Ein letzter Unibesuch

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Da war sie, meine geliebte Uni, mein einziges Zuhause für die letzten Jahre, in denen ich noch manipuliert gelebt hatte. Die Freude in mir wuchs und ich vergaß, unter welchen Bedingungen ich mich befand. Lediglich gute Erinnerungen waren hier angeknüpft. Die Vorfreude, auf das spannende Unileben, das einen neuen Lebensabschnitt bildete, nach der Zeit auf der Schule, frei von Teenagerproblemen, eine Möglichkeit, neu zu beginnen. Das alles sah ich in der Uni. In der Schule war ich immer das kleine, schüchterne Mädchen gewesen, dass schließlich ihre Eltern verlor und niemand konnte mit solchen Menschen gut umgehen. Niemand würde auf einen Menschen zugehen, der negative Energie ausstrahlte. In solchen Zeiten erkannte man, wer deine wirklichen Freunde waren, die trotz allem zu dir hielten. Zwar hatte ich keine beste Freundin, ich hatte gelernt, mich alleine zurechtzufinden, aber Kylie und Jade halfen mir doch enorm. Durch sie habe ich neues Vertrauen gefunden, sie waren das perfekte Beispiel. Und nun gingen wir zusammen zur Uni, Wir wollten auf jeden Fall zusammen studieren. Nebenbei haben wir dann Caroline und Elena getroffen, die sich ja nun als ein weitaus größerer Bestandteil meines Lebens entpuppt hatten. Ich meine Caroline war so gesehen die beste Freundin von Stefan und Elena war die Freundin von Damon. Mir fiel auf, dass ich sie, seitdem ich meine Erinnerungen wieder hatte, noch nicht gesehen habe. Ich malte mir aus, wie viele Sorgen die beiden, aber auch Kylie und Jade sich um mich gemacht haben müssen, immerhin wurde mir das Handy abgeknöpft. Von Damon und Stefan ganz zu schweigen. Bestimmt arbeiteten sie bereits an einer Lösung. Genug von der Vergangenheit, jetzt bin ich hier, habe daraus gelernt und es hat mich stärker gemacht. Ich habe es geschafft, meinen Traum vom Studium zu verwirklichen, dass zeigt, dass man nie aufgeben sollte, denn alles war möglich.

"Erde an Sarah", Kai fuchtelte vor meinem Gesicht umher. Zurück in der Realität blinzelte ich und wollte aus dem Auto steigen. Nichts da. Die Tür öffnete sich nicht. Genervt drehte ich mich um und schaute Kai an.
„Bevor du aussteigst, muss ich noch einiges klarstellen. Du gehst da nur rein, um dich abzumelden. Ich bleibe natürlich an deiner Seite, dein persönlicher Bodyguard. Solltest du irgendwas versuchen, wird das bittere Konsequenzen haben", er lachte diabolisch. Gruselig.
„Auch wenn, wenn du deine Freundinnen siehst, kannst du ihnen ja sagen, dass der überaus gut aussehende Soziopath, Kai Parker dich aufgrund einer Dummheit der beiden Möchtegernhelden Stefan und Damon in einem von Magie getarnten Haus festhält", Kai grinste bis über beide Ohren und stieg aus. War das wieder lustig.
„Soll ich ihnen noch liebe Grüße ausrichten?", hakte ich nach. „Gerne doch", antwortete er im Gehen. Aha, so einer war er also.
Glücklicherweise waren gerade die meisten Studenten bei Vorlesungen, weshalb mein Bodyguard und ich so gut wie ungesehen zum Sekretariat vordringen konnten.
„Ich gehe da alleine rein, hörst du? Ich versichere dir es gibt nur diesen Eingang", versuchte ich ihm klarzumachen. Nach ein paar widerwilligen Blicken, ließ er mich vorbei. Ich ging den Flur entlang zum Büro.
Alles lief glatt. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Hätte ich nun auch noch hier Probleme bekommen, wäre das nicht gut ausgegangen. Jetzt musste ich nur noch unauffällig wieder hier raus kommen.
Beim wartenden Kai angekommen, atmete ich erleichtert aus. Plötzlich zog ihm jemand ein Brett von hinten über den Kopf. Er taumelte und fiel zu Boden. Entsetzt schrie ich auf. Der Kopf von Elena kam zum Vorschein.
„Oh mein Gott Sarah, was hat er dir angetan? Geht es dir gut??", besorgt kam sie auf mich zu und nahm mich in den Arm. Sollte das meine Rettung sein? Musste ich nun nicht mehr eingesperrt im Haus leben und konnte wieder frei leben? Die Euphorie durchströmte mich und dankbar erwiderte ich Elenas Umarmung.
„Wir hast du mich gefunden?", fragte ich erleichtert. „Das war wirklich reiner Zufall, ich habe euch beide kommen sehen", berichtete Elena, „Keine Sorge ich habe Damon und Stefan bereits angerufen! Alles wird wieder gut! Dieses Monster bekommt endlich das, was er verdient. Wir werden ihn zurück in die Gefängniswelt schicken! Ich kann mir gut vorstellen, wie schlimm das alles für dich gewesen sein muss!"
Augenblicklich wurde ich stutzig. War Kai wirklich dieses Monster? Die Tage mit ihm ließen mich daran zweifeln. Erging es mir wirklich so schlecht? Klar ich war eingesperrt, trotzdem hatte ich ein ganzes Haus und darin stand es mir frei, zu tun was auch immer ich wollte. Er hatte mich nicht verletzt, nicht bedroht. Er ist mit mir zur Uni gefahren. Würde ein grausamer Killer so etwas tun? Hatte er das nach dem noch verdient?
„Sarah was stehst du da noch, schnell wir müssen weg, nicht dass er doch noch aufwacht, bevor sie da sind", riss mich Elena aus meinen Gedanken.
„Elena warte....", ich blieb stehen.
Verdutzt schaute sie mich an. „Wir können das nicht tun, er hat solch eine Strafe nicht verdient. Er hat für seine Taten gebüßt", erklärte ich. Geschockt und sprachlos starrte Elena mich an. „Er hat deine Familie getötet, dich entführt und du verzeihst ihm??"
„Ich verzeihe ihm nicht. Aber es war nicht so wie ihr denkt. Bitte glaube mir, es gibt Hoffnung. Wenn jemand das versteht, dann du..", meine Stimme wurde immer zerbrechlicher. „Aber...", Elena wusste nicht, was sie noch sagen sollte. Ich wusste, dass sie mich irgendwo verstand. Bei Damon und ihr lief es nicht immer so, wie es jetzt war.
„Sare, ich weiß, aber.. bitte versteh, er ist zu gefährlich... du bringst mich in eine echt schwierige Lage", traurig hielt sie sich die Stirn, unsicher umherschauend.
„Können wir das vielleicht zuhause in Ruhe besprechen? Wir müssen wirklich geh..", Elena konnte ihren Satz nicht beenden, da sie sich blitzschnell an die Kehle fasste und beängstigende Geräusche von sich gab. Ich wusste nicht, was mit mir geschah.
„Sa...rah... lauf", krächzte Elena noch mit letzter Kraft, bis ich nur noch „Motus" hinter mir hörte und Elena gegen die Wand geschleudert wurde. War das das Ende? Ich konnte mich nicht bewegen, mein Körper wollte nicht. Ich schloss die Augen und bereitete mich darauf vor, Abschied von meinem Leben zu nehmen.

Purpure Soul- Kai ParkerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt