den Mund, als wenn ich den Kuss immer noch spüren würde.
Wie sollte das nun mit uns weitergehen? Was war seine Intention? Hatte das ganze überhaupt eine Zukunft, nachdem er den Aszendenten hat und wir unsere Wege gehen?
Energisch knallte Kai sein Handy auf den Tisch und schreckte mich erneut auf.
Als er dies mitbekam, erhellte sich sein Blick wieder und er sah sogar süß aus.
„Guten Morgen", er strahlte mich an. Das war wirklich wie ausgewechselt.
„Guten Morgen", verlegen lächelte ich zurück und versuchte nach dem Telefonat zu fragen, ohne wieder einen Nerv zu treffen: „Ist alles okay? Gibt es Neuigkeiten?"
„Sie haben den Aszendenten", murmelte er.
„Das ist doch gut?", hakte ich nach.
„...Ja.. schon..äh..andererseits gibt es Probleme mit meiner Hexe", wich er aus. Gekonnt überspielte ich meine vorherigen Gedanken, wie es wohl mit uns weitergehen würde und munterte ihn auf: „Du bist so nah dran, endlich hast du ihn, du bist Kai Parker, du wirst jetzt nicht scheitern!"
Seine Mundwinkel gingen wieder ein kleines bisschen nach oben: „Du hast Recht, ich gewinne immer!" Sein diabolisches Grinsen kehrte zurück. Er sah so gut aus..

„Pack deine Sachen, Schätzchen, wir gehen meine Hexe besuchen!", triumphierend verschwand er in der Tür. Okay? Wenn er das sagte. „Auf auf!", feuerte ich mich selbst an.

„Wir sind gleich da", sagte er optimistisch. Ich sah aus dem Fenster. Unheimlich! Es war wie im Märchen. Tief im Wald, abgeschieden von der restlichen Bevölkerung, hier sollten seine Handelspartner hausen. Da sah ich auch schon eine riesige Hütte, die perfekt in das Ambiente passte.
Kurz darauf hämmerte er auch schon gegen die Tür. „Macht auf, ich will meine Abmachung!", rief er.
Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde endlich die Tür geöffnet. Die vermeintliche Hexe war altmodisch gekleidet, sie hatte bestimmt schon einige Jahre auf dem Buckel, nur sah man ihr das nicht an.
„Du weißt, was ich dir gesagt habe!", grimmig fing sie an zu reden.
„Sonst wäre ich nicht hier! Sprich den Zauber und du bekommst, was du willst!", funkelte Kai böse. Es war überraschend zu sehen, wie schnell er sein Verhalten ändern konnte.
„Gut. Du kommst alleine", stellte sie fest und machte eine Handbewegung, um einen mir unbekannten Zauber auszuführen. Verwundert blickte ich Kai an, der hinter ihren Rücken nur seinen Finger auf seine Lippen legte und mir andeutete, dass ich ruhig sein und mitspielen sollte. Er hatte mich wohl getarnt. Clever.

„Der Aszendent ist bereit. Alles ist vorbereitet", erwiderte er und sie stellten sich um den präparierten Tisch herum. Die Hexe schloss ihre Augen, hob ihre Hände und begann in Hexensprache zu faseln. Das klang wie Hypnose. Kais Grinsen wurde immer fürchterlicher und ich sah gespannt zu. Gleich würde der Aszendent endgültig zerstört werden, Stefan und Damon hatten den Standort freigegeben.
Die Hexe begann aus der Nase zu bluten, ich war keine Expertin, aber ich wusste dass das nicht gut war, sie überanstrengte sich. Kai schien dies auch zu bemerken und wurde hibbelig. „Beeil dich", forderte er erwartungsvoll. Doch die Hexe begann zu zittern und es sah immer schlimmer aus, sie blutete im ganzen Gesicht und zuckte fast zusammen.
"Nein!!!", schrie Kai wütend, „Ich will meine Abmachung. Er schnellte zu der Hexe und griff ihr an die Kehle. Schockiert wollte ich eingreifen, aber das konnte ich nicht. Man sollte meinen, die Hexe hätte Todesangst haben sollen, aber sie fing laut zu lachen an und schrie „vidie". Plötzlich erschienen bestimmt hundert weitere Hexen im Hintergrund, so etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich vergaß zu atmen. Alle Hexen umkreisten Kai, die Hände ausgestreckt. „Kai, mach was!", betete ich. Es konnte jetzt nicht daran scheitern. Kai fasste sich ans Herz und gab keuchende Geräusche von sich. Nein!!

Zu meiner Erleichterung fing er auf einmal lauthals an zu lachen: „Habt ihr wirklich gedacht, ihr könntet mich stoppen, indem ihr ein paar Hexen versteckt?"
Kai hob beide Hände, im Inbegriff alle Hexen auszuschalten. Ich wartete.
Nichts geschah.
Er versuchte erneut sein Glück und begann zu realisieren, dass es nicht funktionieren würde.
„Wie fühlt es sich an, hilflos zu sein?", flüsterte die Hexe. So ein Miststück.
„Unmöglich!!", schrie Kai voller Wut.
„Wir haben deine Magiequelle blockiert", erklärte die Hexe hinterhältig. „DAS.. IST..UNMÖGLICH!!", fauchte er.
„Wir waren dir einmal einen Schritt voraus!"
„Ihr könnt mich nicht umbringen!"
„Haben wir auch nicht vor mein Guter, wir wollen den Aszendenten, damit du ihn nicht zerstören kannst! Diese Genugtuung hast du nicht verdient! Du bist ein erbärmlicher Psychopath!"
„Warum sollte ich ihn euch aushändigen?", grinste er.
„Deshalb", erneut führte sie eine Handbewegung aus und alle Blicken fielen in meine Richtung. Konnten sie mich etwa sehen? Scheiße! Ich blieb wie angewurzelt stehen. Mein ganzer Körper wollte sich nicht bewegen. Kais Blick sagten mehr als tausend Worte. Er hatte Angst.. , um mich! Genau das wollte er nicht, er wollte nicht zulassen, dass diese Art von Schwäche in sein Leben trat. Ich hatte es wieder vermasselt.

Purpure Soul- Kai ParkerWhere stories live. Discover now