Die Wahrheit

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Tage vergingen und die Ratlosigkeit stieg. Schuldgefühle bahnten sich den Weg in meinen Kopf, ich hätte ihn zu etwas Dummen verleitet. Ich meine, was malt man sich nicht alles aus, wenn ein Mensch verschwindet und sich nicht mehr meldet, nachdem er zuletzt mit dir einen Tag verbracht hat? Vor lauter Unbehagen traf ich schließlich den Entschluss, Stefan zur Rede zu stellen.
Ängstlich vor dem, was mich erwarten würde stand ich vor der Tür. Ja ich hatte Angst. Angst vor den unschönen Dingen, die mir Stefan erzählen würde und wie sich das auf meine Beziehung, auf Kai als eine Art von Freund, auswirken würde. Ich hatte das Gefühl, ich wusste nicht mehr, wer Kai überhaupt war. Mein Bild war falsch, er ließ mich das wissen, was er mich wissen lassen wollte, damit ich Gefallen an ihm fand. "Sarah du kannst dir nicht sicher sein, okay? Es ist nichts verloren."
Mir selbst die Situation schön zu reden, war eine Angewohnheit von mir. Das Haus war unglaublich. Es sah aus wie eine riesige, etwas altertümliche Pension, die inmitten der Natur gebaut wurde. Woher hatten die so ein Haus? Vermutlich hatten sie es geerbt. Oder eine Bank überfallen. Spaß beiseite, ich hatte bereits gehört, dass Stefan aus einer hohen Familie stammen sollte. Und genau so sah es aus. Mein Herz raste, als ich die Hand zur Tür bewegte, um anzuklopfen. Es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor, als ich endlich ein Geräusch hörte und jemand die Tür öffnete. Ich wartete auf Stefans Gesicht, schaute jedoch in zwei tiefblaue Augen. Überrascht stellte ich mich vor: „Äh hi, ich bin Sarah. Ist Stefan vielleicht zuhause?" „Er kommt gleich. Ich bin Damon sein Bruder. Freut mich", sagte er und schaute mich mit dem gleichen Blick an, wie Kai es immer tat. Dieser Blick, bei dem man sich plötzlich ganz unsicher und hilflos fühlte, als wenn dein Gegenüber grinsend über dir stehen würde. „..Ganz meinerseits", brachte ich heraus. „Sarah und weiter?", fragte Damon neugierig. „Sarah Salvatore!" , antwortete ich ihm. Augenblicklich weiteten sich seine Augen und er starrte mich an. Äußerst verwundert und unsicher schaute ich abwechselnd zu ihm und wieder zum Boden. Ich musste das echt in den Griff kriegen. Also fragte ich: „Bin ich so schockierend oder was ist passiert?"
Damon starrte immer noch und hob einen Finger in Richtung des Namensschildes neben der Tür. Es war in verschnörkelter Schrift geschrieben und als ich begann zu lesen blieb mir der Mund offen und ich starrte ebenfalls zu Damon, hinter dem nun Stefan stand und mich ernst anschaute. „Sarah es gibt einige Dinge, die wir klären müssen, komm doch bitte herein."
Ich nahm auf dem Sofa, vorm Kamin Platz und rutschte ungeduldig hin und her. Ich verstand gar nichts mehr. „Stefan, bitte sag mir endlich was das alles zu bedeuten hat!", flehte ich ihn an. „Schön Sarah, versprich mir, dass das unter uns bleibt. Ich möchte dich nur beschützen, dass musst du mir glauben", beruhigte er mich.
„Okay okay", versprach ich ihm. Stefan begann zu erzählen: „Das mag vielleicht sehr komisch klingen, aber es ist die Wahrheit. Du bist eine entfernte Cousine von Damon und mir. Ich habe immer schon auf dich aufgepasst, du wusstest es nur nie. Ich wollte dich nicht in unser Leben mit hineinziehen, deswegen hab ich alles versucht, dir ein normales, menschliches Leben zu ermöglichen."
„Halt! Du hast mich immer beobachtet? Wie soll ich das denn verstehen?! Und was soll denn „menschlich" bedeuten?", unterbrach ich ihn maximal verwirrt. „Dazu komme ich jetzt. Ich weiß es ist eine komische Situation für dich, aber du kanntest uns bereits aus deiner Kindheit. Merkst du nicht auch eine undefinierbare Verbundenheit zu uns? Das liegt daran, dass du in deiner Kindheit bei uns gelebt hattest, wir waren eine Familie. Wir sind eine Familie." „Schön, aber warum kann ich mich nicht an als das erinnern??", unterbrach ich ihn erneut. „Wie bereits erwähnt, passierte alles zu deiner Sicherheit. Wir haben dir die Erinnerungen genommen, als deine Eltern bei einem tragischen Vorfall ums Leben gekommen sind. Wir haben diese Entscheidung getroffen. Sie wurden ermordet. Und um dich davor zu schützen, schickten wir dich von uns fern, damit niemand herausfinden konnte, dass es noch eine Salvatore gab." „Meine Eltern...Mein ganzes Leben habe ich mich gefragt, was mit ihnen wohl geschehen ist... wie hast du es geschafft mir das zu nehmen?", eine Träne kullerte meine Wange herunter. „Es gibt übernatürliche Dinge auf dieser Erde, die du nur aus Filmen oder Büchern kennst. Wir sind Vampire, wir besitzen die Kraft, Erinnerungen zu nehmen und zu verändern."

Purpure Soul- Kai ParkerWhere stories live. Discover now